Rz. 4

§ 11 gilt nur für Versicherungsfälle, die nach dem 1.1.1997 eintreten, § 212 (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 10.6.1999, L 5 U 68/98, HVGB-Info 2000 S. 544). Problematisch ist, ob unter dem Begriff des Versicherungsfalls der Erst- oder der Zweitunfall zu verstehen ist. Entscheidend für die Anwendung des § 11 ist der Zeitpunkt des Eintritts des Zweit­unfalls, nicht derjenige des Erstunfalls. Die Vorschrift beschreibt einen gedehnten Versicherungsfall, der erst abgeschlossen ist, wenn die letzte Schadensfolge eingetreten ist. Mittelbare Unfallfolgen sind auch solche, die bei der Erkennung oder Behandlung von Folgen des Versicherungsfalls eingetreten sind (Hessisches LSG, Urteil v. 15.6.2010, L 3 U 22/07). Weil § 11 bei einer Gesamtbetrachtung durch die Ausdehnung auf Maßnahmen nach § 3 BKV die Rechtslage im Vergleich mit dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht § 555 RVO zugunsten der Versicherten verbessert, ist er bereits dann anzuwenden, wenn die Gesetzesänderung vor dem Eintritt des Zweitunfalls in Kraft getreten ist. Insoweit entspricht die Rechtslage derjenigen bei § 63 Abs. 2, bei dem der Eintritt des Todes entscheidet.

Dass § 11 keinen eigenständigen Versicherungsfall darstellt, sondern nur die gesetzliche Zurechnung mittelbarer Folgen zu einem Erstversicherungsfall regelt, steht nicht entgegen. Diesem Gesichtspunkt wird dadurch Rechnung getragen, dass es für den Erstunfall bei der Rechtslage im Zeitpunkt seines Eintretens verbleibt. Nur die besonderen weiteren Verrichtungen, die § 11 kraft Gesetzes zurechnet, bestimmen sich nach der neuen Rechtslage (vgl. BSG, Urteil v. 30.6.1965, 2 RU 175/63, BSGE 23 S. 139, 141 ff.). Abschließend zeigt auch der Vergleich mit dem Versicherungsfall der Berufskrankheit, dass Versicherungsfall nicht im engen Sinne zu verstehen ist, sondern der Leistungsfall entscheidend sein kann.

 
Praxis-Beispiel

Bei einem Versicherten wurde im September 1996 Lungenkrebs nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV (sog. Berufskrankheitenliste) als Berufskrankheit anerkannt. Am 2.1.1997 verunglückt er auf dem Heimweg von einer Röntgenuntersuchung mit seinem Pkw. § 11 ist anwendbar.

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