Die rasanten Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz (KI) und der Druck der Wettbewerber machen es oft wichtiger denn je, neue IT-Systeme zügig einzuführen. Als Faustregel ist davon auszugehen, dass der Betriebsrat bei den meisten Formen des personalbezogenen KI-Einsatzes im Unternehmen zu beteiligen ist. Gemeint ist nicht nur die rechtzeitige und umfassende Information, sondern i. d. R. auch ein umfassendes Mitbestimmungsrecht. Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurden 2021 die Rechte des Betriebsrats beim Einsatz von KI erneut gestärkt.
Ausnahmen von der Mitbestimmungspflicht
Es wird nur wenige Ausnahmen geben, bei der die Einführung von IT-/KI-Systemen im Personalbereich nicht mitbestimmungspflichtig ist. Einen Überblick hierzu s. Abschn. 5.
Die mediale Überflutung mit dem KI-Hype hat vielfach dazu geführt, dass künstliche Intelligenz dystopische Assoziationen hervorruft ("Maschinen ersetzen Menschen", Jobverluste und Überwachung usw.). KI-Systeme sind – mehr noch als gewöhnliche IT-Systeme – komplexer und noch schwieriger zu verstehen. Dies macht sie einerseits so besonders. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass über die Zeit auch anfängliche KI-Kritiker persönlichen Nutzen aus KI-Anwendungen gezogen haben und hierdurch aufgeschlossener werden. Dies gilt auch für Betriebsratsmitglieder.
Im Zentrum der Einführung von KI-Systemen steht vor allem die Schaffung von Transparenz und damit auch Vertrauen. Hierfür ist zunächst erforderlich, dass Arbeitgeber selbst eine ausreichende Vorstellung davon haben, was die projektierten KI-Systeme überhaupt genau tun und wie sie grob funktionieren, bevor sie sie den Betriebsräten vorstellen.
KI-Schulungen der Betriebsratsmitglieder
Je nach Kenntnisstand des Betriebsratsgremiums könnte es hilfreich sein, Betriebsratsmitglieder freiwillig und unabhängig von gesetzlichen Verpflichtungen attraktive Schulungen anzubieten, um Verständnis – aber auch Neugier und Offenheit – für KI-Systeme zu fördern. Hierdurch können Ängste und Vorbehalte abgebaut und der Verhandlungsprozess mittelfristig beschleunigt werden.
Ausschluss von Mitbestimmungsrechten bei IT- und KI-Services externer Dienstleister
Arbeitgeber werden IT- und KI-Services jeglicher Art vielfach auf externe Dienstleister auslagern. Dies führt nur dann zum Ausschluss von Mitbestimmungsrechten, wenn der Arbeitgeber tatsächlich keinen Zugriff auf die erhobenen Arbeitnehmerdaten hat und diesen nach den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Dienstleister auch nicht verlangen kann.
1.1 Hinweise zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat bei KI-Themen
Vorweggenommen: Bei einer zukunftsweisenden Schlüsseltechnologie wie der KI ist ein konfrontativer Ansatz bei Mitbestimmung in der Regel nicht zielführend. Unternehmen sind gerade bei diesen Themen – mehr denn je – auf die Kooperation mit ihren Betriebsräten angewiesen, um Projekte schnell umzusetzen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern. Vielfach dürfte es sich daher wirtschaftlich nicht lohnen, um den KI-Begriff, um Schulungskosten oder um den Stundensatz des Sachverständigen zu "feilschen".
Manche Unternehmen haben mit ihrem Betriebsrat eine sog. Digitalisierungsvereinbarung abgeschlossen. Solche Vereinbarungen beziehen sich nicht auf ein konkretes IT-System, sondern verschriftlichen den allgemeinen Willen der Betriebsparteien, neuen Technologien offen gegenüberzustehen und Regeln hierzu vorweg aufzustellen. Potenzielle Inhalte könnten hier sein:
- Eine Reduzierung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auf das gesetzliche Mindestmaß: Aufstellen von Rahmenregelungen, die einerseits Missbrauch durch den Arbeitgeber vorbeugen, andererseits erlauben, neue IT-Systeme schnell und ohne langwierige Verhandlungen einzuführen.
- Allgemeines Bekenntnis, bei Schlüsseltechnologien zügig, praxisorientiert und möglichst unbürokratisch zusammenarbeiten zu wollen.
- Regelungen zur Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter/Betriebsratsmitglieder, um sie für die digitale Transformation zu rüsten.
- Ggf. sogar Vereinbarungen zu Ausstiegshilfen für Mitarbeiter, die durch die Digitalisierung möglicherweise nicht mehr in ihren bisherigen Positionen beschäftigt werden können.
Für IT-Systeme allgemein – KI oder nicht – bietet sich eine IT-System-Rahmenvereinbarung an, beispielhaft Betriebsvereinbarung: IT-Systeme. Vorsicht geboten ist hier bei pauschalen Regelungen zur "Transparenz" von IT-Systemen. KI-Systeme sind i. d. R. nicht in jeder Hinsicht transparent und nachvollziehbar, vgl. KI-Begriff unten.
IT-Ausschuss
In Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern können Betriebsrat und Arbeitgeber IT-Ausschüsse bilden. Die Mitbestimmung kann hier durch einen gemeinsam vom Arbeitgeber und Betriebsrat zu besetzenden Ausschuss ausgeübt werden. Diese Ausschüsse ermög...