0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1.1.1992 in das Gesetz eingefügt und durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) v. 25.7.1991 (BGBl. I S. 1606) ebenfalls zum 1.1.1992 in Abs. 2 um den letzten Halbsatz ergänzt. Mit der Bekanntmachung der Neufassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I 2002 S. 754) blieb § 262 unverändert.
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 19.2.2002 zum 1.1.2002 bis zum 30.6.2024.
Ab dem 1.7.2024 gilt § 262 in geänderter Fassung: Durch Art. 1 Nr. 25 des Gesetzes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2575) wurden in § 262 Abs. 2 die Wörter "dabei werden Kalendermonaten mit Entgeltpunkten (Ost) zusätzliche Entgeltpunkte (Ost) zugeordnet" gestrichen (Folgeänderung zur Rentenangleichung in der gesetzlichen Rentenversicherung, vgl. BT-Drs. 18/11923 S. 31).
1 Allgemeines
1.1 Regelungsinhalt und Normzweck
Rz. 2
§ 262 Abs. 1 regelt für Rentenfälle ab 1992 – ergänzend zu § 70 Abs. 1 (vgl. auch § 228 i. V. m. § 256a) – die Mindestbewertung von Pflichtbeitragszeiten vor 1992 (Rente nach Mindesteinkommen) für langjährig Versicherte und schafft damit vor allem einen Ausgleich für unterbezahlte "Frauenarbeit", aber auch für regionale oder branchenbedingte Lohnunterschiede.
Mindestentgeltpunkte nach § 262 erhöhen darüber hinaus den Wert, mit dem beitragsfreie Zeiten bei der Rente berücksichtigt werden (§ 71).
Abs. 2 beinhaltet die Zuordnungsgrundsätze der ermittelten zusätzlichen Entgeltpunkte.
Abs. 3 stellt eine negative gesetzliche Fiktion für Pflichtbeitragszeiten bei Rentenbezug aus eigener Versicherung auf.
Rz. 3
Normzweck ist die Kompensation der Minderung erzielter Arbeitsverdienste in der Erwerbsbiografie durch die Anhebung der Entgeltpunkte (vgl. instruktiv auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.3.2015, L 14 R 122/13). Mit § 262 durchbricht der Gesetzgeber daher das im Rentenrecht herrschende Äquivalenzprinzip; vgl. § 63 Abs. 1. Das prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz besagt, dass die Rangordnung der Rentenleistung grundsätzlich der Rangordnung der versicherten Einkommen folgt. Wer lange hohe Beiträge zahlt, erhält regelmäßig höhere Rente. Ausdruck findet diese eigene Beitragsleistung in den persönlichen Entgeltpunkten (§ 66). Dieses Prinzip wird auch an anderer Stelle im Rentenrecht durch steuerfinanzierte Rentenanteile durchbrochen; insbesondere der zum 1.1.2021 in § 76g eingeführte Grundrentenzuschlag hebelt das Äquivalenzprinzip ein gutes Stück aus (vgl. zur Durchbrechung des Äquivalenzprinzips und die Elemente des sozialen Ausgleichs in der Rentenversicherung bereits die Kommentierung zu § 63 Rz. 7).
1.2 § 262 – Steuerfinanziertes Element in der Rente – Verhältnis zu § 76g
Rz. 3a
§ 262, der Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt regelt und durch das RRG v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1.1.1992 in das Gesetz eingefügt wurde, sieht bei niedrigen Einkommen unter bestimmten Voraussetzungen aus denselben sozialpolitischen Erwägungen eine Erhöhung der Entgeltpunkte vor, wie der Grundrentenzuschlag nach § 76g.
Rz. 3b
Die Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 steht wie der Grundrentenzuschlag nach § 76g als steuerfinanzierte Leistung dem im Rentenrecht beherrschende Grundprinzip des § 63 Abs. 1 entgegen. § 63 Abs. 1 schreibt das rentenrechtliche sog. Äquivalenzprinzip fest. Das prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz, nach der die Rangordnung der Rentenleistung grundsätzlich der Rangordnung der versicherten Einkommen folgt, wird durch den § 262 ein gutes Stück ausgehebelt. Wer lange hohe Beiträge zahlt, erhält regelmäßig eine höhere Rente. Ausdruck findet diese eigene Beitragsleistung in den persönlichen Entgeltpunkten (§ 66). Dieses Prinzip durchbricht § 262. Flankiert wird das Äquivalenzprinzip schon seit jeher auch durch ergänzende Elemente des sozialen Ausgleichs, wie z. B. die Bewertung von beitragsfreien Zeiten (§ 63 Abs. 3) oder insbesondere auch durch die sog. Mütterrente – also die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach §§ 56, § 249 (für Neurentner) und § 307d (der eine Zuschlagsregelung für Bestandsrentner enthält).
Rz. 3c
Die Erhöhung der Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 wird dabei vorrangig gegenüber dem Grundrentenzuschlag nach § 76g berücksichtigt. Durch die Berücksichtigung des erhöhenden Wertes aus § 262 bei der Grundrentenbewertungszeit nach § 76g Abs. 3 geht der höhere Wert aus § 262 in die Grundrentenbewertungszeit ein und erhöht diesen Wert. Bei der Erhöhung nach § 262 findet daher auch Berücksichtigung, ob und in welcher Höhe nach Abs. 4 ein Grundrentenzuschlag gewährt wird (vgl. im Übrigen auch Komm. zu § 76g Rz. 54 und 102 ff.).
1.3 Korrespondierende und ergänzende Vorschriften
Rz. 4
Korrespondierende Regelung zu § 262 ist § 70. § 262, der auf Zeiten bis zum 31.12.1991 begrenzt ist, wird im Grundsatz durch § 70 Abs. 3a ab 1992 fortgeführt, hier allerdings zielgenau bezogen auf Versicherte mit Kindern.
Rz. 5
In Art. 82 RRG 1992 ist eine vergleichbare Regelung für Renten aus der Zeit von 1973 bis 1991 enthalten. Sie wurden in einem vere...