0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) in Kraft. Abs. 1 Satz 1 wurde durch Art. II § 17 Nr. 6 SGB – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten – v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) geändert, und zwar mit Wirkung zum 1.7.1983. Abs. 1 Satz 1 wurde durch das Gesetz zur Novellierung des Verwaltungszustellungsgesetzes v. 12.8.2005 (BGBl. I S. 2354) mit Wirkung zum 1.2.2006 geändert und die Angabe "15" durch "10" ersetzt (Anpassung an die in diesem Gesetz reduzierte Anzahl von Paragraphen) sowie ein neuer Satz 2 eingefügt. Der frühere Satz 2 wurde dadurch zu Satz 3. Eine mittelbare Änderung erfuhr die Norm wegen der Änderung von § 73 Abs. 2 SGG durch das Rechtsdienstleistungsgesetz v. 12.12.2007 (BGBl. I S. 2840). Das Sechste Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 11.11.2016 (BGBl. I S. 2500) hat Abs. 1 Satz 2 mit Wirkung zum 17.11.2016 redaktionell an die Änderungen im Sozialgerichtsgesetz ohne inhaltliche Korrekturen angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt einheitlich für die in ihr genannten Träger der Verwaltung das Zustellungsverfahren; sie hat im VwVfG keine entsprechende Vorschrift und ist § 27 Abs. 3 KOVVFG a. F. nachgebildet. Grundsätzlich gilt bei Zustellungen, dass Bundesbehörden nach Bundesrecht und Landesbehörden nach Landesrecht zustellen. Dies entspricht auch der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes. Die Erforderlichkeit der Zustellung ergibt sich aus anderen Vorschriften.
2 Rechtspraxis
2.1 Zustellung nach Bundesrecht
Rz. 3
Unter Zustellung ist die in gesetzlicher Form geschehene und beurkundete Übergabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments zu verstehen (vgl. § 2 Abs. 1 VwZG). Dabei wird der Begriff "Dokument" als Oberbegriff für zustellungsfähige Mitteilungen verwendet, während die Zustellung eine förmliche Art der Bekanntmachung ist. Soweit Zustellungen durch Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts vorgeschrieben sind, gelten nach Abs. 1 Satz 1 die §§ 2 bis 10 VwZG. Die Erforderlichkeit der Zustellung ergibt sich aus anderen gesetzlichen Vorschriften. Soweit diese fehlen, kann die Behörde dennoch eine Zustellung vornehmen, wenn sie es für erforderlich oder auch nur für zweckmäßig hält. Sie hat also ein Ermessen, ob zugestellt wird.
Es besteht ein Wahlrecht, ob durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 De-Mail-Gesetz akkreditierten Dienstleister oder unmittelbar durch die Behörde zugestellt werden soll. Welche Art der Zustellung gewählt wird, entscheidet die Behörde (§ 2 Abs. 3 Satz 1 VwZG), und zwar im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens. Die Zustellung muss allerdings wissentlich und willentlich erfolgen; eine zufällige oder nicht gewollte Übermittlung genügt nicht. Eine Zustellung verlangt grundsätzlich den Zugang der Sendung an den Empfänger mit der konkreten Möglichkeit, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Dies ist der Fall, wenn die Sendung (Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift, nicht einfache Kopie) in den Verfügungsbereich des Empfängers gelangt ist. Hat der Empfänger ein Postschließfach, dann gelten die Sendungen mit dem Zeitpunkt des Einsortierens in dieses als zugegangen (BSG, Urteil v. 1.2.1979, 12 RK 33/77, SGb 1979 S. 479). Ein Schriftstück, dessen Annahme vom Empfänger berechtigt verweigert wird (z. B. wegen ungenügender Frankierung oder falscher bzw. mehrdeutiger Anschrift), ist nach der Rechtsprechung nicht zugegangen. Wird die Annahme hingegen unberechtigt verweigert, gilt das Schriftstück als zugestellt. Zur Heilung dieses Mangels vgl. § 8 VwZG.
Rz. 4
Welche Art der Zustellung gewählt wird, entscheidet die Behörde selbst, soweit nicht aufgrund einer Rechtsvorschrift ein Verfahren auf Verlangen des Antragstellers elektronisch abgewickelt wird.
Die Zustellung kann durch die Post erfolgen, und zwar mit Zustellungsurkunde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VwZG) oder mittels eingeschriebenen Briefes (§ 4 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde sind die §§ 177 bis 182 ZPO anwendbar. Bei der zweiten Zustellungsart gilt der Brief mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Um festzustellen, wann ein so zugestellter Bescheid beim Leistungsträger ausgelaufen ist, genügt der Datumstempel mit dem Handzeichen des den Einschreibebrief absendenden Behördenbediensteten (BSG, Urteil v. 30.4.1971, Breithaupt S. 791). Dass das Schriftstück zur Post aufgegeben wurde, wird entweder durch das Posteinlieferungsbuch oder den Einlieferungsschein nachgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.3.1973, Breithaupt 1974 S. 89).
Der Leistungsträger hat im Streitfall durch Nachfrage bei der Post festzustellen, wann dem Empfänger der Einschreibebrief tatsächlich zugegangen ist. Erst dann lässt sich sagen, welcher Zustellungstag – der gesetzlich vermutete oder der tatsächliche – maßgebend ist (BSG, Urteil v. 9.12.1969, 9 RV 358/69, NJW 197...