Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. LKW-Fahrer. kein Einsatz von Sachmitteln neben eigener Arbeitskraft. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Lkw-Fahrer, der nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, ist regelmäßig abhängig beschäftigt. Die Möglichkeit, konkrete Angebote abzulehnen, macht ihn nicht zum selbstständig Tätigen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. September 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Juni 2003 bei der Beigeladenen als Lkw-Fahrer abhängig beschäftigt war.
Am 30. Juni 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten zu prüfen, ob er “unter die Scheinselbstständigkeit falle„. Er sei zu ca. 80 % als Heilpraktiker tätig. Die restliche Zeit fahre er für die Spedition R. in L.. Er sei privat renten- und krankenversichert. Mit Bescheid vom 6. September 2000 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Heilpraktiker selbstständig tätig sei und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege.
Im Jahr 2003 führte die Beklagte bei der Firma R. eine Betriebsprüfung durch und stellte fest, dass der Kläger für diese Firma tätig ist. Am 11. Juli 2003 faxte der Kläger der Beklagten seinen Antrag vom 30. Juni 2000 mit dem Vermerk “Achtung! Betriebsprüfung„. In dem ihm daraufhin übersandten Fragebogen führte er unter dem 25. Juli 2003 aus, dass er jeweils nach kurzfristiger Absprache Sammelgüter transportiere. Mit Schreiben vom 12. August 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Betriebsprüfung bei der Firma R. gegenüber einer Statusfeststellung Vorrang habe. Der Kläger übersandte der Beklagten Rechnungen gegenüber der Firma R. sowie der Beigeladenen (Rechnung vom 31. Juli 2003, Bl. 23 d. BA). In dem Betriebsprüfungsverfahren gegenüber der Firma R. forderte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2004 vom Inhaber der Firma Beiträge nach für die abhängige Beschäftigung des Klägers. Mit Bescheiden vom 25. Februar 2004 gegenüber dem Kläger, der Firma R. und der Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass der Kläger abhängig beschäftigt sei - für die Firma R. seit dem 30. September 1997, für die Beigeladene im Jahr 2003.
Auf den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch nahm die Beklagte mit Teilabhilfebescheid den Bescheid vom 25. Februar 2004 hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers für die Firma R. zurück. Der aufgrund des Betriebsprüfungsverfahrens erlassene Bescheid vom 4. Februar 2004 sei bereits bindend geworden.
Hinsichtlich der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2004 zurück. Der Kläger sei vom 10. bis 31. Juli 2003 bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt gewesen.
Gegen den Bescheid vom 4. Februar 2004 legte der Kläger mit Schreiben vom 17. November 2004 und 8. März 2005 Widerspruch ein.
Am 18. November 2004 hat der Kläger beim Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Er sei hauptberuflich Heilpraktiker. Die Nebentätigkeit als Kraftfahrer habe er zunächst von 1996 bis 2003 bei der Firma R. und - als diese ihm keine Aufträge mehr gegeben habe - für die Beigeladene als Selbstständiger ausgeübt.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2005 hat der Kläger Widerspruch gegen den Teilabhilfebescheid vom 21. Juli 2004 eingelegt. Den Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 10. Mai 2005 hat der Kläger seine Klage auf diesen Widerspruchsbescheid erweitert.
Mit Urteil vom 4. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Firma R. habe die Beklagte zu Recht mit Teilabhilfebescheid vom 21. Juli 2004 festgestellt, dass nach Durchführung einer Betriebsprüfung kein Raum mehr für die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens sei. In Bezug auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene hat das Sozialgericht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bejaht. Der Kläger habe kein eigenes Fahrzeug eingesetzt, keine Unternehmerhaftpflicht abgeschlossen und somit keinerlei Kapitaleinsatz gehabt. Er sei in den fraglichen drei Wochen ausschließlich für die Beigeladene tätig gewesen und zwar in einem Umfang von 111 Stunden. Die Möglichkeit, für einen anderen Auftraggeber tätig zu sein, sei eine rein theoretische gewesen. Eine unternehmerische Marktpositionierung des Klägers sei nicht erkennbar. Auf seiner Homepage finde sich kein Hinweis auf seine Tätigkeit als Lkw-Fahrer. Auch sonst habe er für diese Tätigkeit keine Werbung betrieben. Die Vergütung von 15 € pro Stunde sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Schließlich habe der Kläger auch keine Unternehmer-Haftpflichtversicherung abgeschlossen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 4. Oktober 2006 zugestellte Urteil am 23. Oktober 2006 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Der Einsa...