2.1 Informationspflicht des Unfallversicherungsträgers
Rz. 3
Können Verwaltungsverfahren, die zu Entscheidungen führen, die gemäß § 102 formpflichtig sind, oder Widerspruchsverfahren nicht innerhalb von 6 Monaten abgeschlossen werden, muss der Versicherungsträger den Versicherten über den Sachstand des Verfahrens unterrichten. Danach besteht jeweils eine Informationspflicht nach Ablauf von je weiteren 6 Monaten. Dies betrifft Verfahren, die folgenden Entscheidungen dienen:
- erstmalige Entscheidung über Rentengewährung oder Ablehnung bezüglich aller in Betracht kommender Renten, auch als vorläufige Entschädigung oder Gesamtvergütung,
- Entscheidung über Rentenerhöhung, Herabsetzung oder Entziehung wegen Änderung der tatsächlichen (gesundheitlichen) Verhältnisse (§ 48 SGB X, § 73),
- laufende Beihilfen,
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit,
- Widerspruchsbescheide.
Rz. 4
Über den Beginn der Frist enthält die Vorschrift nichts. Nach Sinn und Zweck beginnt sie mit der Kenntnis des Unfallversicherungsträgers von dem Zeitpunkt der Entstehung eines möglichen Anspruchs (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 103 Rz. 3). Das kann die Unfallmeldung des Arbeitgebers sein oder die Anzeige des Durchgangsarztes oder sonstige Kenntnisnahme. Jedenfalls beginnt die Frist mit dem Eingang eines Antrags auf Gewährung von Leistungen bzw. mit dem Eingang des Widerspruchs. Die Vorschrift korrespondiert mit § 17 Abs. 1 SGB I, wonach Leistungsträger verpflichtet sind, Berechtigten so umfassend und schnell wie möglich die ihnen zustehenden Leistungen zu gewähren. Die Zwischennachricht ermöglicht auch, von Seiten des Versicherten Informationen und Tatsachen einzubringen, die bis dahin übersehen worden sind. Sie ist auch deshalb zwingend schriftlich zu erteilen (vgl. Hauck/Freund, SGB VII, § 103 Rz. 4). Die Zwischennachricht ist kein Verwaltungsakt, weil ihr der Regelungsgehalt fehlt. Sie muss deshalb ggf. mit der allgemeinen Leistungsklage eingefordert werden.
2.2 Teilnahmeberechtigung des Versicherten und Hinterbliebenen
Rz. 5
Die Teilnahmeberechtigung stärkt zum einen die Position des Berechtigten im Verwaltungsverfahren, zum anderen gibt sie Gelegenheit, spezielle Kenntnisse oder Erfahrungen des Versicherten mit in die Untersuchung einzubringen. Es besteht ein Recht zur Teilnahme, keine Pflicht.
Rz. 6
Die Vorschrift bezieht sich entgegen der Überschrift im Gesetzestext auf jeden Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung, also auf den Arbeitsunfall und auf die Berufskrankheit. Um die Vorschrift anzuwenden, ist der Versicherungsfall nicht Voraussetzung. Auch auf Untersuchungen, um festzustellen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, ist sie anzuwenden. Sie bezieht sich auf Untersuchungen leistungsrelevanter Tatsachen. Zum Regelungsgehalt gehören deshalb nicht Untersuchungen, die rein präventiven Charakter haben oder wegen Regressmaßnahmen oder wegen der Verhängung von Bußgeldern durchgeführt werden (Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 103 Rz. 4). Darüber hinaus enthält die Vorschrift eine örtliche und inhaltliche Begrenzung zum Anwendungsbereich. Die Bezeichnung "am Arbeitsplatz" und "am Unfallort" greift die Anwendung für alle Versicherungsfälle auf. Mit "am Arbeitsplatz" sind Untersuchungen anlässlich einer Berufskrankheit gemeint. Dadurch werden alle Gefahrenquellen erfasst, soweit sie Einfluss auf das Arbeitsumfeld des Versicherten gehabt haben können. Der Unfallort kann der Arbeitsplatz sein, aber auch der Ort, an dem der Unfall aus Anlass der Arbeit oder auf dem Weg von der Arbeit oder dorthin geschehen ist (Wegeunfall). Inhaltlich muss die Untersuchung entsprechend der örtlichen Begrenzung gefahrbezogen sein. Eine reine Zeugenvernehmung, wenn sie auch am Arbeitsplatz stattfindet, ist keine Untersuchung am Arbeitsplatz. Ebenso ist die Einsicht in betriebliche Unterlagen keine Untersuchung am Arbeitsplatz (Schmitt, SGB VII, § 103 Rz. 6). Auch alle übrigen Ermittlungen außerhalb des Unfallorts und des Arbeitsplatzes unterfallen nicht der Beteiligungspflicht durch den Unfallversicherungsträger. Hier steht eine Beteiligung des Versicherten in dessen Ermessen.
Rz. 7
Versicherte und Hinterbliebene müssen ihre Teilnahmerechte nicht persönlich wahrnehmen. Sie können sich auch durch Bevollmächtigte (§ 13 Abs. 1 SGB X) oder Beistände (§ 13 Abs. 4 SGB X) vertreten lassen. Die Kosten der Teilnahme hat der Versicherte wie der Hinterbliebene selbst zu tragen.
2.2.1 Teilnahmerecht des Versicherten
Rz. 8
Die Realisierung des Teilnahmerechts setzt eine rechtzeitige Mitteilung über die relevante Untersuchung voraus. Drohen Beweismittel unterzugehen oder besteht ein ähnlicher Grund, der eine eilige Untersuchung erfordert, geht die Beweissicherungspflicht des Versicherungsträgers dem Beteiligungsrecht des Versicherten vor (Hauck/Freund, SGB VII, § 103 Rz. 5). Dem Versicherten ist dann Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich des Untersuchungsergebnisses zu geben.
2.2.2 Teilnahmerecht der Hinterbliebenen
Rz. 9
Das Teilnahmerecht für Hinterbliebene setzt zum einen eine mögliche Betroffenheit im Sinne eines möglichen eigenen Anspruchs und ein entsprechendes Verlangen voraus. Von Amts wegen muss der Versicherungsträger die Hinterbliebenen nicht beteiligen....