Rz. 10
Für die Zuschlagsregelung muss daher zunächst der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet sein.
Rz. 11
Dauerhaft geringfügig entlohnte Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sind ab dem 1.1.2013 in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Dafür darf das Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV benannte Einkommensgrenze von derzeit monatlich 450,00 EUR nicht übersteigen. Geringfügig entlohnte Beschäftigte haben aber gemäß § 6 Abs. 1b Satz 1 die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Eine Ermittlung von Entgeltpunkte für Beitragszeiten nach § 70 scheidet dann aus (in dessen Anwendungsfall bei Versicherungspflicht ist der Arbeitgeberbeitrag nach § 173 Abs. 3 und Abs. 3a um den Arbeitnehmeranteil aufzustocken, der dem normalen Beitragssatz entspricht; vgl. auch GRA der DRV zu § 76b SGB VI, Stand: 20.12.2018, Anm. 3) und es greift die Zuschlagsregelung nach § 76b. Nach § 6 Abs. 1b Satz 2 ist der schriftliche Befreiungsantrag dem Arbeitgeber zu übergeben und konstitutiv für die Versicherungsfreiheit.
Rz. 11a
Infolge des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (BT-Drs. 20/1408 S. 10, 19) wird die Verdienst-Obergrenze für Minijobber angehoben und auch der sog. Übergangsbereich angepasst. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass der starre Betrag von 450,00 EUR in § 8 SGB IV ersetzt wird durch den Rechtsbegriff Geringfügigkeitsgrenze (BT-Drs. 20/1408 S. 10). Diese wird so definiert, dass sie einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen entspricht. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,00 EUR pro Stunde auf 520,00 EUR monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet. Die Erhöhung soll dann zum 1.10.2022 greifen. Der Übergangsbereich nach § 20 SGB IV umfasst zukünftig den Entgeltbereich von 520,01 EUR bis 1.600,00 EUR; § 20 Abs. 2 SGB IV wird entsprechend geändert werden, der obere Grenzbetrag 1.300,00 EUR wird durch den oberen Grenzbetrag 1.600,00 EUR ersetzt (BT-Drs. 20/1408 S. 11). Sinn der Dynamisierung der Einkommensgrenzen von geringfügig Beschäftigten ist es, dass künftig viele geringfügig entlohnt Beschäftigte von Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns profitieren sollen; statt eine Arbeitszeitverkürzung zu vereinbaren, nehmen ihre Verdienstmöglichkeiten mit steigendem gesetzlichen Mindestlohn zu. Arbeitgeber werden entlastet, da sie nicht mehr prüfen müssen, ob sich durch eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns Änderungsbedarf in Bezug auf die geringfügig entlohnt Beschäftigten ergibt (BT-Drs. 20/1408 S. 30). Durch eine Anhebung auch der Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich von monatlich 1.300,00 EUR auf 1.600,00 EUR wird dem Anstieg der Löhne und Gehälter Rechnung getragen und eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt erreicht (BT-Drs. 20/1408 S. 31).
Rz. 12
Der Regelfall der geringfügigen Beschäftigung ist daher die Versicherungspflicht mit Beitragszeiten; die Zuschlagsregel nach § 76b stellt daher gerade die gesetzgeberisch gewollte Ausnahme dar.
Rz. 13
Der persönliche Anwendungsbereich ist daher für Fälle ab dem 1.1.2013 auf die geringfügig Beschäftigten i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV beschränkt, die sich unter Beachtung von § 6 Abs. 1b wirksam haben von der Versicherungspflicht befreien lassen.
Rz. 14
Der persönliche Anwendungsbereich ist daher eröffnet, wenn sich der Versicherte
- von der ab 2013 dem Grunde nach bestehenden Rentenversicherungspflicht hat befreien lassen (§ 6 Abs. 1b; vgl. auch § 231 Abs. 9 für Übergangsfälle bis 31.12.2014) oder
- bis 2012 und ggf. darüber hinaus versicherungsfrei war/ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 76b jeweils i. d. F. v. 31.12.2012 und § 230 Abs. 8).
Im Umkehrschluss bedeutet es, dass bei Rentenversicherungspflicht
- wegen Verzichts auf die Versicherungsfreiheit (§ 5 Abs. 2 Satz 2 i. d. F. v. 31.12.2012, § 230 Abs. 8) und
- wegen Nichtwahrnehmung der Befreiungsmöglichkeit
keine Zuschläge zu ermitteln sind und stattdessen das Arbeitsentgelt zu "ganz normalen" Entgeltpunkten führt (vgl. §§ 70 Abs. 1, 256a Abs. 1).