Dr. Nina Springer, Dr. Adrian Löser
Will der Arbeitgeber eine Massenentlassung nach § 17 KSchG durchführen, muss er dies der Agentur für Arbeit anzeigen. Bei der Feststellung, ob eine anzeigepflichtige Massenentlassung vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beim Begriff der "Entlassung" auf den Ausspruch, d. h. den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, abzustellen. Vor Eingang einer Massenentlassungsanzeige ausgesprochene Kündigungen im Rahmen einer Massenentlassung sind unwirksam.
Entlassungssperre
Hat der Arbeitgeber ordnungsgemäß angezeigt, können ausgesprochene Kündigungen frühestens einen Monat nach der Anzeige Wirkung entfalten, zu einem früheren Zeitpunkt nur mit Zustimmung der Agentur für Arbeit, sog. Entlassungssperre nach § 18 KSchG. Die Agentur für Arbeit kann die Frist auch auf 2 Monate verlängern. Spricht der Arbeitgeber Kündigungen während der Entlassungssperre aus, sind diese zwar deswegen nicht unwirksam, die Kündigungen können aber nicht vor Ablauf der Entlassungssperre Wirkung entfalten. Die Entlassungssperre ist damit als Mindestkündigungsfrist zu verstehen, um der Agentur für Arbeit Zeit zur Vorbereitung zu verschaffen.
Wenn der Arbeitgeber die Massenentlassung aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten durchführen muss und die Arbeitnehmer nicht in vollem Umfang beschäftigen kann, kann die Bundesagentur für Arbeit auf der spezialgesetzlichen Grundlage von § 19 KSchG auf Antrag Kurzarbeit für die Dauer der Entlassungssperre zulassen. Der Antrag sollte schriftlich gestellt werden und gleichzeitig mit der Massenentlassungsanzeige erfolgen oder auf diese hinweisen. In der Begründung ist auszuführen, dass es aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist, die Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Entlassungssperre zu beschäftigen. Sinnvollerweise sollte vorrangig die Verkürzung der Entlassungssperre beantragt werden.
Entscheidung der Agentur für Arbeit
Die Agentur für Arbeit trifft nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund der Umstände des Einzelfalls die Entscheidung,
- für welchen Bereich (z. B. für den gesamten Betrieb, einen Teil der Arbeitnehmer, eine bestimmte Abteilung) und
- für welchen Zeitraum die Kurzarbeit eingeführt werden kann sowie
- welchen Umfang die wöchentliche Mindestarbeitszeit zu umfassen hat.
Die Reduzierung des Entgelts wird aber erst von dem Zeitpunkt an wirksam, an dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen enden würde. Nach der Zulassung der Kurzarbeit bedarf es jedoch auch hier einer entsprechenden Anordnung der Kurzarbeit. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gilt auch im Rahmen des § 19 KSchG uneingeschränkt.
Antrag auf Kurzarbeitergeld stellen
Mit der Entscheidung über die Zulassung von Kurzarbeit wird von der Bundesagentur für Arbeit nicht darüber entschieden, ob Kurzarbeitergeld gewährt wird. Insoweit ist ein eigener Antrag zu stellen, für den die besonderen Voraussetzungen nach §§ 95 ff. SGB III einzuhalten sind (s. o.).