Rz. 8
Wertkonten, bei denen das Anlagerisiko generell voll der Arbeitnehmer trägt, sind sozialpolitisch nicht erwünscht. Kapitalgarantie und quantitative Anlagegrenzen dienen demselben Ziel: Das Risiko eines Kapitalverlustes soll minimiert werden. Dieses Ziel steht grundsätzlich im gemeinschaftlichen Interesse von Arbeitnehmer, Fiskus und Sozialversicherungsträger. Wertguthaben sind keine risikobehafteten renditemaximierten Kapitalanlageprodukte für Arbeitnehmer. Sie dienen vielmehr dazu, Freistellungsphasen aus unterschiedlichsten Anlässen zu finanzieren (vgl. § 7c). Sie sind ein steuer- und beitragsrechtlich gefördertes arbeitsmarktpolitisches Instrument. Die Kapitalerhaltgarantie sichert daher sowohl das Bedürfnis der Arbeitnehmer auf Planbarkeit von späteren Freistellungsphasen als auch die Interessen der Sozialversicherungsträger und des Fiskus an der ungeschmälerten Einnahme der gestundeten Sozialversicherungsbeiträge bzw. Steuern. Hierzu verweist Abs. 3 Satz 1 auf die Vorschriften des Vierten Titels des Vierten Abschnitts des SGB IV (§§ 80 ff.) und erklärt jene Regelungen für entsprechend anwendbar. Überdies gelten die §§ 80 ff. nur mit den in Abs. 2 Satz 2 formulierten Restriktionen. Danach ist eine Anlage in Aktien nur zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- die Anlagehöhe darf 20 % nicht überschreiten,
- ein Rückfluss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens mindestens in der Höhe des angelegten Betrags muss gewährleistet sein.
Ein höherer Anlagenanteil ist nur dann zulässig, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich
c) |
wenn dies in einem Tarifvertrag oder in einer auf einem solchen basierenden Betriebsvereinbarung vereinbart wurde oder |
d) |
Wertguthaben nach der Wertguthabenvereinbarung (§ 7c) ausschließlich für Freistellungen nach § 7c Abs. 1 Nr. 2a in Anspruch genommen werden. |
Rz. 9
Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus (BT-Drs. 16/10289 S. 16):
"Die nachhaltige Verbesserung des Insolvenzschutzes von Wertguthaben erfordert außerdem eine Regelung zum Schutz gegen das Anlage- oder Börsenrisiko von Wertguthaben. Es kann nicht hingenommen werden, dass der Sozialversicherung und dem Fiskus allein durch riskante Anlageentscheidungen der Vertragsparteien Beiträge und Steuern in erheblichem Umfang verloren gehen, zumal wenn man be- denkt, dass in den Wertguthaben weit mehr als die Hälfte des Umfangs öffentliche Mittel enthalten sind. Wertguthaben sind keine Privatvermögen, sondern bestehen zu weit mehr als der Hälfte des Betrages aus noch abzuführenden Sozialversicherungsbeiträgen und der zu entrichtenden Einkommensteuer. Der genaue Anteil dieser Beiträge kann aufgrund der Gesamtbruttoführung der Wertguthaben erst bei Entnahme von Arbeitsentgelt bzw. im Störfall errechnet werden. Eine privat verantwortete spekulative Anlage von Wertguthaben muss daher ausgeschlossen werden, zumal sie im Übrigen typischerweise auch nicht im Interesse der Beschäftigten liegt, die eher auf den Bestand ihrer Lebensarbeitszeitplanung vertrauen wollen als auf mögliche spekulative Anlagegewinne. Aufgrund der Vielfalt und geringen Planbarkeit von Freistellungsgründen im Lauf der Erwerbsbiografie und damit der Laufzeit von Wertguthaben ist ein höherer Aktienanteil auch für den Beschäftigten unter Renditegesichtspunkten nicht sinnvoll. Eine höhere Anlage in Aktien steht den Beteiligten nach Auflösung, Verbeitragung und Versteuerung des Wertguthabens uneingeschränkt zur Verfügung. Bei einer externen Anlage des Wertguthabens soll der Anreiz ausgeschlossen werden, das Wertguthaben in spekulativen Anlageformen Kurs- und Börsenrisiken auszusetzen, bei denen ein Verlust drohen könnte. Daher wird für die Anlage von Wertguthaben vorgegeben, dass diese in entsprechender Anwendung den Vermögensanlagevorschriften für die Sozialversicherungsträger in §§ 80 ff. SGB IV unterfallen und der Grundsatz der Sicherheit der Anlage gemäß § 80 Abs. 1 SGB IV auf die Anlage von Wertguthaben Anwendung findet. Da gegenüber der meist eher kurzen Anlage von Vermögen der Sozialversicherungsträger Wertguthaben typischerweise eine längere Anlagezeit aufweisen, wird in Abweichung von den Anlagevorschriften eine auf 20 Prozent begrenzte Anlage in Aktien und Aktienfonds zugelassen. Durch die generell geltende Garantieklausel des Rückflusses wird dabei der Bestand vor Verlusten geschützt. Diese Klausel ist der Anlage der Nachhaltigkeitsrücklage in § 217 SGB VI nachgebildet. In vernünftiger Abwägung der Risiken sind von diesen Beschränkungen allein zwei Ausnahmen denkbar und zulässig. Zum einen kann hiervon abgewichen werden, wenn die Tarifvertragsparteien das Anlagerisiko in ihrer Vereinbarung ausreichend berücksichtigen und ein gemeinsam verantwortetes Modell vereinbaren. Zum anderen kann hiervon aufgrund des längerfristig abdämpfbaren Risikos bei so genannten Lebenszyklusmodellen abgewichen werden. Dies betrifft Vereinbarungen über eine Freistellung in fernerer Zukunft, geknüpft an das Erreichen einer Altersgrenze zur Gestaltung des Übe...