OFD Frankfurt, Verfügung v. 15.10.2007, S 2282 A - 8 - St 217

Bezug: Rdvfg. vom 8.6.1998, S 2282 A – 8 – St II 21

Im Gegensatz zum Kindergeld, das immer nur einer Person gezahlt wird, stehen die Freibeträge für Kinder grundsätzlich jedem Elternteil für jedes Kind zu, bei zusammenveranlagten Eltern werden diese zusammengefasst.

Abweichend davon erhält ein Steuerpflichtiger nach § 32 Abs. 6 Satz 3 EStG und R 32.12 EStR die doppelten Freibeträge für Kinder, wenn

  • der andere Elternteil verstorben ist,
  • der andere Elternteil nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist,
  • der Aufenthalt des anderen Elternteils nicht zu ermitteln ist,
  • der Vater des Kindes amtlich nicht feststellbar ist oder
  • der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.

Übertragung der Freibeträge für Kinder wegen nicht wesentlicher Erfüllung der Unterhaltspflicht (R 32.13 EStR)

Nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG sind auf Antrag des einen Elternteils die dem anderen Elternteil zustehenden Freibeträge für Kinder auf ihn zu übertragen, wenn er selbst, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt.

Eine Übertragung ist danach nur möglich, wenn für beide Elternteile im Veranlagungszeitraum eine Unterhaltspflicht bestanden hat. Ist ein Elternteil nicht zur Leistung von Unterhalt verpflichtet, können die ihm zustehenden Freibeträge nicht auf den anderen Elternteil übertragen werden.

Bei der Prüfung, ob ein Elternteil seine Unterhaltspflicht im Kalenderjahr im Wesentlichen erfüllt hat, ist zwischen Betreuungs- und Barunterhalt zu unterscheiden:

Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel im Wesentlichen durch die Pflege und Erziehung des Kindes (Betreuungsunterhalt).

Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind nicht befindet, ist bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten sowie bei Eltern eines nichtehelichen Kindes grundsätzlich zur Leistung von Barunterhalt verpflichtet. Ein Elternteil kommt seiner Barunterhaltsverpflichtung im Wesentlichen nach, wenn er sie mindestens zu 75 % erfüllt. Auf die Höhe der Unterhaltspflicht im Vergleich zum anderen Elternteil sowie die unbeschränkte Steuerpflicht des Elternteils kommt es dabei nicht an. Wenn die Höhe der Barunterhaltsverpflichtung nicht durch gerichtliche Entscheidung, Verpflichtungserklärung, Vergleich oder anderweitig durch Vertrag festgelegt ist, können die von den Oberlandesgerichten als Leitlinien aufgestellten Unterhaltstabellen einen Anhalt geben, z.B. die „Düsseldorfer Tabelle” (abgedruckt im Intranet).

Maßgeblicher Zeitraum für die Prüfung, ob ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachgekommen ist, ist immer der Zeitraum, für den zivilrechtlich eine Unterhaltspflicht bestanden hat.

Die Übertragung des Kinderfreibetrags führt immer auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (R 32.13 Abs. 4 Satz 2 EStR) sowie zum Verlust aller anderen kindbedingten Steuerentlastungen, z.B. bei der zumutbaren Eigenbelastung.

Verfahren

Beantragt ein Elternteil die Übertragung des Kinderfreibetrags, muss er die Voraussetzungen dafür darlegen. Das bloße Ausfüllen der Kennzahl 36 auf der Anlage Kind ist insoweit nicht ausreichend. In Zweifelsfällen ist dem anderen Elternteil Gelegenheit zu geben, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Werden die Freibeträge für Kinder im Rahmen der Veranlagung auf den Steuerpflichtigen übertragen, ist dies dem FA des anderen Elternteils mitzuteilen (Wordvorlage „25 1024 0 KFB Übertragung – Mitteilung an FA des anderen Elternteil”). Weist der andere Elternteil allerdings im Rahmen seines Veranlagungsverfahrens nach, dass er seine Unterhaltspflicht im Wesentlichen erfüllt hat, ist dies wiederum dem FA des Elternteils mitzuteilen, der ursprünglich die Übertragung beantragt hatte. Wegen der einschlägigen Änderungsvorschriften verweise ich auf R 32.13 Abs. 4 EStR.

Zu einem sich anschließenden Einspruchsverfahrens ist der jeweils andere Elternteil hinzuzuziehen (Wordvorlage „25 1022 0 KFB Übertragung – Hinzuziehung zum Einspruchsverfahren”). Die Hinzuziehung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der Einspruch offensichtlich unzulässig ist, z.B. wegen Fristversäumnis. Die beabsichtigte Hinzuziehung ist zunächst dem Einspruchsführer mitzuteilen und erst auszusprechen, wenn dieser daraufhin den Einspruch nicht zurücknimmt.

Im Schriftverkehr mit dem Hinzugezogenen und bei Zustellung der Einspruchsentscheidung an diesen ist darauf zu achten, dass dem Hinzugezogenen nur solche Angaben über die steuerlichen Verhältnisse des Einspruchsführers mitgeteilt werden, die unmittelbar mit der Übertragung der Freibeträge für Kinder zusammenhängen. Insbesondere darf die für den Hinzugezogenen bestimmte Ausfertigung der Einspruchsentscheidung weder Steuerbeträge noch Hinweise auf etwaige andere Streitpunkte des Einspruchsverfahrens ent...

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