Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ehemaligen Auszubildenden

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in Beschlussverfahren betreffend die Feststellung gemäß § 78a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem ehemaligen Auszubildenden nicht begründet wird, ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Anlehnung an die sich aus § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F. ergebende Wertung zu bewerten.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 13.04.2011; Aktenzeichen 6 BV 415/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13.04.2011 – 6 BV 415/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde betrifft die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 78a BetrVG.

Im Ausgangsverfahren begehrte die zu 1 beteiligte Arbeitgeberin die Feststellung gemäß § 78a Abs. 4 Nr. 1 BetrVG, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der zu 2 beteiligten ehemaligen Auszubildenden nicht begründet wird. An dem Verfahren waren zudem der bei der Arbeitgeberin eingerichtete Betriebsrat, der von den im Wertfestsetzungsverfahren antragstellenden Verfahrensbevollmächtigten vertreten wurde, und die Jugend- und Auszubildendenvertretung, deren Mitglied die Beteiligte zu 2 war, beteiligt. Das Beschlussverfahren endete durch Vergleich im Gütetermin, ohne dass zuvor eine schriftliche Antragserwiderung gefertigt wurde.

Das Arbeitsgericht hat den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auf den 3-fachen tariflichen Monatsverdienst bei Einstieg in den Ausbildungsberuf festgesetzt. In Anlehnung an die Rechtsprechung der Beschwerdekammer zu § 103 BetrVG (2. November 2009 – 5 Ta 113/09NZA-RR 2010, 102) sei das Interesse des Betriebsrats an das Bestandsschutzinteresse des beteiligten Mandatsträgers anzulehnen.

Mit der Beschwerde begehrt die Arbeitgeberin eine Festsetzung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ohne Heranziehung der Gedanken gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG. Aufgrund rechtlich und tatsächlich einfach gelagerten Sachverhalts und des geringen Aufwands sei eine Herabsetzung des Regelwerts von EUR 4.000,00 auf EUR 1.500,00 gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit in Beschlussverfahren betreffend den Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung der Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Auszubildenden nach Ende des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Anlehnung an die sich aus § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG ergebende Wertung mit einer zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erzielbaren Vierteljahresvergütung bemessen.

1. Der Antrag der Arbeitgeberin nach § 78 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG ist im Verhältnis zwischen dem Betriebsrat und seinen Verfahrensbevollmächtigten nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten, wobei eine Anlehnung an die sich aus § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG ergebende Wertung zu erfolgen hat.

a) Der Antrag stellt für den Betriebsrat eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit dar und ist entsprechend unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten. Hiernach ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit EUR 4.000,00, nach Lage des Falls niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 anzunehmen. Eine Abweichung von diesem Wert in der einen oder anderen Richtung setzt Tatsachen voraus, die ihn als erkennbar unangemessen erscheinen lassen. Hierbei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für den Wert der Leistung des Rechtsanwalts bestimmend sind. Demnach ist in erster Linie auf tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten in der Sache abzustellen, sodann ist das Interesse des Auftraggebers zu berücksichtigen und sind sonstige im Einzelfall wertbildende Umstände ins Auge zu fassen. Dabei stellt der in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannte Wert bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen einen Regelwert dar, der nur bei signifikanten Umständen eine Abweichung nach unten oder oben gebietet (LAG Baden-Württemberg 26. Juli 2010 – 5 Ta 137/10 –).

b) Gleichwohl wird in Rechtsprechung (LAG Thüringen 20. März 2007 – 8 Ta 26/07 – Juris; LAG Hamburg 26. Oktober 2006 – 7 Ta 18/06NZA-RR 2007, 154) und Literatur (GK-ArbGG/Schleusener Bearbeitungsstand September 2010 § 12 ArbGG, Rn. 465 mwN) überwiegend die ...

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