Rz. 10
Abs. 1 Satz 1 regelt die Voraussetzungen für Witwen- und Witwerrenten an frühere Ehegatten.
2.1.1.1 Frühere Ehegatten
Rz. 11
Die/der Hinterbliebene muss die Anspruchsberechtigung durch rechtskräftiges Scheidungsurteil oder durch Urteil über die Auflösung oder Aufhebung der Ehe nachweisen. Für die Ehescheidung sind bis zum 30.6.1977 die §§ 41 ff. EheG a. F., ab 1.7.1977 die §§ 1594 ff. BGB maßgeblich. Nichtigkeitsgründe sowie die Regelungen zum Verfahren bei der Nichtigkeitserklärung sind in §§ 16 ff. EheG, die Regelungen zur Aufhebung sind in §§ 30 ff. EheG geregelt. Für Ehescheidungen ab 1.1.1978 sind die §§ 1564 bis 1568 BGB und §§ 622 bis 630 ZPO maßgeblich.
2.1.1.2 Unterhaltsleistung während des letzten Jahres vor dem Tod des Versicherten
Rz. 12
Maßgeblich ist bei dieser Alternative allein die tatsächliche Unterhaltsleistung (nicht ein etwaiger Unterhaltsanspruch). An deren Stelle soll die Hinterbliebenenrente treten. Die Unterhaltsleistung kann eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung sein. Sie muss dazu bestimmt sein, ganz oder zu einem erheblichen Teil den laufenden wirtschaftlichen Lebensbedarf des Empfängers zu sichern. Sie wird unabhängig von einer Gegenleistung erbracht (BSG, Urteil v. 21.6.1963, 12/4 RJ 170/60; BSG, Urteil v. 3.10.1979, 1 RA 53/78; BSG, Urteil v. 25.6.1986, 4a RJ 23/85). Die Unterhaltsleistung muss mindestens 25 % des maßgeblichen Regelsatzes der Sozialhilfe ohne Aufwendungen für Unterkunft und Heizung betragen (BSG, Urteil v. 4.6.1975, 11 RA 76/74; BSG, Urteil v. 13.9.1990, 5 RJ 52/89).
2.1.1.3 Gesamtbild der Unterhaltsleistung
Rz. 13
Das Gesamtbild der Leistungen des verstorbenen Versicherten an den anspruchstellenden früheren Ehegatten muss die Annahme rechtfertigen, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Unterhaltszahlung handelte bzw. handeln sollte. Sie müssen im letzten Jahr vor dem Tode eindeutig auf bestimmte Zeitabschnitte bezogen werden können und eine lückenlose Unterhaltsleistung ergeben (BSG, Urteil v. 9.9.1982, 11 RA 52/81). Liegen die einzelnen Zahlungen bis zum Tod des Versicherten teils über, teils unter dem Mindestbetrag von 25 % des maßgeblichen Regelsatzes der Sozialhilfe, so muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Versicherte, wäre er nicht verstorben, künftig Unterhalt im erforderlichen Mindestumfang geleistet hätte (BSG, Urteil v. 4.6.1975, 11 RA 76/74). Ansonsten müssen die Unterhaltszahlungen im Jahresdurchschnitt des letzten Jahres vor dem Tode des Versicherten den Mindestsatz überschritten haben (BSG, Urteil v. 16.3.1977, 1 RA 93/76).
Rz. 14
Leistungen mit Unterhaltscharakter
Zahlung der Miete für die geschiedene Ehefrau (BSG, Urteil v. 11.9.1980, 5 RJ 98/79); kapitalisierte Unterhaltsvorauszahlung (BSG, Urteil v. 24.11.1976, 1 RA 151/75); einmalige Zahlung oder mehrere Zahlungen für eine Anzahl von Monaten (BSG, Urteil v. 17.2.1970, 1 RA 241/68); in einer Unterhaltsvereinbarung vorgesehene Abfindung, die über längere Zeit hinweg in monatlichen Zahlungsraten fällig ist (BSG, Urteil v. 24.10.1975, 5 RJ 84/75). Ein Anspruch auf Leibrente begründet den Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch dann, wenn die Witwe nach dem Tode des Versicherten weiter die Leibrente erhält (BSG, Urteil v. 9.2.1978, 11 RA 42/77). Es reicht jedoch aus, wenn der Unterhaltsanspruch bis zum Tode des Versicherten besteht. Ein Verzicht auf Unterhalt für die Zeit nach seinem Tode ist unschädlich (BSG, Urteil v. 21.6.2000, B 4 RA 66/99 R).
Leistungen ohne Unterhaltscharakter
Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten steht fest, dass seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Anspruchstellerin infolge vertraglicher Befristung in naher Zukunft entfallen werde. Unter "naher Zukunft" ist ein Zeitraum von einem Jahr zu verstehen (BSG, Urteil v. 30.10.1985, 4a RJ 35/84). Aufwendungen für die Alterssicherung (BSG, Urteil v. 9.2.1978, 11 RA 14/77); Leistungen für die Haushaltsführung und Hilfe im Geschäft (BSGE 19, 185 zu § 1265 RVO); Entgelt für die Überlassung von Vermögenswerten, wenn die Unterhaltszahlung erst Jahre später nach dem Tod des Versicherten erfolgen sollte (BSG, Urteil v. 11.6.1974, 9 RV 212/73).
3.1.1.4 Anspruch auf Unterhalt während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes
Rz. 15
Der Unterhaltsanspruch kann eine gesetzliche (Unterhaltsrecht des BGB oder auch ausländisches Unterhaltsrecht) oder eine vertragliche Grundlage (Unterhaltsvertrag) haben. Die familiengerichtliche Entscheidung über das Bestehen des Unterhaltsanspruchs hat grundsätzlich Tatbestandswirkung; sowohl der Unfallversicherungsträger als auch die Sozialgerichte sind daran gebunden. Dies gilt auch dann, wenn ein Unterhaltsprozess zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bereits anhängig war, das Urteil aber erst danach erging (BSG, Urteil v. 24.6.1987, 5a RKn 2/86). Ein vollstreckbarer Unterhaltstitel i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist ebenfalls bindend. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Versicherte durch Änderungsklage nach § 323 ZPO oder durch Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO den Unterhaltstitel hätte beseitigen können. Ein klageabweisendes Urteil im Unterhaltsprozess entfaltet hingegen keine Bindungswirkung (BSG, Urteil v. 5.2.1976, 11 RA 30/76; BSG, Urteil v. 26.8.1987, 11a RA 54/86).
Rz. 16
Auch ei...