Rz. 33
Anrechnungszeiten sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen eines zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Die Anerkennung einer Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 setzt das Vorliegen einer qualifizierten Arbeitslosigkeit i. S. d. § 138 SGB III (bis 31.3.2012 § 119 SGB III) voraus, die neben der Beschäftigungslosigkeit eines Versicherten auch seine uneingeschränkte Arbeitsbereitschaft sowie seine Arbeitsfähigkeit bedingt. Ergänzend zu § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 wurde mit Wirkung zum 1.5.2003 in § 252 Abs. 8 übergangsweise ein weiterer Anrechnungszeiten-Tatbestand wegen Arbeitslosigkeit aufgenommen, der nur eine eingeschränkte Vermittlungsbereitschaft des Versicherten voraussetzt (Art. 3 Nr. 5, Art. 14 Abs. 2 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I S. 4607). Diese großzügigere Regelung zur Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeiten ist mit der Annahme zu begründen, dass auch arbeitsbereite ältere Arbeitnehmer aufgrund der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit im Regelfall keine Chancen haben, einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden.
Für die Anerkennung einer Zeit der Arbeitslosigkeit mit eingeschränkter Vermittlungsbereitschaft als Anrechnungszeit i. S. d. § 252 Abs. 8 sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
- Vorliegen von Arbeitslosigkeit nach dem 30.4.2003,
- Meldung bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender nach Vollendung des 58. Lebensjahres. Hierbei genügt ein einmaliger Kontakt in jedem Kalenderjahr, BA-Info 104/2003;
- eingeschränkte Verfügbarkeit wegen fehlender Bereitschaft, alle Möglichkeiten zu nutzen oder nutzen zu wollen, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Aufgrund der eingeschränkten Vermittlungsbereitschaft liegt in diesen Fällen keine qualifizierte Arbeitslosigkeit i. S. d. § 138 SGB III (bis 31.3.2012 § 119 SGB III) vor, so dass die Anerkennung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ausscheidet;
- fehlender Bezug einer öffentlich-rechtlichen Leistung wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens. Für die Zeit vom 1.5.2003 bis 31.12.2004 findet § 252 Abs. 8 auch auf arbeitslos gemeldete Sozialhilfeempfänger Anwendung, da sich nach der Gesetzesbegründung die Tatbestandsvoraussetzung des § 252 Abs. 8 Nr. 3 ausschließlich auf die Nichtleistung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe bezogen hatte. Ab 1.1.2005 wird diesem Personenkreis anstelle von Sozialhilfe Arbeitslosengeld II geleistet mit der Folge, dass für Zeiten vom 1.1.2005 bis 31.12.2010 grundsätzlich Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Eine Anrechnungszeit gemäß § 252 Abs. 8 kommt somit ab 1.1.2005 nur noch in Betracht, wenn Arbeitslosengeld II wegen zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht zu leisten ist. Nach übereinstimmender Auffassung der Rentenversicherungsträger ist § 252 Abs. 8 auch anzuwenden, wenn ein Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen fehlender Anwartschaftszeiten nicht besteht oder wegen einer Abfindung ruht;
- Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 58 Abs. 2. Nach § 252 Abs. 8 Satz 2 gelten im Übrigen die Vorschriften über Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit. Eine weitere Voraussetzung für die Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist die Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn die Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 25. Lebensjahres eines Versicherten liegt (§ 58 Abs. 2). Darüber hinaus sind keine weiteren Voraussetzungen zu beachten.
Dieser für Zeiten der Arbeitslosigkeit ab 1.5.2003 eingeführte neue Anrechnungszeiten-Tatbestand betrifft nach der Gesetzesbegründung zu § 252 Abs. 8 Versicherte, die nach dem Bezug von Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III für Zeiten nach dem 30.4.2003 weiterhin ohne Leistungsbezug bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchende gemeldet sind. Der Wortlaut der Vorschrift setzt allerdings keinen tatsächlichen Vorleistungsbezug aufgrund von § 428 SGB III voraus. Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 252 Abs. 8 sind deshalb im Wege der Auslegung bei Vorliegen der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen unabhängig von einem Vorleistungsbezug unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III anzuerkennen, also auch dann, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Abfindung ruht.
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Die Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit mit eingeschränkter Vermittlungsbereitschaft als Anrechnungszeiten gemäß § 252 Abs. 8 hat ausschließlich die Schließung versicherungsrechtlicher Lücken zum Ziel. Dadurch ergibt sich für die Bewertung von sonstigen beitragsfreien Zeiten (§ 54 Abs. 4, § 71 Abs. ...