Rz. 23
Witwen-/Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten soll gemäß Abs. 5 die nach dem Tod des letzten Ehegatten bestehende Versorgungslücke schließen, falls eine solche besteht. Sie soll nicht etwa den geschiedenen letzten Ehegatten von seiner Unterhaltspflicht entlasten. Der Anspruch auf Witwen-/Witwerrente nach dem früheren Ehegatten endet zwar mit der Wiederheirat, bzw. sie entsteht nicht nach dem Tod des früheren Ehegatten. Er lebt jedoch nach Auflösung bzw. Nichtigkeitserklärung der nächstfolgenden Ehe wieder auf. Dem Wortlaut entsprechend wird nach dem vorletzten, nicht nach dem vorvorletzten oder einem früheren Ehegatten die Rente gewährt. Die Witwen-/Witwerrente nach dem ersten Ehegatten lebt daher nach Auflösung der dritten Ehe nicht wieder auf (BVerfG, Urteil v. 21.10.1980, 1 BvR 179/78, BVerfGE 55 S. 114, NJW 1981 S. 107). Dies gilt auch dann, wenn die 2. Ehe für nichtig erklärt wird (BSG, Urteil v. 9.4.1997, 9 RV 24/95, HVBG-INFO 1997 S. 1915 zu der Parallelnorm des § 44 Abs. 2 BVG).
Rz. 24
Die Rente wird nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag beginnend mit dem Folgemonat nach der Antragstellung gewährt. Die erneute Ehe muss durch Tod des Ehegatten, durch Scheidung oder Auflösung der Ehe beendet oder für nichtig erklärt worden sein (vgl. Komm. zu § 66).
Rz. 25
Hinterbliebenenrente nach dem letzten Ehegatten Versorgungs- oder Unterhaltsansprüche sowie auf sonstige Renten sind auf die wiederaufgelebte Rente voll anzurechnen (Abs. 5 Satz 2). Es gibt keine Freibetragsregelung (Abs. 5 Satz 2 letzter Satzteil). Dies entspricht der Regelung für die Rentenversicherung in § 90 Abs. 1 SGB VI. Anzurechnen sind nur solche Ansprüche, deren Erwerb in einem rechtlichen Zusammenhang mit der Beendigung der letzten Ehe durch Auflösung oder Nichtigkeitserklärung besteht. Ansprüche aufgrund eigener Geldleistung der Witwe- bzw. des Witwers sind nicht anzurechnen (BSG, Urteil v. 24.4.1980, 1 RJ 34/79, SozR 2200 § 1291 Nr. 20).
Rz. 26
Die Auszahlung einer vom letzten Ehegatten zugunsten der Witwe abgeschlossenen Lebensversicherung ist voll anzurechnen, desgleichen die Zahlung aus einer vom verstorbenen Ehegatten zu ihren Gunsten abgeschlossenen privaten Rentenversicherung, nicht aber die Zahlung aus einer von der Witwe selbst finanzierten privaten Rentenversicherung.
Rz. 27
Der anzurechnende Anspruch muss zu verwirklichen sein. Daran fehlt es, wenn die Durchsetzung des Anspruches aussichtslos oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand durchzusetzen ist.
Rz. 28
Hat die Witwe bzw. der Witwer mit dem letzten Ehegatten einen Unterhaltsverzicht vereinbart, so ist zu prüfen, ob sie/er aus verständigem Grund auf den Unterhaltsanspruch verzichtet hat. Dies ist auch nach dem seit dem 1.7.1977 geltenden verschuldensunabhängigen Ehescheidungs- und Unterhaltsrecht entscheidungserheblich (BSG, Urteil v. 1.2.1983, 4 RJ 101/81, BSGE 54 S. 270, NJW 1984 S. 326). Ansonsten ist der Unterhaltsanspruch, auf den sie/er verzichtete, fiktiv zu berücksichtigen mit der Folge, dass die Hinterbliebenenrente nach dem vorletzten Ehegatten entweder gemindert wird oder völlig entfällt. Dem geschiedenen Ehegatten ist es grundsätzlich zuzumuten, bestehende Unterhaltsansprüche zu realisieren, sofern dem nicht besondere Gründe entgegenstehen. Ausgangspunkt für die Prüfung des verständigen Grundes ist die wirtschaftliche Lage der Eheleute im Zeitpunkt der Regelung der Scheidungsfolgen (Folgesachen) einschließlich des Unterhalts. Auf dieser Grundlage hat die Witwe im Falle eines Unterhaltsverzichts darzulegen, weshalb ihr die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs nicht zuzumuten war. Weiterhin kann es beachtlich sein, ob der Witwe bei der Regelung der Folgesachen Vermögensvorteile zugeflossen sind, die unmittelbar oder mittelbar zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts bestimmt sind und deren Berücksichtigung mithin geboten ist. Aus der Abwägung dieser Umstände ist für die nach dem jetzigen Scheidungsrecht aufgelösten Ehen zu erschließen, ob ein verständiger Grund für die Unterhaltsvereinbarung vorliegt, der auch unter Berücksichtigung der Interessen der Solidargemeinschaft billigenswert ist (BSG, a. a. O.).
Rz. 29
Ein Unterhaltsverzicht ist in eng begrenzten Ausnahmefällen aus Billigkeitsgründen dann als unschädlich für den Hinterbliebenenrentenanspruch anzusehen, wenn er im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten nur deklaratorischen Charakter hatte und deshalb eine "leere Hülse" darstellt (BSG, Urteil v. 21.1.1993, 13 RJ 19/91, BSGE 72 S. 39; BSG, Urteil v. 13.10.1992, 5 RJ 42/91, HVBG-INFO 1994 S. 323).
Rz. 30
Beim Zusammentreffen mehrerer nach verschiedenen Gesetzen wiederauflebender Witwenbezüge, z. B. Witwenrente aus der Rentenversicherung und beamtenrechtliches Witwengeld, darf ein infolge der Auflösung der 2. Ehe erworbener neuer Unterhaltsanspruch nur einmal angerechnet werden. Die Rechtsstellung der Witwe entspricht insoweit derjenigen des Schuldners einer Gesamtgläubigerschaft des bürgerlichen Rechts nach §§ 42...