Rz. 20
Abs. 1 nimmt für Beitrittsgebietszeiten nur eine gebietsbezogene – jedoch keine zeitliche – Zuordnung vor. Das bedeutet, dass es allein darauf ankommt, dass die Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt sind, ob nach früherem Reichsrecht (Zeiten bis Juni 1945), nach DDR-Recht oder nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (Zeiten ab 3.10.1990, ausgenommen "normale" freiwillige Beiträge) ist unbeachtlich.
Rz. 21
§ 18 Abs. 3 SGB IV beinhaltet die Legaldefinition des Begriffs Beitrittsgebiet; danach ist Beitrittsgebiet das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.
Rz. 22
Zum Beitrittsgebiet zählen die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie ab 1.2.1949 Berlin (Ost) und der am 3.10.1990 zum Gebiet des Landes Berlin gekommene Ortsteil West-Staaken (ehem. Kreis Nauen).
Für sog. Berliner Beiträge bis 31.1.1949 gilt ausschließlich § 257 Abs. 1 Nr. 1 (= Entgeltpunkte West).
Rz. 23
Beitragszeiten im Beitrittsgebiet sind
- Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (Nr. 1) im Beitrittsgebiet, einschließlich nach dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) in die Rentenversicherung überführter Zeiten.
Rz. 24
Zu den Beitrittsgebietszeiten nach Nr. 1 zählen auch (vgl. auch GRA der DRV zu § 254d SGB VI a. F., Stand: 20.6.2024, Abschn. 4.1 bis 4.4)
- Zeiten einer Beschäftigung im Ausland oder in der Bundesrepublik Deutschland, wenn es sich dabei um eine Entsendung gehandelt hat (bis Juni 1945 im Rahmen sog. Ausstrahlung, bis Juni 1990 im Rahmen eines Delegierungsvertrags, bis 2.10.1990 nach § 11 SVG, ab 3.10.1990 nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 6 SGB IV),
- Zeiten einer Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 1, wenn die antragstellende Einrichtung ihren Sitz im Beitrittsgebiet hat,
Rz. 25
- Zeiten einer echten oder fiktiven Nachversicherung, wenn der Beschäftigungsort des Nachversicherten im Beitrittsgebiet lag,
Rz. 26
- Zeiten der Erwerbsunfähigkeit zwischen dem 1.7.1975 und 31.12.1991, die nach § 248 Abs. 2 als Pflichtbeiträge gelten,
Rz. 27
- Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezugs von Vorruhestandsgeld (§ 18 Buchst. b SVG, § 3 Satz 1 Nr. 4), wenn die zur Zahlung des Vorruhestandsgelds verpflichtete Stelle ihren Sitz im Beitrittsgebiet hat.
Rz. 28
Weiter zählen zu den Zeiten nach Nr. 2 bis 4b auch (GRA der DRV zu § 254d SGB VI a. F., Stand: 20.6.2024, Abschn. 4.5 bis 4.10):
- Pflichtbeitragszeiten aufgrund gesetzlicher Wehrpflicht (frühestens ab 24.1.1962 aufgrund des Gesetzes über die allgemeine Wehrpflicht) oder Zivildienstpflicht (frühestens ab 1.3.1990 aufgrund der VO über den Zivildienst in der DDR v. 20.2.1990) (Nr. 2)
Rz. 29
- oder wegen des Bezugs von Sozialleistungen (Nr. 2), wenn der Leistung auch ein im Beitrittsgebiet erzieltes Arbeitsentgelt zugrunde liegt (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 2, § 248, § 18 Buchst. a SVG, § 3 Satz 1 Nr. 3, § 4 Abs. 3). Das Arbeitslosengeld II (vgl. §§ 19 ff. SGB II) ist hiervon ausdrücklich ausgenommen (vgl. Rz. 1). Auf Zeiten dieses Leistungsbezuges entfallende Entgeltpunkte sind Entgeltpunkte i. S. v. § 70. Das heißt, der Bezug von Arbeitslosengeld II wird in den alten und neuen Bundesländern gleich bewertet,
Rz. 30
Rz. 31
- Pflichtbeitragszeiten wegen der Erziehung eines Kindes im Beitrittsgebiet (§§ 56, 249a); (Nr. 3). Zeiten der Erziehung eines Kindes im Ausland sind dann Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet, wenn die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 Satz 2 für Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet erfüllt werden,
Rz. 32
Zeiten einer freiwilligen Versicherung im Beitrittsgebiet (Nr. 4). Die Vorschrift lässt es insbesondere in Bezug auf freiwillige Beiträge nach reichsrechtlichen Vorschriften offen, ob es für die Beurteilung als Entgeltpunkte (Ost) auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Beitragszahlung oder auf den Zeitpunkt, für den die Beiträge gezahlt worden sind, ankommt.
Da das Gesetz an anderer Stelle insoweit Klarheit schafft, als es auf die Verhältnisse, die im Zeitraum, für den die Beiträge gezahlt wurden, abstellt (§ 271 Satz 1 Nr. 2), kann im Rahmen des § 254d nichts anderes gelten. Zeiten mit freiwilligen Beiträgen nach reichsrechtlichen Vorschriften sind dann Beitragszeiten im Beitrittsgebiet, wenn sie für die Zeit eines gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet gezahlt wurden.
Zeiten der freiwilligen Versicherung nach den im Beitrittsgebiet vom 1.7.1945 bis 31.12.1991 geltenden Rechtsvorschriften sind Beitragszeiten im Beitrittsgebiet. Hier kann es nach dem Gesetzeszweck nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitraum, für den die Beiträge gelten sollen, ankommen.
Zeiten der freiwilligen Versicherung ab 1.1.1992 bis zum 31.3.1999 sind nur dann Beitragszeiten im Beitrittsgebiet, wenn es sich um anwartschaft...