Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit. Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme. Unzumutbarkeit der Trainingsmaßnahme. Ablehnung. berufliche Eingliederungsmaßnahme. Unzumutbarkeit. Trainingsmaßnahme. Klagefrist. Bekanntgabe. Zustellung
Orientierungssatz
Die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme ist dem Arbeitslosen nicht zumutbar, wenn sie für ihn ungeeignet ist, weil sie nicht zu einer Verbesserung der beruflichen Qualifikation führt. Eine Sperrzeit tritt nicht ein, wenn der Arbeitslose die Teilnahme an einer solchen Maßnahme ablehnt.
Normenkette
SGG § 87 Abs. 2; SGB III § 49 Abs. 1 Nr. 3, § 144 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. Dezember 1999 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 1999 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 1999 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit (20.4.1999 - 10.5.1999) für den Bezug von Arbeitslosenhilfe streitig.
Der Kläger ist am 17. September 1976 geboren. Zum Ende des Schuljahres 1996/97 wurden von ihm die schulischen Voraussetzungen für den Erwerb der Fachhochschulreife erfüllt. Zwischen Juli 1997 und Juli 1998 leistete der Kläger Zivildienst. Mit Wirkung zum 1. August 1998 meldete er sich arbeitslos. Er bezog in der Folgezeit Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 780,-- DM, was zu einem wöchentlichen Leistungssatz von zunächst 255,29 DM und ab dem 1. Januar 1999 zu einem wöchentlichen Leistungssatz von 257,81 DM führte.
In der Zeit vor und nach der erfolgten Arbeitslosmeldung bewarb sich der Kläger mehrfach ohne Erfolg vornehmlich um Ausbildungsplätze für den Beruf des Bankkaufmanns sowie für den im Jahre 1998 eingeführten Ausbildungsberuf des Automobilkaufmanns.
Im November 1998 erfolgte gegenüber dem Kläger erstmals durch das Arbeitsamt B-Stadt eine Beratung im Hinblick auf die mögliche Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme nach §§ 48 ff. Sozialgesetzbuch III (SGB III). Im Gefolge dieser Beratung kam es zu einer eintägigen Teilnahme des Klägers an einer von dem in B-Stadt ansässigen Bildungsträger “A. e.V.„ durchgeführten Maßnahme. Eine weitere Teilnahme erfolgte nicht. Der Abbruch der Teilnahme des Klägers wurde von der Beklagten seinerzeit als gerechtfertigt angesehen.
Mit Schreiben vom 9. April 1999 wurde dem Kläger erneut die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme nach §§ 48 ff. SGB III beim Bildungsträger “A. e.V.„ angeboten. Über die Rechtsfolgen der Ablehnung der Teilnahme wurde der Kläger schriftlich belehrt. Die Vollzeitmaßnahme sollte in B-Stadt im Zeitraum vom 19. April 1999 bis zum 28. Mai 1999 durchgeführt werden. Während dieses Zeitraums sollte dem Kläger Arbeitslosenhilfe weiter gezahlt werden. Die Maßnahme sollte 24 Unterrichtstage und vier Tage Praktikum beinhalten. Nach den von “A. e.V.„ zur Anerkennung eingereichten Unterlagen war die Trainingsmaßnahme für arbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene sowie junge Aussiedler(innen) und Migrant(inn)en im Alter bis 25 Jahre ohne abgeschlossene Berufsausbildung vorgesehen. Als Zielgruppe war nach den Angaben im Anerkennungsverfahren vor allem an Jugendliche gedacht, die keine Ausbildung mehr machen wollten und ohne fremde Hilfe keinen Arbeitsplatz würden finden können. Dabei sollte die Trainingsmaßnahme in erster Linie der Vorbereitung auf eine Arbeitsstelle oder der Einweisung in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) dienen (Ziff. 4 der Lehrgangsplanung, vgl. Bl. 14 der Maßnahmeakte). Der Unterrichtsplan sah ein sog. Bewerbungstraining vor, sowie ein sog. Entscheidungstraining und ein Selbstsicherheitstraining (vgl. Bl. 17 ff. Maßnahmeakte). Stattfinden sollte überdies ein berufsvorbereitender Unterricht, in dem vor allem das Spektrum der möglichen Berufsfelder näher gebracht werden sollte, um “Informations- und Erfahrungsdefizite im Hinblick auf berufliche Arbeitsmöglichkeiten„ abzubauen. Je nach Zusammensetzung der Gruppe sollte aus den vorgelegten Themenbereichen ein Gesamtunterrichtskonzept vermittelt werden. Für die fragliche Trainingsmaßnahme Nr. .../XX waren unter Einbeziehung des Klägers für den Zeitpunkt ab dem 19. April 1999 insgesamt acht Teilnehmer einschließlich des Klägers angemeldet; für die Zeit ab dem 26. April 1999 belief sich die Zahl der Anmeldungen auf 25 Teilnehmer. Am Ende der ersten Woche der Maßnahme betrug die Teilnehmerzahl nach der vorliegenden Anwesenheitsliste (Bl. 29 Maßnahmeakte) insgesamt fünf Teilnehmer, am Ende der nachfolgenden Woche ist die Anwesenheit von insgesamt sieben Teilnehmern verzeichnet.
Wie sich der Kläger am Tag des Beginns der Maßnahme verhalten hat, ist im Verwaltungsverfahren sowie im anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht abschließend geklärt worden. Der Kläger behauptet, er sei am 19. April 1999 pünktlich um 8.30 Uhr zur vorgeschla...