Rz. 27
Entgegen dem Titel der Vorschrift und dem Regelungsinhalt von Abs. 1 regelt Abs. 2 die Einwilligung in "die Verarbeitung" und damit in alle Vorgänge des Umganges mit personenbezogenen Daten gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO, also auch die Erhebung (vgl. die Komm. zu § 67).
Die Einwilligung hat nicht den Charakter einer rechtsgeschäftlichen Einwilligung nach dem BGB, sondern gestattet einen Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht, hier in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
§ 67b Abs. 2 SGB X a. F. enthielt bis zum 24.5.2018 alle Anforderungen, die eine wirksame Einwilligung der betroffenen Person erfüllen musste.
Seit dem 25.5.2018 gilt unmittelbar die DSGVO, die in Art. 4 Nr. 11 DSGVO den Begriff der Einwilligung und in Art. 7 DSGVO die Bedingungen für die Einwilligung bestimmt.
Diese Bedingungen werden durch § 67b Abs. 2 in Satz 1 und 2 hinsichtlich der Nachweispflicht und in Satz 3 zum Verarbeitungszweck und zu den Widerrufsmöglichkeiten konkretisiert.
2.4.1 Begriff der Einwilligung nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO
Rz. 28
Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO bezeichnet Einwilligung "jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist".
Die Einwilligung ist die vorherige Zustimmung zur Datenverarbeitung. Eine nachträgliche Genehmigung scheidet als Erlaubnistatbestand aus. Die Einwilligung muss freiwillig erfolgen, ansonsten ist sie unwirksam.
Die Einwilligung muss also mehrere Kriterien erfüllen; sie kann grundsätzlich nur durch die betroffene Person abgegeben werden (Rz. 29), sie muss freiwillig (Rz. 30) und durch eine konkrete Handlung (Rz. 33) für einen bestimmten Fall (Rz. 35) und in informierter Form erfolgen (Rz. 36).
Weiterhin muss jede Einwilligung bestimmte Bedingungen erfüllen, die sich unmittelbar aus Art. 7 DSGVO und § 67b Abs. 2 und 3 ergeben.
2.4.1.1 Betroffene Person
Rz. 29
Betroffene Person ist gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO "eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person"; Näheres vgl. die Komm. zu § 67.
Die Befugnis zur Einwilligung ist höchstpersönlich; sie steht der (einwilligungsfähigen) betroffenen Person als Trägerin des Schutzanspruches zu. Ehegatten, Eltern, Verwandte, Bevollmächtigte etc. können nicht anstelle der betroffenen Person einwilligen.
Dies gilt allerdings nur so lange, wie die betroffene Person einwilligungsfähig ist. Einwilligungsfähig ist sie so lange, wie sie einsichtsfähig ist.
Maßstab ist also die Einsichtsfähigkeit der betroffenen Person in die Bedeutung und Tragweite ihrer Einwilligung. Nach § 36 SGB I ist im Sozialleistungsbereich handlungsfähig, wer das 15. Lebensjahr vollendet hat. Hieran orientiert sich grundsätzlich die Einsichts- und damit die Einwilligungsfähigkeit. Für unter 15 Jahre alte betroffene Personen kann der gesetzliche Vertreter handeln.
Einwilligung eines gesetzlichen Betreuers
Grundsätzlich ist bei angeordnetem Aufgabenkreis z. B. der Vermögens- oder Gesundheitsfürsorge nicht davon auszugehen, dass der Betroffene allein mit Blick auf eine angeordnete Betreuung einwilligungsunfähig wäre. Ist er jedoch erklärungs- bzw. einwilligungsunfähig, muss der Betreuer bei Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen seiner Aufgabenkreise als gesetzlicher Vertreter die Einwilligungserklärung für den Betroffenen abgeben.
2.4.1.2 Freiwilligkeit
Rz. 30
Allgemein wird Freiwilligkeit oder auch Willensfreiheit definiert mit der subjektiv empfundenen menschlichen Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Auch der deutsche Gesetzgeber setzt die Fähigkeit der freien Entscheidung des erwachsenen Menschen voraus, indem er in § 104 Nr. 2 BGB im Umkehrschluss die Geschäftsunfähigkeit als einen "die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit" definiert und damit die Willensfreiheit als eine nur im Ausnahmefall wegfallende Grundeigenschaft voraussetzt.
Auch der EG 42 DSGVO stellt darauf ab, dass nur dann von einer freiwillig abgegebenen Einwilligung der betroffenen Person ausgegangen werden kann, "wenn sie eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden".
Rz. 31
Fraglich ist die Freiwilligkeit immer dann, wenn die betroffene Person sich in einer Form von Abhängigkeit zu dem Verantwortlichen befindet; dies gilt insbesondere gegenüber leistungsgewährenden Behörden wie den Stellen nach § 35 SGB I. Laut EG 43 DSGVO sollte die Einwilligung "in besonderen Fällen, wenn zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen ein klares Ungleichgewicht besteht, insbesondere wenn es sich bei dem Verantwortlichen um eine Behörde handelt, und es deshalb in Anbetracht aller Umstände in dem speziellen Fall unwahrscheinlich ist, dass die Einwilligung freiwillig gegeben wurde, keine gültige Rechtsgrundlage liefern". Da über Art. 6 Abs. 1 Bu...