Zusammenfassung
Zur Abmilderung weltweit steigender Verbraucherpreise hatten alle Arbeitgeber die Möglichkeit, ihren Arbeitnehmern bis zum 31.12.2024 steuer- sowie beitragsfrei in der Sozialversicherung eine Sonderzahlung von bis zu 3.000 EUR zukommen zu lassen. Dies betrifft alle Berufsgruppen, nicht nur z. B. die sog. "systemrelevanten Berufsgruppen". Bei der Gewährung der Sonderzahlungen sind jedoch bestimmte Kriterien zu beachten, wie z. B. die Zusätzlichkeitsvoraussetzung oder arbeitsrechtliche Gesichtspunkte in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot.
Arbeitsrecht: Die Rechtsgrundlage findet sich im Steuerrecht, die Auswahl der Mitarbeiter wird eingeschränkt durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem AGG, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
Lohnsteuer: Grundlage der Steuerfreiheit ist § 3 Nr. 11c EStG, der die Inflationsausgleichsprämie für alle Arbeitnehmer steuerfrei stellt.
Sozialversicherung: Die steuerfreien Beihilfen und Unterstützungen sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV beitragsfrei in der Sozialversicherung.
Entgelt |
LSt |
SV |
Inflationsausgleichsprämie bis zu 3.000 EUR (bis zum 31.12.2024) |
frei |
grds. frei |
Arbeitsrecht
1 Einführung
1.1 Vorbemerkung
Die sog. Inflationsausgleichsprämie ist Teil des "Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" und des sog. "dritten Entlastungspakets" des Bundes, das am 1.10.2022 in Kraft getreten ist. Die Prämie soll einen Anreiz für Unternehmen setzen, für beide Seiten steuerlich begünstigte zusätzliche Zahlungen zu leisten, um die gestiegenen Verbraucherpreise in der Bevölkerung abzumildern.
Nach dem neuen § 3 Nr. 11c EStG können Arbeitgeber somit Leistungen zur Abmilderung der Inflation bis zu einem Betrag von 3.000 EUR steuerfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren. Die Regelung ist vergleichbar mit der Corona-Prämie aus § 3 Nr. 11a EStG, die in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.3.2022 begünstigt ausgezahlt werden konnte.
"Steuerfrei sind […] zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 EUR."
Die Beitragsfreiheit ergibt sich nicht direkt aus § 3 Nr. 11c EStG, folgt aber aus § 17 SGB IV in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV.
Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um einen Freibetrag, der Arbeitnehmern auch dann zugutekommt, wenn eine höhere Summe als 3.000 EUR gezahlt wird. Der über den Freibetrag hinausgehende Teil ist allerdings voll steuer- und sozialversicherungspflichtig.
Die Prämie kann auch in Form einer Sachleistung gewährt werden (z. B. Gutschein, Fahrrad, Smartphone, Tablet).
1.2 Kein Zahlungsanspruch
Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie ist für Arbeitgeber freiwillig. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf die Prämie. Es handelt sich lediglich um eine abgabenrechtliche Begünstigung für den Fall, dass diese Prämie gezahlt wird. Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften die Inflationsausgleichsprämie gleichwohl verlangen werden.
Manche Betriebe zahlen ihren Mitarbeitenden die Prämie in mehreren Teilzahlungen aus. Um einen Anspruch aus betrieblicher Übung von Beginn an zu vermeiden sollte eine entsprechende Klausel im Schreiben aufgenommen werden:
"Auf die Zahlung dieser Prämie besteht auch bei wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch" oder "Ein Rechtsanspruch besteht nicht auf Zahlung über insgesamt 3000 EUR hinaus".
Die Begünstigung gilt vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024. Der lange Zeitraum soll den Unternehmen hohe Flexibilität einräumen.
Um steuerfrei zu sein, muss die Prämie dem Arbeitnehmer bis zum 31.12.2024 tatsächlich zugeflossen – also ausgezahlt worden – sein (Zuflussprinzip aus § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG).
2 Grundvoraussetzung: "Zusätzlich"
2.1 Begriffsdefinition "Zulässigkeit"
Leistungen des Arbeitgebers für eine Beschäftigung werden nur dann i. S. d. § 8 Abs. 4 EStG "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht", wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Die Begünstigung greift also nicht, wenn:
- eine Prämie gezahlt wird und im Gegenzug der Monatslohn oder sonstige Prämien oder Sonderzahlungen herabgesetzt werden oder
- durch die Prämie Boni, Sonderzahlungen oder sonstige schon geschuldete Gehaltsbestandteile "ersatzweise" erfüllt werden sollen.
- Der Arbeitslohn vorübergehend gemindert wird und nach Wegfall der Inflationsausgleichsprämie w...