Rz. 5
Die Teilnahmeberechtigung stärkt zum einen die Position des Berechtigten im Verwaltungsverfahren, zum anderen gibt sie Gelegenheit, spezielle Kenntnisse oder Erfahrungen des Versicherten mit in die Untersuchung einzubringen. Es besteht ein Recht zur Teilnahme, keine Pflicht.
Rz. 6
Die Vorschrift bezieht sich entgegen der Überschrift im Gesetzestext auf jeden Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung, also auf den Arbeitsunfall und auf die Berufskrankheit. Um die Vorschrift anzuwenden, ist der Versicherungsfall nicht Voraussetzung. Auch auf Untersuchungen, um festzustellen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, ist sie anzuwenden. Sie bezieht sich auf Untersuchungen leistungsrelevanter Tatsachen. Zum Regelungsgehalt gehören deshalb nicht Untersuchungen, die rein präventiven Charakter haben oder wegen Regressmaßnahmen oder wegen der Verhängung von Bußgeldern durchgeführt werden (Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 103 Rz. 4). Darüber hinaus enthält die Vorschrift eine örtliche und inhaltliche Begrenzung zum Anwendungsbereich. Die Bezeichnung "am Arbeitsplatz" und "am Unfallort" greift die Anwendung für alle Versicherungsfälle auf. Mit "am Arbeitsplatz" sind Untersuchungen anlässlich einer Berufskrankheit gemeint. Dadurch werden alle Gefahrenquellen erfasst, soweit sie Einfluss auf das Arbeitsumfeld des Versicherten gehabt haben können. Der Unfallort kann der Arbeitsplatz sein, aber auch der Ort, an dem der Unfall aus Anlass der Arbeit oder auf dem Weg von der Arbeit oder dorthin geschehen ist (Wegeunfall). Inhaltlich muss die Untersuchung entsprechend der örtlichen Begrenzung gefahrbezogen sein. Eine reine Zeugenvernehmung, wenn sie auch am Arbeitsplatz stattfindet, ist keine Untersuchung am Arbeitsplatz. Ebenso ist die Einsicht in betriebliche Unterlagen keine Untersuchung am Arbeitsplatz (Schmitt, SGB VII, § 103 Rz. 6). Auch alle übrigen Ermittlungen außerhalb des Unfallorts und des Arbeitsplatzes unterfallen nicht der Beteiligungspflicht durch den Unfallversicherungsträger. Hier steht eine Beteiligung des Versicherten in dessen Ermessen.
Rz. 7
Versicherte und Hinterbliebene müssen ihre Teilnahmerechte nicht persönlich wahrnehmen. Sie können sich auch durch Bevollmächtigte (§ 13 Abs. 1 SGB X) oder Beistände (§ 13 Abs. 4 SGB X) vertreten lassen. Die Kosten der Teilnahme hat der Versicherte wie der Hinterbliebene selbst zu tragen.
2.2.1 Teilnahmerecht des Versicherten
Rz. 8
Die Realisierung des Teilnahmerechts setzt eine rechtzeitige Mitteilung über die relevante Untersuchung voraus. Drohen Beweismittel unterzugehen oder besteht ein ähnlicher Grund, der eine eilige Untersuchung erfordert, geht die Beweissicherungspflicht des Versicherungsträgers dem Beteiligungsrecht des Versicherten vor (Hauck/Freund, SGB VII, § 103 Rz. 5). Dem Versicherten ist dann Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich des Untersuchungsergebnisses zu geben.
2.2.2 Teilnahmerecht der Hinterbliebenen
Rz. 9
Das Teilnahmerecht für Hinterbliebene setzt zum einen eine mögliche Betroffenheit im Sinne eines möglichen eigenen Anspruchs und ein entsprechendes Verlangen voraus. Von Amts wegen muss der Versicherungsträger die Hinterbliebenen nicht beteiligen. Dennoch müssen sie in gleicher Weise wie Versicherte rechtzeitig informiert werden, damit sie von ihrem Recht überhaupt Gebrauch machen können (Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 103 Rz. 8; gegen eine generelle Benachrichtigungspflicht für Hinterbliebene: Kunze, in: LPK-SGB VII, § 103 Rz. 4; Schmitt, SGB VII, § 103 Rz. 7; Lauterbach/Fröde, SGB VII, § 103 Rz. 16). Dies gilt, soweit die Hinterbliebenen bekannt sind. Weitergehende Ermittlungen hierzu sind jedoch nicht erforderlich (Hauck/Freund, SGB VII, § 103 Rz. 6).
2.2.3 Rechtsfolgen bei Verstoß
Rz. 10
Werden die in § 103 normierten Teilnahmerechte nicht beachtet, führt dies zu einem Verfahrensmangel, nicht zur Nichtigkeit. Die Beteiligung kann bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 1 SGB X). Ist eine Teilnahme nicht mehr möglich, genügt es, dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 103 Rz. 7). Wird der Verfahrensmangel nicht geheilt, gilt § 42 SGB X, wonach eine Aufhebung nicht verlangt werden kann, wenn in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre.