Rz. 7
Abs. 3 regelt das Ende des Anspruchs von Verletztengeld. Hieran knüpft § 72 Abs. 1 Nr. 1 den Beginn der Renten an Versicherte. Weitere in Betracht kommende Zeitpunkte des Rentenbeginns regelt § 72 Abs. 1 Nr. 2. Der Anspruch auf Verletztengeld unterliegt grundsätzlich keiner zeitlichen Beschränkung (BSG, Urteil v. 30.10.2007, B 2 U 31/06 R), es sei denn, es liegt einer der Beendigungstatbestände nach Abs. 3 vor.
2.3.1 Ende der Arbeitsunfähigkeit, der Heilbehandlungsmaßnahme oder Anspruch auf Übergangsgeld
Rz. 8
Der Anspruch auf Verletztengeld endet mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit (Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1). Die Regelung betrifft den Normalfall, in dem durch die Heilbehandlungsmaßnahmen Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt worden ist oder eine verweisbare Tätigkeit für den Versicherten gefunden wurde (vgl. dazu Komm. zu § 45).
Nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 endet das Verletztengeld, wenn die Heilbehandlungsmaßnahme den Versicherten nicht mehr an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.
Rz. 9
Verletztengeld wird zumeist aufgrund des Auftrages des Unfallversicherungsträgers durch die Krankenkasse gezahlt, wobei die Dauer der Auszahlung von der Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit infolge Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit abhängt. Unabhängig davon, ob die Auszahlung als Realakt oder als Zahlung aufgrund einer auf die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit befristeten Bewilligung rechtlich eingestuft wird, kann die Zahlung bei Beendigung der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ohne Aufhebungsbescheid und ohne vorherige Anhörung eingestellt werden.
Rz. 10
Wird hingegen durch Bescheid Verletztengeld ohne Befristung bewilligt, so kann der Unfallversicherungsträger die Bewilligung nur nach Anhörung (§ 24 SGB X) durch Bescheid (gemäß § 48 Abs. 1 SGB X) aufheben. Der Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG), die erst mit Erhebung der Anfechtungsklage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Rz. 11
Der Anspruch auf Verletztengeld besteht auch dann weiter, wenn das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis inzwischen beendet ist (z. B. durch Zeitablauf bei Befristung), der Versicherte aber immer noch arbeitsunfähig ist (Schur, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 46 Rz. 8; BSG, Urteil v. 26.5.1982, 2 RU 41/81; entsprechend beim Krankengeld: BSG, Urteil v. 14.2.2001, B 1 KR 30/00 R). Der Verletztengeldanspruch ist nach seinem Entstehen unabhängig von dem zugrunde liegenden Entgeltanspruch.
Rz. 12
Eine Beendigung des Anspruchs auf Verletztengeld tritt überdies einen Tag, vor dem ein Anspruch auf Übergangsgeld i. S. d. § 49 entsteht, ein (Abs. 3 Satz 1 Nr. 2). Übergangsgeld wird für die Zeit gezahlt, in der infolge des Versicherungsfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden (im Einzelnen vgl. Komm. zu § 49). Es geht dem Verletztengeld vor.
2.3.2 Kein Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit und keine berufliche Rehabilitation
Rz. 13
Schließlich endet der Anspruch auf Verletztengeld gemäß Abs. 3 Satz 2, wenn nicht mehr damit zu rechnen ist, dass Arbeitsfähigkeit wieder eintritt und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, aber nur dann, wenn einer der Beendigungstatbestände nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 gegeben ist. Hierdurch wird der Charakter des Verletztengeldes als vorübergehende Leistung gewahrt. Die Möglichkeit des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit ist regelmäßig durch ein medizinisches Sachverständigengutachten festzustellen. Maßgeblich sind hier auch Tätigkeiten, auf die der Versicherte verwiesen werden kann. Regelmäßig fallen unter Abs. 3 Satz 2 die Fälle der Schwerstverletzten (z. B. Pflegefall) oder von Verletzungen, die die bisherige Tätigkeit ausschließen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 35 i. V. m. §§ 33 bis 38 SGB IX können z. B. wegen Alters des Versicherten nicht mehr zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit geeignet sein. Zur Frage, ob auch Maßnahmen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben fallen, vgl. Benz/Köllner, BG 2000, 39, 40. Jedenfalls führen nur solche (qualifizierte) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, zum Ende des Anspruchs auf Verletztengeld (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.1.2016, L 1 U 4104/14 mit Hinweis auf BSG, Urteil v. 13.9.2005, B 2 U 4/04 R). Dies folgt auch aus dem Zusammenspiel von § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2.
Rz. 13a
Das Ende des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 ist durch Verwaltungsakt festzustellen, weil es eine Prüfung i. S. einer Prognoseentscheidung erfordert. Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers an. Eine rückwirkende Feststellung der Voraussetzungen einer Beendigung des Verletztengeldanspruchs kommt dabei nicht in Betracht (BSG, Urteil v. 13.9.2005, B 2 U 4/04 R). Dem Unfallversicherungsträger steht dabei kein Beurteilungs- oder Ermessenss...