Rz. 6
Anspruchsberechtigte sind neben der Unfallversicherung alle Sozialversicherungsträger, die wegen des Versicherungsfalles im Sinne der Unfallversicherung Leistungen erbracht haben bzw. erbringen. Dazu können gehören:
- der Rentenversicherungsträger (Erwerbsminderungsrente wegen gesundheitlicher Folgen des Versicherungsfalls, soweit sie nach § 93 SGB VI zu zahlen ist. Für die ganz h. M.: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 2.5 m. w. N.);
- die Bundesanstalt für Arbeit ist nicht Sozialversicherungsträger i. S. d. § 110 Abs. 1 Satz 1 und daher nicht anspruchsberechtigt. Der BGH hat diese zuvor streitige Fragestellung entschieden (Urteil v. 17.10.2017, VI ZR 477/16); so zutreffend Ricke, in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 6d;
- die Pflegekassen (Pflegeleistungen wegen gesundheitlicher Folgen des Versicherungsfalls, soweit sie die der Unfallversicherung überschreiten).
Rz. 7
Im Übrigen gehen die Leistungen anderer Sozialversicherungsträger denen der Unfallversicherung nach, sodass grundsätzlich weder Leistungen noch daraus resultierende Regresse in Betracht kommen (Ricke, in: Beck OGK, SGB VII, § 110 Rz. 2). Leistet dennoch ein unzuständiger Sozialversicherungsträger (z. B. eine Krankenversicherung), so ist auch dieser regressberechtigt. Sein Erstattungsanspruch nach §§ 103, 105 SGB X gegenüber dem eigentlich Verpflichteten mindert sich dann allerdings entsprechend (Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 7).
Rz. 8
Zum Ersatz des verursachten Schadens verpflichtet sind quasi als Kehrseite ihrer Privilegierung alle, die durch die Regelung der §§ 104 bis 107 begünstigt werden:
- Zum Ersatz verpflichtet sind zunächst alle Schädiger, deren Haftung tatsächlich unter Erfüllung aller Voraussetzungen nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist (Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 8; Ricke, in: Beck OGK, SGB VII, § 110 Rz. 8). Die bloße Möglichkeit, in der Haftung privilegiert zu sein, reicht insoweit nicht aus (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 3; Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 8).
- Die nach §§ 104 bis 107 Privilegierten haften den Sozialversicherungsträgern auch dann, wenn die Privilegierung wegen der Entsperrung des Haftungsausschlusses (vgl. die Komm. zu § 104) nur deshalb nicht eingreift, weil sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben oder der Versicherungsfall ein Wegeunfall i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 gewesen ist (BGH, Urteil v. 10.12.1974, VI ZR 73/73; Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 8; Hauck/Kranigs, SGB VII, § 110 Rz. 8; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 6). Eine – über § 111 Satz 1 hinausgehende –Zurechnung des Verschuldens sonstiger Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben, nach § 278 BGB kommt nicht in Betracht (BGH, Urteil v. 9.12.2021, VII ZR 170/19).
- Der Kfz-Haftpflichtversicherer, gegen den der Geschädigte unmittelbar Ansprüche geltend machen kann, ist nach § 3 Nr. 1 PflichtVG den Sozialversicherungen zum Schadensersatz verpflichtet (allg. Meinung: Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 9; Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 8; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 6; Ricke, in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 7; krit. zur Stellung des Haftpflichtversicherers im Verfahren vgl. Komm zu § 109).
- Fallen die eigentlich zum Schadensersatz Verpflichteten wegen Todes aus, haften für sie ihre Erben (BGH, Urteil v. 23.11.1971, VI ZR148/70; Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 9; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 3; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 6).
Rz. 9
Bei Leiharbeitnehmern, die einen Versicherungsfall erleiden, sind sowohl der Stammunternehmer als auch der Fremdunternehmer gesamtschuldnerisch regresspflichtig (Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 9). Wenn ein Beamter Schädiger ist, kann er grundsätzlich in Regress genommen werden. Art. 34 GG steht einer Inanspruchnahme durch den Sozialversicherungsträger nicht entgegen (BGH, Urteil v. 27.11.1984, VI ZR 296/81; Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 9). Bei schweren Schäden wird der Versicherungsträger jedoch nach Abs. 2 auf einen Regress verzichten müssen, da eine existenzvernichtende Inanspruchnahme vermieden werden soll. Bei Familienangehörigen als Schädiger gilt § 86 Abs. 3 VVG nicht entsprechend. Auch sie können in Regress genommen werden (Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 9; BGH, Urteil v. 16.8.2016, VI ZR 497/15; Urteil v. 18.10.1977, VI ZR 62/76).