2.4.1 Wehrdienst und Zivildienst (Satz 1)
Rz. 49
Gemäß Abs. 4 Satz 1 erhält die Waise über die Vollendung des 27. Lebensjahrs hinaus Waisenrente, wenn die Schul- oder Berufsausbildung durch den gesetzlichen Wehrdienst, Zivildienst oder einen gleichgestellten Dienst unterbrochen oder verzögert wurde. Die Anspruchsdauer verlängert sich höchstens um die Zeitdauer dieses Dienstes; das gilt auch dann, wenn die Verzögerung oder Unterbrechung länger dauerte. Reicht die Verzögerung oder Unterbrechung durch den Wehr- oder Ersatzdienst oder den gleichgestellten Dienst über die Vollendung des 27. Lebensjahrs hinaus, so verlängert sich der Anspruch nur um den Teilzeitraum der Unterbrechung oder Verzögerung, der vor der Vollendung des 27. Lebensjahrs liegt. Ob die Ausbildung ohne die Unterbrechung oder Verzögerung vor Vollendung des 27. Lebensjahrs beendet gewesen wäre, ist unerheblich. Einen solchen Kausalzusammenhang setzt das Gesetz nicht voraus.
Rz. 50
Verpflichtet sich die Waise als Soldat auf Zeit, so verlängert sich danach der Waisenrentenanspruch nur dann, wenn der Wehrdienst jedenfalls vorwiegend an die Stelle der Erfüllung der Wehrpflicht tritt. Dies ist anzunehmen, wenn die Verpflichtungszeit nicht wesentlich länger dauert als die Zeitdauer des Dienstes als Wehrpflichtiger (BSG, Urteil v. 26.9.1974, 5 RJ 77/72). Angesichts der Kürze der heutigen Wehrpflicht dürfte dies kaum noch in Betracht kommen. Freiwilliger Wehrdienst i. S. d. § 6b WPflG oder Hilfeleistung im Innern nach § 6c WPflG führt – anders als Wehrübungen – nicht zur Verlängerung der Anspruchsdauer, es sei denn, es erfolgt eine Anrechnung auf die Wehrpflicht (§ 7 WPflG). Wehrdienst im Ausland ist nur dann berücksichtigungsfähig, wenn europarechtliche oder zwischenstaatliche Regelungen die Gleichstellung vorsehen.
Rz. 51
Zivildienst ist allein der Dienst nach den Vorschriften des ZDG. Über die Teilnahme wird gemäß § 46 Abs. 1 ZDG eine Bescheinigung erteilt. Gleichgestellter Dienst bedeutet Gleichstellung durch gesetzliche Vorschriften. Gemeint sind Dienste, die auf die Wehrpflicht angerechnet werden oder diese ersetzen wie z. B. im Zivil- oder Katastrophenschutz, der Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizei (früher: Bundesgrenzschutz), die Entwicklungshelfertätigkeit oder der Wehrdienst als Soldat auf Zeit.
Rz. 52
Die Verlängerung des Bezuges der Waisenrente kommt auch bei Erfüllung des Wehrdienstes in einem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung (EuGH, Urteil v. 25.6. 1997, C-131/96 - Mora Romero; vgl. auch bei Bokeloh, WzS 2020, 179, 183 in Fn. 24).
2.4.2 Freiwillige Dienste (Satz 2)
Rz. 53
Die Ableistung eines Dienstes i.S.v. Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c ist kein gleichgestellter Dienst i.S.v. Satz 1. Deshalb scheidet eine Erhöhung der Altersgrenzen bei der Bezugsdauer einer Waisenrente aus, wenn der Betroffene lediglich einen der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Dienste ableistet.