Folgen der Aufforderung


Rentenantrag nach Reha: Folgen für Versicherte

Sobald die Aufforderung ausgesprochen ist, verliert der Versicherte weitgehend seinen Einfluss auf das weitere Verfahren. Er kann natürlich den Reha-Antrag unterlassen. Davon ist aber wegen nachteiliger Folgen dringend abzuraten.

Die Aufforderung wirkt sich zunächst nicht auf das Krankengeld aus. Die Krankenkasse zahlt die Leistung weiterhin wie gewohnt. Kommt es zur Reha durch die RV (medizinische Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben), wird das Krankengeld durch das deutlich niedrigere Übergangsgeld der RV ersetzt. Die Differenz zwischen dem Übergangsgeld und dem Krankengeld (Krankengeldspitzbetrag) wird nicht ausgezahlt. Die Zeiten, in denen das Krankengeld ruht, werden allerdings auf den zeitlichen Höchstanspruch auf Krankengeld angerechnet.

Krankengeld nach Reha: Fristablauf bringt Krankengeldanspruch in Gefahr

Abzuraten ist davon, die von der Krankenkasse gesetzte Frist von 10 Wochen ablaufen zu lassen, ohne einen Reha-Antrag zu stellen oder einen gestellten Antrag ohne Zustimmung der Krankenkasse zurückzunehmen oder einzuschränken. Dann ist die Krankenkasse nämlich berechtigt, die Krankengeldzahlung mit dem letzten Tag der Frist einzustellen. Das Krankengeld fällt weg.

Hinweis: Obwohl das Krankengeld nach dem Ende der Frist nicht mehr gezahlt wird (wegfällt) bleibt das Stammrecht des Versicherten auf Krankengeld aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit erhalten.

Es kann aber auch sein, dass die RV eine Rente zubilligt. Dann stellt die Krankenkasse die Krankengeldzahlung ein, wenn der Rentenbescheid bei ihr eingeht.

Auch das kommt in der Praxis vor: Versicherte versäumen es, den Reha-Antrag innerhalb der 10-Wochen-Frist zu stellen und das Krankengeld wird mit Fristablauf eingestellt. Der zunächst unterlassene Antrag kann dann nachgeholt werden. Damit lebt mit Antragsdatum das Krankengeld wieder auf. Die zurückliegende Zeit wird jedoch nicht nachgezahlt.

Ärztliche Feststellung einer Fortsetzungserkrankung

Damit das Stammrecht erhalten bleibt und das Krankengeld bei einem verspäteten Antrag wiederaufleben kann, ist die Arbeitsunfähigkeit fortlaufend ärztlich festzustellen. Das hat spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit zu geschehen. Damit bleibt das Stammrecht auf Krankengeld erhalten, obwohl die Zahlung eingestellt wird.

Beispiel: Die Frist für den Reha-Antrag endet nach einer wirksamen Aufforderung mit dem 6.3.2023. Die Arbeitsunfähigkeit wurde zuletzt bis zum 18.3.2023 (Samstag) ärztlich bescheinigt. Die Fortsetzung der Arbeitsunfähigkeit ist spätestens am 20.3.2023 (Montag) ärztlich festzustellen und zu bescheinigen.

Meldung der Arbeitsunfähigkeit

Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit ist der Krankenkasse für jeden bescheinigten Zeitraum innerhalb einer Woche nach seinem Beginn zu melden.

Beispiel: Am 20.3.2023 wird die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt und bescheinigt. Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit ist der Krankenkasse innerhalb einer Woche bis zum 27.3.2023 zu melden.

Hinweis: Beim zeitlichen Höchstanspruch auf Krankengeld wird die Zeit zwischen Wegfall und Wiederaufleben nicht berücksichtigt.

Dispositionsrecht geht verloren

Ohne von der Krankenkasse aufgefordert worden zu sein, entscheidet ausschließlich der Versicherte über seine Ansprüche gegen die RV. Selbst wenn ein Reha-Antrag gestellt und durch die RV wegen fehlender Erfolgsaussichten in einen Rentenantrag umgewandelt wird, kann der Versicherte dem widersprechen, den Rentenantrag zu einem späteren Zeitpunkt stellen oder bereits gestellte Anträge zurücknehmen. Er hat also ein Dispositionsrecht.

Durch die Aufforderung der Krankenkasse verliert der Versicherte dieses Recht. Er kann nicht mehr eigenständig über seine Ansprüche gegen die RV entscheiden. Der Versicherte muss sich dazu mit seiner Krankenkasse abstimmen und ihre Zustimmung einholen, um einen späteren Rentenbeginn zu erzielen. Der Versicherte kann die Zustimmung von der Krankenkasse verlangen und ggf. klageweise durchsetzen. Wird die Zustimmung nicht oder nicht im Sinne des Versicherten erteilt, sind dagegen ein Widerspruch und ggf. eine anschließende Klage zulässig.

Auch die RV hat die Aufforderung zu beachten

Die RV wird durch die Krankenkasse über die Aufforderung zum Reha-Antrag informiert. Damit ist auch dort bekannt, dass der Versicherte nur noch dann Einfluss auf das Verfahren nehmen kann, wenn die Krankenkasse zustimmt.

Die RV prüft aufgrund des Antrags zunächst den Anspruch des Versicherten auf Leistungen zur Teilhabe. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind und insbesondere eine geminderte Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann, wird dem Antrag entsprochen. Mit der Reha-Maßnahme übernimmt die RV auch die Geldleistungen und zahlt ein Übergangsgeld. Krankengeld wird in dieser Zeit nicht gezahlt.

Hinweis: Das Übergangsgeld ist niedriger als das Krankengeld. Dafür gilt ein gesetzliches „Aufstockungsverbot“. Ein zusätzliches Krankengeld (Krankengeld-Spitzbetrag) wird nicht gezahlt.

Wann wird ein Reha-Antrag in einen Rentenantrag "umgewandelt"

Anders sieht es aus, wenn ein Erfolg medizinischer Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe nicht zu erwarten ist. Dann wird der ursprüngliche Reha-Antrag automatisch in einen Rentenantrag umgewandelt. Das gilt übrigens auch, wenn eine Maßnahme zur Rehabilitation nicht mit dem gewünschten Erfolg beendet wurde.

Die RV leitet dann „automatisch“ ein Rentenverfahren ein. Darin wird geprüft, ob und ggf. in welcher Höhe eine Rente zuzubilligen ist. In jedem Fall wird am Ende des Verfahrens ein schriftlicher Bescheid erlassen.

Widerspruch gegen Umwandlung von Reha- in Rentenantrag bei „berechtigtem Interesse“

Ein Versicherter, der von seiner Krankenkasse zum Reha-Antrag aufgefordert wurde und ihn auch gestellt hat, darf diesen gegenüber der RV nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse

  • wirksam zurücknehmen,
  • beschränken oder
  • der Umwandlung in einen Rentenantrag widersprechen.

Die Krankenkasse muss dem Wunsch des Versicherten zustimmen, wenn der Versicherte ein berechtigtes Interesse daran hat. Ein berechtigtes Interesse ergibt sich z. B., wenn

  • durch einen Rentenantrag aufgrund tarifvertraglicher (arbeitsrechtlicher) Regelungen der Arbeitsplatz gefährdet ist,
  • ein Anspruch auf Betriebsrente durch einen frühzeitigen Rentenbeginn verloren ginge,
  • durch einen späteren Rentenbeginn eine qualifizierte Wartezeit in der RV und damit ein höherer Rentenanspruch erreicht werden könnte,
  • urch einen späteren Rentenbeginn die Voraussetzungen für die Krankenversicherung der Rentner erfüllt werden könnten.

Das bloße Interesse des Versicherten daran, das Krankengeld möglichst lange anstatt einer niedrigeren Rente zu beziehen, ist kein ausreichender Grund, die Zustimmung der Krankenkasse zu fordern.

Beispiel (berechtigtes Interesse): Ein Versicherter stellt nach Aufforderung seiner Krankenkasse bei der RV einen Antrag auf Reha-Maßnahmen. Dieser soll wegen fehlender Erfolgsaussichten in einen Rentenantrag umgewandelt werden. Eine Rentenleistung würde am 1.5.2023 beginnen. Wenn der Rentenbeginn auf den 1.10.2023 hinausgeschoben würde, könnte der Versicherte die Wartezeit von 45 Jahren für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllen. Der Versicherte hat daran ein berechtigtes Interesse. Die Krankenkasse muss dem zustimmen.

Wie steht es um den Versicherungsschutz?

Solange Krankengeld, Übergangsgeld oder Rente bezogen werden besteht, kein Grund zur Sorge. Insbesondere während der Zeit, in der Krankengeld oder Übergangsgel bezogen wird, beteiligt sich der Versicherte auch nicht an den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Erst wenn es im schlimmsten Fall dazu kommt, dass die Krankenkasse das Krankengeld einstellt, wird´s eng.
Besteht die Arbeitsunfähigkeit weiterhin, bleibt auch die Versicherung (beitragsfrei) bestehen. Das setzt voraus, dass sie rechtzeitig ärztlich festgestellt und der Krankenkasse fristgerecht gemeldet wird. 

Oft unterlässt es der Versicherte, die Arbeitsunfähigkeit weiter feststellen zu lassen und zu melden. Dann schließt sich automatisch eine Versicherung an, für die der Versicherte selbst die Beiträge aufbringen muss (obligatorische Anschlussversicherung). Ein Krankengeldanspruch ist darin nicht enthalten. Alternativ kann eine beitragsfreie Familienversicherung durchgeführt werden, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Hinweis: Die Beiträge für eine obligatorische Anschlussversicherung sind auch bei fehlendem Einkommen zu zahlen. Wenn Versicherte es bewusst unterlassen, einen Reha-Antrag zu stellen und das Krankengeld wegfällt empfiehlt sich, weiterhin die Arbeitsunfähigkeit fristgerecht ärztlich feststellen zu lassen und der Krankenkasse zu melden.

Achtung bei bereits gestelltem Reha- oder Rentenantrag

Krankenkassen „schieben“ auch gerne eine Aufforderung nach, wenn der Versicherte bereits selbst einen Reha- oder Rentenantrag gestellt hat. Der Vorteil für die Krankenkasse liegt auf der Hand. Trotz des freiwillig gestellten Antrags verliert der Versicherte durch die „nachgeschobene“ Aufforderung sein Dispositionsrecht. Die Einleitung eines Rentenverfahrens kann er dann z. B. nicht verhindern.