Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsänderungsrecht nach gerichtlichem Vergleich. Nicht steuerfreie Auszahlung von Zuschlägen für Nachtarbeit. Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Das einseitige Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG besteht auch dann, wenn sich die Arbeitsvertragsparteien im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens wegen des Teilzeitverlangens des Arbeitnehmers durch gerichtlichen Vergleich auf eine bestimmte Lage der Arbeitszeit geeinigt haben. Dass die Einigung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG spätestens bis einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit erfolgt ist, ist keine Voraussetzung für das Recht des Arbeitgebers nach § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG.

 

Orientierungssatz

1. Bei der durch nicht steuerfreie Auszahlung von Zuschlägen für Nachtarbeit bewirkten Vermögenseinbuße handelt es sich nicht um einen Verzugsschaden nach § 286 Abs 1 BGB, wenn die Vermögenseinbuße nicht durch die verspätete Lohnzahlung entstanden ist, sondern dadurch, dass die die steuerbegünstigte Auszahlung bedingende Beschäftigung des Arbeitnehmers unterblieben ist.

2. Zur Frage, ob ein Anspruch auf Beschäftigung in der Dauernachtschicht besteht, der in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wurde.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 5 S. 4, Abs. 3 S. 2; BGB §§ 611, 615; ZPO § 894

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.09.2012; Aktenzeichen 19 Ca 144/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2014; Aktenzeichen 10 AZR 63/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. September 2012 - 19 Ca 144/12 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. September 2012 - 19 Ca 144/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen soweit die Berufung der Beklagten Erfolg hatte, nicht jedoch soweit seine Berufung zurückgewiesen worden ist.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit der Frage, ob der Kläger seinen Einsatz in der Dauernachtschicht beanspruchen kann, um die Zahlung von Zuschlägen, Zulagen und um die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Steuerschadens.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das Express-Luftfracht zum Gegenstand hat und unterhält unter anderem eine Betriebsstätte am Flughafen A. Diese war bis Mitte 2010 Hauptumschlagsplatz der Beklagten, daneben wurden noch am Flughafen B und am Flughafen C eigene Flugzeuge des Unternehmens abgefertigt.

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 1. September 1987 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, dem ursprünglich der schriftliche Arbeitsvertrag vom 20. August 1987 (Bl. 66 ff d.A.) zu Grunde lag, der eine Teilzeittätigkeit regelte, wurde durch Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1988 (Bl. 73 d.A.) in ein Vollzeitarbeitsverhältnis als Händler geändert. Eine Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit enthält weder der Vertrag vom 20. August 1987 noch die Zusatzvereinbarung.

Die Beklagte wendet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien den am 6. Februar 2004 zwischen der D und der E geschlossenen Manteltarifvertrag (künftig: MTV) an (Bl. 147 ff d.A.) an.

Dieser regelt in § 7:

Zeitzuschläge

1. Die Mehrarbeitszuschläge werden monatlich akkumuliert und wie folgt vergütet

für die 1. bis 15. Mehrarbeitsstunden im Monat

25%

ab 16. bis 20. Mehrarbeitsstunden im Monat

50%

für Arbeit an Sonntagen

125%

für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen

125%

für Nachtarbeit

33%

für Arbeit am Heiligabend oder Silvester ab 12.00 Uhr

125%

2. Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

3. Der Berechnung der Zeitschläge ist die tatsächliche Vergütung zugrunde zu legen.

§ 17 MTV lautet:

Erlöschen von Ansprüchen

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht worden sind, sind verwirkt.

Ausgenommen von dieser Regelung sind jedoch rechtswidrige Handlungen der Vertragsparteien.

Diese Regelung gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitnehmers wie auch für die Ansprüche des Arbeitgebers.

Soweit in einzelnen Betrieben aufgrund von Betriebsvereinbarungen günstigere Arbeitsbedingungen bestehen, behalten diese weiterhin ihre Gültigkeit.

Im Betrieb der Beklagten existierte eine am 25. August 1993 abgeschlossene Betriebsvereinbarung Schichtarbeit, die zum 15. Mai 1997 gekündigt wurde, ohne dass es zum Neuabschluss kam.

Diese regelt in Ziff. 10 b

ZEITVERSETZTES ARBEITEN

b.) SCHICHT/NACHTARBEIT

Mitarbeiter, deren Arbeitsbeginn zwischen 20.00 Uhr und 5.00 Uhr liegt, und/oder die an Wochenenden eingeteilt werden, erhalten pauschal eine Erschwerniszulage in Höhe von 150,- DM brutto pro Monat.

Ziff. 11 regelt die Zeitzuschläge für Nachtarbeit inhaltlich gleichlautend mit § 7 MTV.

Ziff. 13 der Betriebs...

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