Rz. 14
Abs. 2 setzt der Umdeutung sachliche Grenzen. Eine Umdeutung ist in den dort genannten Fällen unzulässig und kann daher nicht den fehlerhaften Ausgangsbescheid erhalten. Dieser ist dann im Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren als rechtswidrig aufzuheben. Der Erlass eines anderen VA auf der Grundlage der gesetzlichen Voraussetzungen wird durch eine unzulässige Umdeutung jedoch nicht ausgeschlossen.
Rz. 15
Die Umdeutung ist ausgeschlossen, wenn der VA als umgedeuteter VA erkennbar der ursprünglichen Absicht der Behörde widerspricht. Dies entspricht dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Die Absicht muss aus dem VA selbst (z. B. dessen Begründung) oder aus den Umständen des Falles objektiv erkennbar sein. Leitfrage ist dabei, ob objektiv feststellbare Umstände darauf hindeuten, dass die Behörde einen VA mit dem umgedeuteten Inhalt nicht erlassen hätte, wenn sie den Fall der Fehlerhaftigkeit des VA bedacht hätte (Waschull, in: LPK-SGB X, 3. 43 Rz. 12). Hierbei ist nicht auf den inneren Willen oder auf subjektive Auffassungen und Erwartungen abzustellen, sondern darauf, was bei objektiver Betrachtung nach Treu und Glauben festgestellt werden kann (Waschull, a. a. O., unter Berufung auf Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 47 Rz. 24). Dabei muss bedacht werden, dass es für die Feststellung der o. g. Absicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des umzudeutenden VA ankommt, nicht auf eventuell später gewonnene bessere Einsichten.
Rz. 16
Mit der Umdeutung darf keine Verschlechterung für den Betroffenen eintreten, was schon einer Umdeutung immanent ist. Die durch die Umdeutung selbst eintretende heilende Wirkung des rechtsfehlerhaften VA stellt eine solche nicht dar (vgl. auch BSG, Urteil v. 2.4.2014, B 6 KA 15/13 R zum Wegfall der Anfechtungsmöglichkeit). Die Verschlechterung ist an der durch die Umdeutung eintretenden rechtlichen Beschwer oder an wirtschaftlichen ungünstigeren Folgen zu messen. Höhere als im Ausgangsbescheid genannte Beitrags- oder Rückzahlungsforderungen können nicht auf eine Umdeutung gestützt werden, Widerruf oder Rücknahme oder Aufhebung für die Zukunft können nicht in eine Rücknahme für die Vergangenheit umgedeutet werden.
Rz. 17
Die Umdeutung ist auch dann ausgeschlossen, wenn der fehlerhafte Ausgangsbescheid nicht mehr zurückgenommen werden dürfte. Damit soll im Ergebnis das Unterlaufen der Bestandskraft (§ 77 SGG) durch eine Umdeutung in einen anderen VA verhindert werden. Da Rücknahmeverbote nur bei begünstigenden VA in Betracht kommen, folgt diese Regelung dem Grunde nach bereits aus dem Verschlechterungsverbot des Satzes 1. Ihr kann daher lediglich die Bedeutung der Einhaltung der Rücknahmefristen nach § 45 Abs. 3 auch für die Umdeutung, die ansonsten nicht zeitlich begrenzt ist, entnommen werden.