Rz. 3
Unter Zustellung ist die in gesetzlicher Form geschehene und beurkundete Übergabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments zu verstehen (vgl. § 2 Abs. 1 VwZG). Dabei wird der Begriff "Dokument" als Oberbegriff für zustellungsfähige Mitteilungen verwendet, während die Zustellung eine förmliche Art der Bekanntmachung ist. Soweit Zustellungen durch Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts vorgeschrieben sind, gelten nach Abs. 1 Satz 1 die §§ 2 bis 10 VwZG. Die Erforderlichkeit der Zustellung ergibt sich aus anderen gesetzlichen Vorschriften. Soweit diese fehlen, kann die Behörde dennoch eine Zustellung vornehmen, wenn sie es für erforderlich oder auch nur für zweckmäßig hält. Sie hat also ein Ermessen, ob zugestellt wird.
Es besteht ein Wahlrecht, ob durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 De-Mail-Gesetz akkreditierten Dienstleister oder unmittelbar durch die Behörde zugestellt werden soll. Welche Art der Zustellung gewählt wird, entscheidet die Behörde (§ 2 Abs. 3 Satz 1 VwZG), und zwar im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens. Die Zustellung muss allerdings wissentlich und willentlich erfolgen; eine zufällige oder nicht gewollte Übermittlung genügt nicht. Eine Zustellung verlangt grundsätzlich den Zugang der Sendung an den Empfänger mit der konkreten Möglichkeit, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Dies ist der Fall, wenn die Sendung (Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift, nicht einfache Kopie) in den Verfügungsbereich des Empfängers gelangt ist. Hat der Empfänger ein Postschließfach, dann gelten die Sendungen mit dem Zeitpunkt des Einsortierens in dieses als zugegangen (BSG, Urteil v. 1.2.1979, 12 RK 33/77, SGb 1979 S. 479). Ein Schriftstück, dessen Annahme vom Empfänger berechtigt verweigert wird (z. B. wegen ungenügender Frankierung oder falscher bzw. mehrdeutiger Anschrift), ist nach der Rechtsprechung nicht zugegangen. Wird die Annahme hingegen unberechtigt verweigert, gilt das Schriftstück als zugestellt. Zur Heilung dieses Mangels vgl. § 8 VwZG.
Rz. 4
Welche Art der Zustellung gewählt wird, entscheidet die Behörde selbst, soweit nicht aufgrund einer Rechtsvorschrift ein Verfahren auf Verlangen des Antragstellers elektronisch abgewickelt wird.
Die Zustellung kann durch die Post erfolgen, und zwar mit Zustellungsurkunde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VwZG) oder mittels eingeschriebenen Briefes (§ 4 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde sind die §§ 177 bis 182 ZPO anwendbar. Bei der zweiten Zustellungsart gilt der Brief mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Um festzustellen, wann ein so zugestellter Bescheid beim Leistungsträger ausgelaufen ist, genügt der Datumstempel mit dem Handzeichen des den Einschreibebrief absendenden Behördenbediensteten (BSG, Urteil v. 30.4.1971, Breithaupt S. 791). Dass das Schriftstück zur Post aufgegeben wurde, wird entweder durch das Posteinlieferungsbuch oder den Einlieferungsschein nachgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.3.1973, Breithaupt 1974 S. 89).
Der Leistungsträger hat im Streitfall durch Nachfrage bei der Post festzustellen, wann dem Empfänger der Einschreibebrief tatsächlich zugegangen ist. Erst dann lässt sich sagen, welcher Zustellungstag – der gesetzlich vermutete oder der tatsächliche – maßgebend ist (BSG, Urteil v. 9.12.1969, 9 RV 358/69, NJW 1970 S. 583).
Die Zustellung kann an jedem Ort, an dem der Empfänger angetroffen wird, erfolgen; eine Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG) ist möglich u. a. durch Niederlegung bei der Post, in Geschäftsräumen und Anwaltskanzleien an dort tätige Angestellte. Bei Zustellung an einen Bevollmächtigten ist die Behörde nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG zur förmlichen Zustellung verpflichtet, wenn dieser eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat.
Rz. 5
Die Behörde kann auch selbst (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 VwZG) eine Zustellung vornehmen. Dabei händigt der zuständige Bedienstete der Behörde dem Empfänger das Schriftstück gegen ein mit Datum der Ausfertigung versehenes, von diesem zu unterschreibendes Empfangsbekenntnis aus. Es ist das Datum der Zustellung auf dem auszuhändigenden Schriftstück zu vermerken. Für die Zustellung nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 VwZG (u. a. an Rechtsanwälte, Notare sowie Steuerberater) ist der Zeitpunkt maßgebend, an dem der Empfänger vom Zugang der zuzustellenden Schriftstücke Kenntnis erlangt hat und bereit ist, die Zustellung entgegenzunehmen (BVerwG, Urteil v. 21.12.1979, 4 ER 500.79, SozSich 1980 S. 155). Insbesondere Widerspruchsbescheide können dem bzw. den Betroffenen auf diese Art und Weise anlässlich einer Vorsprache bei der Behörde ausgehändigt werden.
Sonderzustellungsarten enthalten die §§ 9 und 10 VwZG für Zustellungen im Ausland und die öffentliche Zustellung. Davon unberührt bleiben die besonderen Zustellungsvorschriften des über- u...