Rz. 60
Satz 1 Nr. 5 verweist bezüglich der Versicherungspflicht von selbstständig tätigen Künstlern und Publizisten in der Rentenversicherung (ebenso wie § 5 Abs. 1 Nr. 4 hinsichtlich der Krankenversicherungspflicht) auf die Bestimmungen des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). Danach ist Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt, und Publizist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist (§ 2 KSVG). Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, im Wege der Aufzählung von Berufsbezeichnungen die künstlerische oder publizistische Tätigkeit im Einzelnen zu definieren (BT-Drs. 8/3172 S. 21); das entspricht dem weiten und offenen Kunstbegriff. Trotz dieser immanent mit dem weiten Kunstbegriff verbundenen Unschärfe werden die künstlerischen Tätigkeiten erfasst, die im Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht) v. 13.1.1975 erfasst sind (vgl. BT-Drs. 7/3071). Nach § 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie nach Nr. 1 die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nach Nr. 2 nicht nur vorübergehend ausüben und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig i. S. d. § 8 SGB IV.
Rz. 61
Hierzu zählen grundsätzlich folgende Berufsgruppen:
- Bereich Musik: Komponist, Texter, Librettist, Musikbearbeiter, Arrangeur, Kapellmeister, Dirigent, Chorleiter, Instrumentalsolist in der ernsten Musik, Orchestermusiker in der ernsten Musik, Opern-, Operetten-, Musicalsänger, Lied- und Oratoriensänger, Chorsänger in der ernsten Musik, Sänger in Unterhaltungsmusik, Show, Folklore, Tanz- und Popmusiker, Unterhaltungs- und Kurmusiker, Jazz- und Rockmusiker, Discjockey, Alleinunterhalter
- Bereich darstellende Kunst: Balletttänzer, Ballettmeister, Schauspieler, Kabarettist, Sprecher, Moderator, Rezitator, Puppen-, Marionetten-, Figurenspieler, Conférencier, Entertainer, Quizmaster, Unterhaltungskünstler/Artist, Regisseur, Filmemacher, Choreograf, Dramaturg, Bühnen-, Film-, Kostüm-, Maskenbildner, Regieassistent, Theaterpädagoge, Juroren für "Deutschland sucht den Superstar" (BSG, Urteil v. 1.10.2009, B 3 KS 4/08 R)
- Bereich bildende Kunst/Design: Bildhauer, experimenteller Künstler, Objektmacher, Maler, Zeichner, künstlerischer Grafiker, Porträt-, Genre-, Landschaftsmaler, Performance-/Aktionskünstler, Videokünstler, künstlerischer Fotograf, Lichtbildner, Fotodesigner, Karikaturist, Trick- und Comiczeichner, Illustrator, Grafik-, Mode-, Textil-, Industriedesigner, Layouter, Werbefotograf, Gold- und Silberschmied, Emailleur, Graveur
- Bereich Wort: Schriftsteller, Dichter, Autor für Bühne, Film, Funk und Fernsehen, Lektor, Journalist, Redakteur, Bildjournalist, Bildberichterstatter, Kritiker, wissenschaftlicher Autor.
Rz. 62
Maßgeblich für die Einordnung einer künstlerischen Tätigkeit ist deren Schwerpunkt, so ist ein Webdesigner – also derjenige, der sich dem der Entwurf, dem Layout und der künstlerischen Gestaltung von Webseiten widmet – künstlerisch tätig (BSG, Urteil v. 7.7. 2005, B 3 KR 37/04 R), nicht hingegen die "handwerkliche" Einrichtung und Pflege von Internetseiten. Berufsringer (Catcher, Wrestler) sind keine Unterhaltungskünstler oder Artisten i. S. d. Künstlersozialversicherungsrechts (BSG, Urteil v. 26.11.1998, B 3 KR 12/97 R).
Rz. 63
Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag, an dem die Meldung bei der Künstlersozialkasse eingeht, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Sie endet mit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit, bei Eintritt von Versicherungsfreiheit oder einer vorrangigen Pflichtversicherung (§ 8 Abs. 2 KSVG). Dabei hat eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X zu ergehen, nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KSVG mit der Maßgabe, dass der Bescheid i. d. R. über die Versicherungspflicht vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben ist. Zuständig für die Entscheidung über die Versicherungspflicht und/oder Beitragszahlung sowie Durchführung des KSVG ist die Unfallkasse des Bundes als Künstlersozialkasse (§ 37 KSVG). Hinsichtlich der Aufbringung der Finanzmittel enthält das Vierte Kapitel (Aufbringung der Mittel) des Künstlersozialversicherungsgesetzes besondere Regelungen; es erfolgt insoweit eine Dreiteilung (Versicherter – § 15 KSVG; Künstlersozialabgabe §§ 14, 23 bis 26 KSVG; Bundeszuschuss – §§ 14, 34 KSVG). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 1 KSVG versicherungsfrei ist, wer im Kalenderjahr aus selbstständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Einkommen erzielt, das 3.900,00 EUR nicht übersteigt.