Rz. 8
Nach Abs. 1 Satz 2 hat die Aufsicht darüber zu wachen, dass die Versicherungsträger Gesetz und sonstiges Recht beachten. Der Gesetzgeber hat sich damit für die Rechtsaufsicht entschieden. In Zweckmäßigkeitsüberlegungen darf die Aufsicht deshalb nicht eingreifen.
Hat ein Versicherungsträger die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder hat er von dem Ermessen in einer der gesetzlichen Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, so kann die Aufsichtsbehörde ihr eigenes Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens des Versicherungsträgers setzen. Sie kann in diesen Fällen nur darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger von seinem Ermessen in einer rechtlich zulässigen Weise Gebrauch macht.
Rz. 9
Die Fachaufsicht umfasst über die Rechtsaufsicht hinaus die Zweckmäßigkeitskontrolle. Diese Aufsichtsform bedarf einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Eine solche Ermächtigung enthält § 87 Abs. 2, wonach sich die Aufsicht auf den Gebieten der Prävention auch auf den Umfang und die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen erstreckt. Insoweit darf die Aufsichtsbehörde ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Versicherungsträgers setzen.
Rz. 10
In den Fällen der staatlichen Mitwirkung bei der autonomen Rechtssetzung durch die Versicherungsträger (Satzungen, Dienstordnungen, Gefahrtarife) ist die Tätigkeit der Aufsicht nicht auf die Rechtskontrolle beschränkt. Die Mitwirkung erfolgt i. d. R. in der Form der Genehmigung. Entscheidungen der Selbstverwaltung der Versicherungsträger sind bis zur Genehmigung schwebend unwirksam. Die Mitwirkung umfasst grundsätzlich auch die Fachaufsicht. Zutreffend wird die Auffassung vertreten (Hauck/Haines, SGB IV, K § 87), dass die Frage, ob die Mitwirkung über die Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgeht, letztlich nur nach Abwägung des Inhalts der jeweiligen Vorschrift und des maßgebenden Motivs der besonderen staatlichen Mitwirkung einerseits und des Grundsatzes der Selbstverwaltung andererseits beantwortet werden kann. Wenn die fachaufsichtlichen Maßnahmen nicht äußerst zurückhaltend bei Mitwirkungsentscheidungen vorgenommen werden, besteht die Gefahr, dass das Selbstverwaltungsrecht der Versicherungsträger ausgehöhlt wird. Dies ergibt sich aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Abs. 1 zu Abs. 2.
Die Mitwirkung ist keine präventive Aufsicht. Es bedürfte hierfür nicht eines rechtsgestaltenden Verwaltungsaktes in Form einer Genehmigung oder Zustimmung; vielmehr könnte die präventive Aufsicht durch eine Anzeigepflicht sichergestellt werden (Hauck/Haines, a. a. O., K § 87).