Vorweggenommen: Bei einer zukunftsweisenden Schlüsseltechnologie wie der KI ist ein konfrontativer Ansatz bei Mitbestimmung in der Regel nicht zielführend. Unternehmen sind gerade bei diesen Themen – mehr denn je – auf die Kooperation mit ihren Betriebsräten angewiesen, um Projekte schnell umzusetzen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern. Vielfach dürfte es sich daher wirtschaftlich nicht lohnen, um den KI-Begriff, um Schulungskosten oder um den Stundensatz des Sachverständigen zu "feilschen".

Manche Unternehmen haben mit ihrem Betriebsrat eine sog. Digitalisierungsvereinbarung abgeschlossen. Solche Vereinbarungen beziehen sich nicht auf ein konkretes IT-System, sondern verschriftlichen den allgemeinen Willen der Betriebsparteien, neuen Technologien offen gegenüberzustehen und Regeln hierzu vorweg aufzustellen. Potenzielle Inhalte könnten hier sein:

  • Eine Reduzierung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auf das gesetzliche Mindestmaß: Aufstellen von Rahmenregelungen, die einerseits Missbrauch durch den Arbeitgeber vorbeugen, andererseits erlauben, neue IT-Systeme schnell und ohne langwierige Verhandlungen einzuführen.
  • Allgemeines Bekenntnis, bei Schlüsseltechnologien zügig, praxisorientiert und möglichst unbürokratisch zusammenarbeiten zu wollen.
  • Regelungen zur Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter/Betriebsratsmitglieder, um sie für die digitale Transformation zu rüsten.
  • Ggf. sogar Vereinbarungen zu Ausstiegshilfen für Mitarbeiter, die durch die Digitalisierung möglicherweise nicht mehr in ihren bisherigen Positionen beschäftigt werden können.

Für IT-Systeme allgemein – KI oder nicht – bietet sich eine IT-System-Rahmenvereinbarung an, beispielhaft Betriebsvereinbarung: IT-Systeme. Vorsicht geboten ist hier bei pauschalen Regelungen zur "Transparenz" von IT-Systemen. KI-Systeme sind i. d. R. nicht in jeder Hinsicht transparent und nachvollziehbar, vgl. KI-Begriff unten.

 
Praxis-Tipp

IT-Ausschuss

In Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern können Betriebsrat und Arbeitgeber IT-Ausschüsse bilden.[1] Die Mitbestimmung kann hier durch einen gemeinsam vom Arbeitgeber und Betriebsrat zu besetzenden Ausschuss ausgeübt werden. Diese Ausschüsse ermöglichen es, eine Art "Expertenrat" zu bilden, der Digitalisierungsthemen in kleinerer Runde erörtert und – ggf. schneller als über das gesamte Gremium – Lösungen erarbeitet.

 
Hinweis

Möglichkeit einer Regelungsabrede bei kleinen Änderungen am System

Es sollte im Blick behalten werden, dass Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auch durch eine formlose Regelungsabrede erledigt werden könnten, also nicht zwingend eine förmliche Betriebsvereinbarung geschlossen werden muss. Wird beispielsweise ein bestehendes IT-System um kleinere KI-Funktionalitäten erweitert, die aber mitbestimmungspflichtig sind, wäre auch ein einfaches "OK" des Betriebsrats per E-Mail denkbar. Dies würde den Vorgang beschleunigen und entformalisieren. Voraussetzung ist aber, dass ein entsprechender Beschluss des Betriebsrats gefasst wurde, bestehende Betriebsvereinbarungen dieser Handhabung nicht entgegenstehen und die Regelungsabrede Mitarbeitern keine Pflichten auferlegt.

Der andere wesentliche Baustein (neben der Mitbestimmung) ist der Datenschutz. Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zu KI-Systemen kann für den Arbeitgeber auch aus dieser Sicht heraus vorteilhaft sein. Denn vielfach wird die personenbezogene Datenverarbeitung gerade bei KI-Systemen eine Rechtsgrundlage erfordern. Wenn gesetzliche Grundlagen fehlen und Einwilligungen nicht praktikabel sind, stellt die Betriebsvereinbarung häufig das Mittel der Wahl dar.[2] Hier sind lediglich die – eher abstrakt gefassten – Grenzen des § 75 BetrVG und Art. 88 Abs. 2 DSGVO zu beachten.

[2] § 26 Abs. 1 Satz 1 a. E. BDSG.

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