0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift stimmt mit § 31 VwVfG überein und regelt im Interesse einer möglichst einheitlichen Handhabung die Berechnung von Fristen und die Bestimmung von Terminen, soweit diese bei der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens von Bedeutung sind. Für das gerichtliche Verfahren gelten § 57 VwGO, §§ 64, 65 SGG, § 54 FGO und §§ 221 ff. ZPO. Abs. 1 verweist grundsätzlich auf die Bestimmungen der §§ 187 bis 193 BGB und lehnt sich an die darin enthaltenen Rechtsgedanken an; durch die Abs. 2 bis 7 werden diese Vorschriften geringfügig modifiziert bzw. ergänzt, soweit es für die besonderen Belange des Sozialverwaltungsrechts erforderlich ist.
Die Vorschrift des § 26 gilt vor allem im Verwaltungsverfahren i. S. d. § 8, hat aber, weil sie allgemeine Rechtsgrundsätze weitergibt, für die gesamte Tätigkeit der Sozialverwaltung Bedeutung. § 26 regelt nur die Berechnung von Fristen, nicht jedoch die Befugnis zum Setzen einer Frist bzw. zur Bestimmung eines Termins. Bei materiell-rechtlichen Fristen bedarf die Behörde einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Materiell-rechtliche Fristen betreffen den Inhalt des Rechtsverhältnisses, wie z. B. § 9 Abs. 2 SGB V, §§ 6 Abs. 4, 204 ff. SGB VI. Zu den materiell-rechtlichen Fristen gehören auch die gesetzlichen Ausschlussfristen, die grundsätzlich nicht disponibel sind. Gesetzliche Fristen können nicht gemäß Abs. 7 verlängert werden, vielmehr kommt insoweit nur eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, § 27 (vgl. Komm. dort). Für verfahrensrechtliche Fristen, deren Wirkung sich nur auf das Verwaltungsverfahren bezieht, ergibt sich die Befugnis zum Setzen dieser Fristen aus der Verfahrensherrschaft der Behörde.
2 Rechtspraxis
2.1 Begriffe "Frist" und "Termin"
Rz. 3
Die Begriffe "Frist und Termin" sind in § 26 nicht bestimmt. Die Vorschrift unterscheidet auch nicht zwischen den einzelnen Arten von Fristen. Es sind daher die nach §§ 187 ff. BGB gebräuchlichen Definitionen heranzuziehen. Eine Frist ist jeder bestimmt bezeichnete, fest umrissene Zeitraum, also eine Zeitspanne zwischen zwei bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zeitpunkten, die nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht. Das Sozialrecht kennt Leistungs-, Melde-, Ausschluss-, Verjährungs-, Warte- und Antragsfristen. Auch dann, wenn ein Zeitraum ohne festen Anfangstermin nur durch einen Endzeitpunkt bestimmt wird, liegt eine Frist vor.
Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlichen Fristen, nämlich solchen, die in Rechtsvorschriften geregelt sind, und behördlichen Fristen. Letztere werden hinsichtlich Dauer, Beginn und Ende von einer Behörde grundsätzlich im Rahmen ihrer Verfahrensherrschaft festgesetzt, ohne dass sie gesetzlich bestimmt sind. Daneben gibt es behördliche Fristen, die eine Behörde aufgrund gesetzlicher Ermächtigung setzen darf, z. B. § 14 Satz 1, § 19 Abs. 2 Satz 1. Zu den behördlichen Fristen gehören auch Fristen, für die zwar ein gesetzlicher Rahmen besteht, die aber von der Behörde konkretisiert werden können (BSG, Urteil v. 19.10.2011, B 6 KA 20/11 R, SozR 4-2500 § 103 Nr. 10; BSG, Urteil v. 26.10.1989, 12 RK 25/88, SozR 1300 § 26 Nr. 2; BSG, Urteil v. 15.8.1991, 12 RK 42/90, BSGE 69 S. 198 = SozR 3-1300 § 26 Nr. 1).
Daneben gibt es noch vertraglich vereinbarte Fristen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, für die ebenfalls § 26 Anwendung findet, sowie prozessrechtliche Fristen, für die die einschlägigen Vorschriften der jeweiligen Prozessordnung gelten..
Rz. 4
Termine sind feste Zeitpunkte, die im Voraus gesetzt werden.
2.2 Fristbeginn
Rz. 5
Soweit nicht Abs. 2 bis 5 Sonderregelungen enthalten, gelten die Regelungen des BGB über den Fristbeginn (§ 187 BGB) das Fristende (§ 188 BGB), die Fristberechnung (§ 189 BGB) und die Verlängerung (§ 190 BGB), die Definition von Begrifflichkeiten (§ 190 f. BGB) sowie die Regelungen zu Sonnabenden, Sonntagen und Feiertagen (§ 193 BGB).
Rz. 5a
Für Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, wird § 187 BGB durch Abs. 2 modifiziert. Der Lauf einer solchen Frist beginnt grundsätzlich mit dem auf die Bekanntgabe der Frist folgenden Tag, falls dem Betroffenen von der Behörde nichts anderes mitgeteilt wird (Abs. 2). Damit wird auf die Bekanntgabe der Frist durch die Behörde abgestellt. Der Tag, an dem die maßgebliche Frist durch die Behörde bekannt gegeben wird, zählt noch nicht zur Frist. Die Frist beginnt also um 0 Uhr des nächsten Tages; sie beginnt auch an Samstagen, Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen. Die Fristsetzung durch die Behörde muss hinreichend bestimmt sein, sie steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und muss angemessen sein. Der Fristablauf muss von dem Betroffenen eindeutig bestimmt werden können (BSG, Urteil v. 19.10.2011, B 6 KA 20/11 R, SozR 4-2500 § 103 Nr. 10). Die behördlichen Fristen und Termine werden nach herrschender Meinung durch Verwaltungsakt festgesetzt, wenn an die Fristsetzung bestimmte Re...