Finanzentwicklung Krankenkassen

Die 95 gesetzlichen Krankenkassen haben in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres ein Defizit in Höhe von 2,2 Milliarden Euro erzielt. Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen zum Ende des 1. Halbjahres rund 6,2 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,23 Monatsausgaben. Die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve beträgt 0,2 Monatsausgaben.

Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 159,1 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 161,3 Milliarden Euro gegenüber. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,4 Prozent einen Zuwachs von 7,3 Prozent.

Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag im August mit 1,78 Prozent um 0,08 über dem Ende Oktober 2023 für das Jahr 2024 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz. Zu Jahresbeginn lag der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz bei 1,70 Prozent. Bis August 2024 haben 22 Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz unterjährig angehoben.

Unterschiedliche Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Die Ersatzkassen erzielten ein Defizit von 859 Millionen Euro, die Ortskrankenkassen von 721 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen von 366 Millionen Euro, die Innungskrankenkassen von 161 Millionen Euro und die Knappschaft von 43 Millionen Euro. Die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende Landwirtschaftliche Krankenkasse verbuchte ein Defizit von 8 Millionen Euro.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2024 über eine Liquiditätsreserve von rund 9,4 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete im 1. Halbjahr 2024 ein Defizit von 6,3 Milliarden Euro. Ein Teil des Defizits ist saisonüblich: So fließen die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen, während die Einnahmen unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im 4. Quartal aufgrund der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld höher ausfallen. Ein Teil des Defizits resultiert daraus, dass im Jahr 2024 insgesamt 3,1 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve an die Krankenkassen ausgeschüttet werden, um die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen zu stabilisieren.

Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,5 Prozent. Verantwortlich für die weiterhin gute Einnahmenentwicklung im 1. Halbjahr sind insbesondere die inflationsbedingt kräftigen Tariflohnsteigerungen.

Entwicklungen bei den Ausgaben

Die Krankenkassen verzeichneten im 1. Halbjahr 2024 einen sehr dynamischen Zuwachs für Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 7,3 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 7,6 Prozent und damit deutlich stärker als in den letzten Jahren. Die Verwaltungskosten verminderten sich um 1,2 Prozent. In absoluten Zahlen stiegen die Leistungsausgaben der Krankenkassen im 1. Halbjahr um 10,9 Milliarden Euro. Die Verwaltungskosten sanken um 75 Millionen Euro, da rund 280 Millionen Euro weniger Altersrückstellungen als im Vorjahresquartal gebucht wurden. Der Anstieg der Verwaltungskosten ohne Altersrückstellungen betrug im 1. Halbjahr 3,5 Prozent.

Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind in den ersten sechs Monaten um 7,9 Prozent bzw. 3,6 Milliarden Euro gestiegen und stellen damit einen maßgeblichen Treiber der hohen Ausgabendynamik dar. Neben einer sehr dynamischen Preiskomponente (die sich aus dem Orientierungswert für die Kosten der Krankenhäuser und der Grundlohnrate ergebenden Veränderungswerte in den Entgeltbereichen DRG und PEPP betragen für 2024 mehr als 5 Prozent) und steigenden Fallzahlen sind insbesondere die Pflegepersonalkosten im 1. Halbjahr mit rund 10,9 Prozent bzw. 1,05 Milliarden Euro erneut äußerst dynamisch gestiegen. Im ersten Halbjahr sind rund 181 Mio. Euro an Aufwendungen für Behandlungen im Rahmen der im Dezember 2023 eingeführten Abrechnungsziffern der speziellen sektorengleichen Vergütung beziehungsweise Hybrid-DRGs verbucht worden.

Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln stiegen im 1. Halbjahr um 10,0 Prozent bzw. 2,5 Milliarden Euro und damit noch etwas stärker als im ersten Quartal. Bei der Interpretation dieser äußerst dynamischen Entwicklung ist zu beachten, dass diese in besonderem Maße vom Auslaufen des in 2023 einmalig erhöhten gesetzlichen Herstellerabschlags von 7 auf 12 Prozent durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geprägt ist. Im 1. Halbjahr 2024 sanken die zugunsten der GKV gewährten Rabatte der pharmazeutischen Unternehmer um rund 547 Millionen Euro. Doch auch ohne Berücksichtigung dieser Rabatte wuchsen die Ausgaben kräftig um 7,3 Prozent bzw. 1,94 Milliarden Euro. Äußerst dynamisch entwickeln sich auch die Aufwendungen für Arzneimittel im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, die einen Zuwachs von rund 347 Millionen Euro (entspricht +49,6 Prozent) gegenüber dem Wert des Vorjahreshalbjahres aufweisen.

Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind im 1. Halbjahr um 5,3 Prozent bzw. 1,3 Milliarden Euro gestiegen. Die Aufwendungen für extrabudgetäre psychotherapeutische Leistungen weisen überdurchschnittliche Aufwüchse auf (+6,8 Prozent bzw. +116 Millionen Euro). Auch die Aufwendungen für ambulante Operationen gemäß AOP-Katalog sind mit einem Wachstum von rund 9,2 Prozent bzw. 106 Millionen Euro dynamischer als der Gesamtbereich gewachsen. Für die Abrechnung der sog. Hybrid-DRGs durch die niedergelassenen Ärzte buchten die Krankenkassen rund 35 Millionen Euro.

Die Aufwendungen für zahnärztliche Behandlungen (ohne Zahnersatz) stiegen um 3,7 Prozent bzw. 255 Millionen Euro und damit weniger stark als in den Rechnungsergebnissen des ersten Quartals. Die Ausgaben für den Teilbereich der Parodontalbehandlungen stiegen aufgrund von Leistungsverbesserungen überdurchschnittlich stark um rund 10,3 Prozent bzw. 73 Millionen Euro. Die weitere Entwicklung bleibt auch im Hinblick auf die mit dem GKV-FinStG geregelte Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütung noch abzuwarten.

Stark gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der Behandlungspflege und der häuslichen Krankenpflege (+12,4 Prozent bzw. +569 Millionen Euro) sowie bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (+11,1 Prozent bzw. +231 Millionen Euro). Letztere wiesen nach den pandemiebedingten Einbrüchen der vergangenen Jahre schon seit 2022 eine überdurchschnittliche Dynamik auf.

Bei der Interpretation der Daten des 1. Halbjahres ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, noch von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten noch nicht oder nur teilweise vorliegen.

Weitere Entwicklung

Der GKV-Schätzerkreis wird die Versichertenentwicklung, die Ausgaben und die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für das laufende und das kommende Jahr Mitte Oktober prognostizieren. Das BMG wird daraufhin bis zum 1. November unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Schätzerkreises den durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2025 bekannt geben.

Die Finanzergebnisse für das 1.-3. Quartal 2024 werden Ende November vorliegen.

BMG