2.1 Anspruchsvoraussetzungen
2.1.1 Frühere Ehegatten
Rz. 4
Die/der Hinterbliebene muss die Anspruchsberechtigung durch rechtskräftiges Scheidungsurteil oder durch Urteil über die Auflösung oder Aufhebung der Ehe nachweisen. Für die Ehescheidung sind bis zum 30.6.1977 die §§ 41 ff. EheG a. F., ab 1.7.1977 die §§ 1594 ff. BGB maßgeblich. Nichtigkeitsgründe sowie die Regelungen zum Verfahren bei der Nichtigkeitserklärung sind in §§ 16 ff. EheG, die Regelungen zur Aufhebung sind in §§ 30 ff. EheG geregelt. Für Ehescheidungen ab 1.1.1978 sind die §§ 1564 bis 1568 BGB und §§ 622 bis 630 ZPO maßgeblich.
2.1.2 Unterhaltsleistung während des letzten Jahres vor dem Tod des Versicherten
Rz. 5
Maßgeblich ist bei dieser Alternative allein die tatsächliche Unterhaltsleistung (nicht ein etwaiger Unterhaltsanspruch). An deren Stelle soll die Hinterbliebenenrente treten. Die Unterhaltsleistung kann eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung sein. Sie muss dazu bestimmt sein, ganz oder zu einem erheblichen Teil den laufenden wirtschaftlichen Lebensbedarf des Empfängers zu sichern. Sie wird unabhängig von einer Gegenleistung erbracht (BSG, Urteil v. 21.6.1963, 12/4 RJ 170/60, BSGE 19 S. 185, SozR Nr. 13 zu § 1265 RVO; Urteil v. 3.10.1979, 1 RA 53/78, SozR 2200 § 1265 Nr. 45; Urteil v. 25.6.1986, 4a RJ 23/85, HV-INFO 1986 S. 1549). Die Unterhaltsleistung muss mindestens 25 % des maßgeblichen Regelsatzes der Sozialhilfe ohne Aufwendungen für Unterkunft und Heizung betragen (BSG, Urteil v. 4.6.1975, 11 RA 76/74, BSGE 40 S. 37, SozR 2200 § 1265 Nr. 4; Urteil v. 13.9.1990, 5 RJ 52/89, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 4, NJW 1991 S. 2790).
2.1.3 Gesamtbild der Unterhaltsleistung
Rz. 6
Das Gesamtbild der Leistungen des verstorbenen Versicherten an den anspruchstellenden früheren Ehegatten muss die Annahme rechtfertigen, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Unterhaltszahlung handelte bzw. handeln sollte. Sie müssen im letzten Jahr vor dem Tode eindeutig auf bestimmte Zeitabschnitte bezogen werden können und eine lückenlose Unterhaltsleistung ergeben (BSG, Urteil v. 9.9.1982, 11 RA 52/81, BSGE 54 S. 100, FamRZ 1983 S. 59). Liegen die einzelnen Zahlungen bis zum Tod des Versicherten teils über, teils unter dem Mindestbetrag von 25 % des maßgeblichen Regelsatzes der Sozialhilfe, so muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Versicherte, wäre er nicht verstorben, künftig Unterhalt im erforderlichen Mindestumfang geleistet hätte (BSG, Urteil v. 4.6.1975, 11 RA 76/74, BSGE 40 S. 37, SozR 2200 § 1265 Nr. 4). Ansonsten müssen die Unterhaltszahlungen im Jahresdurchschnitt des letzten Jahres vor dem Tode des Versicherten den Mindestsatz überschritten haben (BSG, Urteil v. 16.3.1977, 1 RA 93/76, BSGE 43 S. 221, SozR 2200 § 1265 Nr. 26).
Rz. 7
Leistungen mit Unterhaltscharakter
Zahlung der Miete für die geschiedene Ehefrau (BSG, Urteil v. 11.9.1980, 5 RJ 98/79); kapitalisierte Unterhaltsvorauszahlung (BSG, Urteil v. 24.11.1976, 1 RA 151/75, BSGE 43 S. 37); einmalige Zahlung oder mehrere Zahlungen für eine Anzahl von Monaten (BSG, Urteil v. 17.2.1970, 1 RA 241/68, SozR Nr. 55 zu § 1265 RVO, NJW 1970 S. 1567); in einer Unterhaltsvereinbarung vorgesehene Abfindung, die über längere Zeit hinweg in monatlichen Zahlungsraten fällig ist (BSG, Urteil v. 24.10.1975, 5 RJ 84/75, SozR 2200 § 1265 Nr. 10). Ein Anspruch auf Leibrente begründet den Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch dann, wenn die Witwe nach dem Tode des Versicherten weiter die Leibrente erhält (BSG, Urteil v. 9.2.1978, 11 RA 42/77, BSGE 46 S. 16, SozR § 1265 Nr. 31). Es reicht jedoch aus, wenn der Unterhaltsanspruch bis zum Tode des Versicherten besteht. Ein Verzicht auf Unterhalt für die Zeit nach seinem Tode ist unschädlich (BSG, Urteil v. 21.6.2000, B 4 RA 66/99 R, HVBG-INFO 2001 S. 285, NJWE-FER 2000 S. 300).
Leistungen ohne Unterhaltscharakter
Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten steht fest, dass seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Anspruchstellerin infolge vertraglicher Befristung in naher Zukunft entfallen werde. Unter "naher Zukunft" ist ein Zeitraum von einem Jahr zu verstehen (BSG, Urteil v. 30.10.1985, 4a RJ 35/84). Aufwendungen für die Alterssicherung (BSG, Urteil v. 9.2.1978, 11 RA 14/77, BSGE 46 S. 11, SozR 2200 § 1265 Nr. 29); Leistungen für die Haushaltsführung und Hilfe im Geschäft (BSGE 19 S. 185, SozR Nr. 13 zu § 1265 RVO); Entgelt für die Überlassung von Vermögenswerten, wenn die Unterhaltszahlung erst Jahre später nach dem Tod des Versicherten erfolgen sollte (BSG, Urteil v. 11.6.1974, 9 RV 212/73, BSGE 37 S. 287).
2.1.4 Anspruch auf Unterhalt während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes
Rz. 8
Der Unterhaltsanspruch kann eine gesetzliche (Unterhaltsrecht des BGB oder auch ausländisches Unterhaltsrecht) oder eine vertragliche Grundlage (Unterhaltsvertrag) haben. Die familiengerichtliche Entscheidung über das Bestehen des Unterhaltsanspruchs hat grundsätzlich Tatbestandswirkung; sowohl der Unfallversicherungsträger als auch die Sozialgerichte sind daran gebunden. Dies gilt auch dann, wenn ein Unterhaltsprozess zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bereits anhängig war, das Urteil aber erst danach erging (BSG, Urteil v. 24.6.1987, 5a RKn 2/86, BSGE 62 S. 50, MDR 1988 S. 82). Ein vollstreckbarer Un...