Rz. 22
Während die anderen Leistungen der Unfallversicherung von Amts wegen gewährt werden, ist der Ersatz der Sachschäden und Aufwendungen von dem Antrag des Berechtigten abhängig. Diese Gestaltung räumt dem Geschädigten ein Wahlrecht ein. Er kann entweder seine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche selbst einfordern und durchsetzen oder auf seinen Antrag hin die Leistungen der Unfallversicherung in Anspruch nehmen. Wählt er die zweite Alternative, werden ihm die Mühe und das Risiko der Rechtsverfolgung abgenommen. Zum Ausgleich dafür gehen seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Schädiger durch gesetzlichen Forderungsübergang auf den Unfallversicherungsträger über.
Beispiele:
- Kann der Geschädigte das Verschulden des Geschädigten nicht nachweisen, ist die verschuldensunabhängige Haftung der Unfallversicherung vorteilhaft.
- Trifft den Geschädigten ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens oder wurde eine Haftungsbeschränkung vereinbart und wäre der zivilrechtliche Anspruch deshalb geringer oder ausgeschlossen, ist für den Geschädigten der Antrag an den Sozialversicherungsträger die günstigere Variante; denn im Rahmen der Unfallversicherung führt nur vorsätzliche Herbeiführung zum Leistungsausschluss (§ 101 Abs. 2), nicht schon Mitverschulden in Form von Fahrlässigkeit. Allerdings kann grobe Fahrlässigkeit die Erforderlichkeit der Aufwendungen entfallen lassen.
- Auch wenn der Anspruch gegen den Schädiger selbst durchgesetzt werden muss, weil der Versicherte Schmerzensgeld wegen eines gleichzeitig erlittenen Körperschadens beansprucht, können die Sachschäden oder Aufwendungen von der Unfallversicherung beansprucht werden; das minimiert das Risiko und senkt die Prozesskosten.
Der Antrag ist form- und fristlos. Zu beachten ist aber § 45 SGB I. Der Ersatzanspruch verjährt 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist.
Am 2.9.2006 wurde bei dem Versuch, einen Ladendieb zu stellen, das Jacket des Helfers zerrissen. Der Antrag des Helfers muss bis zum Ablauf des 31.12.2010 gestellt sein. Fristwahrend wirkt auch der Antrag bei einem unzuständigen Sozialleistungsträger oder einer Gemeinde (§ 16 SGB I).
Rz. 23
Die Zuständigkeit richtet sich nach der versicherten Tätigkeit. Sowohl bei Tätigkeiten für Hilfeleistungsorganisationen und Zivilschutzorganisationen nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 als auch bei einer Hilfeleistung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a und c ist die Unfallkasse des Bundeslandes als Eigenversicherer gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 zuständig, für Tätigkeiten nach Nr. 11 der Bund, die Unfallkasse des Landes oder der Gemeinde, je nachdem wer Träger der Behörde ist, die die Heranziehung anordnet (vgl. Komm. zu § 128).
Steht eine Verrichtung sowohl als Beschäftigung als auch als Nothilfe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, geht die Beschäftigungsversicherung vor; es kommt weder darauf an, welchem Zweck die Tätigkeit vorrangig gedient hat (Handlungstendenz), noch auf die Frage, ob die Rettungshandlung die Hauptpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis darstellt (BSG, Urteil v. 18.3.2008, B 2 U 12/07 R, NZS 2009 S. 227).
Der Versicherte K fuhr mit seinem privaten Pkw in Begleitung eines Praktikanten auf der Autobahn zwischen einer Baustelle und der Betriebsstätte seines Arbeitgebers. Ihm platzte ein Hinterreifen des Pkw, der Pkw schleuderte, prallte gegen die rechte Leitplanke und blieb in Fahrtrichtung auf der rechten Standspur liegen. Der Beifahrer zog sich eine Kopfprellung und eine Gehirnerschütterung zu. K erlitt ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. K verließ das Fahrzeug und wollte zur Absicherung der Unfallstelle das Warndreieck aus dem Kofferraum nehmen. Dabei fiel ihm der defekte Kofferraumdeckel auf die linke Hand. Der linke Ringfinger musste schließlich amputiert werden. Zuständig ist der Unfallversicherungsträger nach § 135 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1.
Rz. 23a
Ein bei einem unzuständigen Leistungsträger oder einer unzuständigen Gemeinde bzw. im Ausland bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gestellter Antrag auf Sachschadens- oder Aufwendungsersatz ist wirksam (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Die unzuständige Stelle hat den Antrag unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I). Der Antrag gilt in diesem Fall als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei der unzuständigen Stelle eingegangen ist (§ 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I).