0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) am 1.1.1997 in Kraft getreten. Sie übernimmt Regelungen aus §§ 590, 591, 594, 599, § 586 Abs. 2 RVO. Abs. 1 Satz 2 wurde durch Art. 5 Nr. 2a des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 403) und durch Art. 1 Nr. 2a des Gesetzes zur Verbesserung des Hinterbliebenenrentenrechts v. 17.7.2001 (BGBl. I S. 1598) mit Wirkung zum 1.1.2002 eingefügt. Abs. 2 Nr. 3c wurde durch Art. 6 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) mit Wirkung zum 1.1.2001 an die Systematik der Erwerbsminderungsrenten angepasst. Abs. 3 Satz 2 wurde durch Art. 5 Nr. 2b AVmEG mit Wirkung zum 1.1.2002 geändert. Abs. 7 wurde durch Art. 5 Abs. 35 Nr. 2 des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts v. 15.12.2004 (BGBl. I S. 3396) mit Wirkung zum 1.1.2005 eingefügt.
1 Allgemeines
1.1 Übergangsregelungen
Rz. 2
Ist der Tod des Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten, so sind gemäß § 217 Abs. 2 Satz 1 die §§ 590 bis 593, § 598 und § 600 Abs. 3 RVO i. V. m. § 602 und § 614 RVO in der am 31.12.1985 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Ferner ist die ab 1.1.2008 in Kraft getretene Übergangsregelung des § 218a zu beachten.
1.2 Überblick
Rz. 3
Die Vorschrift regelt die Dauer (Abs. 1) und die Höhe (Abs. 2) der Witwen- und Witwerrente, die Anrechnung von Einkommen (Abs. 3 und 4), das Wiederaufleben nach Auflösung einer nachfolgenden Ehe (Abs. 5), den Leistungsausschluss bei Versorgungsehe (Abs. 6) und den Ausschluss von Doppelleistungen bei Lebenspartnerschaft (Abs. 7).
Rz. 4
Die Witwen-/Witwerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat die gleiche Funktion wie in der Rentenversicherung. Sie ersetzt pauschal den entgangenen Unterhalt, ist jedoch nicht an einen Unterhaltsbedarf der Witwe bzw. des Witwers geknüpft. Vielmehr ist der Jahresarbeitsverdienst des Verstorbenen Bemessungsgrundlage. Das Einkommen der Hinterbliebenen wird innerhalb bestimmter Grenzen angerechnet.
2 Rechtspraxis
2.1 Grundvoraussetzungen und Dauer der Rente
Rz. 5
Witwe bzw. Witwer ist derjenige, der mit dem Verstorbenen bis zu dessen Tod in gültiger Ehe gelebt hat. Für den Fall der Mehrehe nach islamischen Recht enthält das Gesetz keine Regelung. Die Verwaltungspraxis geht dahin, die Rente aufzuteilen. Die Rente wird gewährt bis zu einer Wiederheirat der Witwe bzw. des Witwers (zur Situation nach Beendigung einer weiteren Ehe vgl. Abs. 5 und Rz. 23). Bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten wird die Witwenrente oder die Witwerrente gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden. Die kleine Witwenrente wird längstens für 2 Jahre nach dem Tod des Versicherten gewährt (Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2), soweit nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 218a Abs. 1 erfüllt sind.
2.2 Höhe der Rente
2.2.1 Rente im Sterbevierteljahr
Rz. 6
Gemäß Abs. 2 Nr. 1 beträgt die Rente im Sterbevierteljahr ⅔ des für die Rentengewährung an den verstorbenen Versicherten maßgeblichen Jahresarbeitsverdienst (JAV [der Vollrente]). Die Einkommensanrechnung nach Abs. 3 findet während dieser Zeit nicht statt. Damit soll die Witwe bzw. der Witwer in der Übergangszeit finanziell abgesichert werden.
2.2.2 Kleine Witwen-/Witwerrente
Rz. 7
Falls die weitergehenden Voraussetzungen nach Abs. 2 Nr. 3a bis 3c nicht erfüllt sind, beträgt die Rente 30 % des JAV. Sie ist auf maximal 24 Monate begrenzt, soweit nicht die Übergangsregelung des § 218a Abs. 1 eingreift.
2.2.3 Große Witwen-/Witwerrente
Rz. 8
Die Rente i. H. v. 40 % des JAV (der Vollrente) soll einer besonderen Bedarfssituation entsprechen und wird deshalb an die Erfüllung weiterer Voraussetzungen geknüpft. Die höhere Rente wird nach Maßgabe von § 73 Abs. 1 nach Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt werden, gewährt. Sie fällt nach § 73 Abs. 2 nach Ablauf des Monats weg, in dem die Voraussetzungen entfallen sind.
2.2.3.1 Erziehung eines waisenrentenberechtigten Kindes (Abs. 2 Nr. 3a)
Rz. 9
Das Kind muss Anspruch auf Waisenrente nach § 67, also in der Unfallversicherung (nicht in der Rentenversicherung) waisenrentenberechtigt sein; es muss nicht Waisenrente beziehen oder bezogen haben. Die Waisenrentenberechtigung kann nach § 67 Abs. 3 Nr. 2 unter den dort genannten Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bestehen. Die Voraussetzung des Erziehens ist jedoch nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit gegeben (BSG, Urteil v. 30.8.1967, 4 RJ 43/67, BSGE 27 S. 139). Die Eltern des Kindes oder ein Elternteil (dann Halbwaisenrente) müssen durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zu Tode gekommen sein.
Rz. 10
Die Witwe, die ein Kind erzieht, welches nicht von dem verstorbenen Versicherten abstammt, hat keinen Anspruch auf die große Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil dieses Kind nicht waisenrentenberechtigt ist. Sie hat wohl Anspruch auf große Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI.
Rz. 11
Die Witwe bzw. der Witwer muss das waisenrentenberechtigte Kind erziehen. Erziehung ist die Sorge für die sittliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes; sie ist der Inbegriff aller Maßnahmen, durch die das Kind zu...