Entscheidungsstichwort (Thema)
Schriftform. Aufhebungsvertrag. Ruhen. Arbeitsverhältnis. Zuständigkeit. Organ. GmbH. Geschäftsführer. Rechtswegzuständigkeit. GmbH-Geschäftsführer
Leitsatz (amtlich)
1. Schließen die Parteien eines Arbeitsverhältnisses einen GmbH-Geschäftsführer-Dienstvertrag nur mündlich, so ist wegen mangelnder Schriftform von einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht auszugehen. Dieses ruht vielmehr und kann nach Beendigung des Dienstvertrags wieder aufleben.
2. Für eine Klage gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, soweit der Kläger sich auf ein solches stützt, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG § 2 Abs. 1 Nrn. 3a, 3b
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – vom 11.01.2011 abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Gegenstand der Beschwerde ist eine Entscheidung über den Rechtsweg.
Der Kläger wurde zum 01.10.1997 als Sachbearbeiter für Kalkulation und Materialwirtschaft bei der beklagten GmbH angestellt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen.
Im Januar 2005 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. In diesem Zusammenhang wurde seine Vergütung um 1.000,– EUR monatlich erhöht. Ob und inwieweit die Tätigkeit und die Kompetenzen des Klägers sich aufgrund der Bestellung zum Geschäftsführer änderten, ist zwischen den Parteien streitig. Ein schriftlicher Geschäftsführer-Dienstvertrag liegt ebenso wenig vor wie ein schriftlicher Aufhebungsvertrag.
Der Kläger erhielt am 18.11.2010 ein Schreiben der Beklagten vom 17.11.2010, das mit „Kündigung” überschrieben ist und vom anderen Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet worden war. Es lautet: „Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. April 2011. Sie sind ab sofort von der Arbeit freigestellt und als Geschäftsführer abberufen. …”
Der Kläger erhob am 04.12.2010 Klage zum Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – und kündigt folgende Anträge an:
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 17.11.2010, dem Kläger zugegangen am 18.11.2010, nicht beendet wird, sondern fortbesteht.
- Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger in seiner Funktion als Sachbearbeiter Kalkulation und Materialwirtschaft weiter zu beschäftigen.
Der Kläger macht unter anderem die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend. Er hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für eröffnet. Er hat vorgetragen, die Parteien hätten weder einen Dienstvertrag über die Geschäftsführertätigkeit geschlossen noch das Arbeitsverhältnis beendet. Ein etwaiger Aufhebungsvertrag sei jedenfalls formunwirksam. Folglich sei das frühere Arbeitsverhältnis nicht aufgehoben worden und bestehe der Kündigungsschutz fort.
Das Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – verwies den Rechtsstreit durch Beschluss vom 11.01.2011 an das Landgericht Rottweil. Zur Begründung führte es aus, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nicht gegeben, weil der Kläger nicht Arbeitnehmer, sondern Organ der Beklagten sei (§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG). Mit der Berufung zum Geschäftsführer hätten die Parteien das Arbeitsverhältnis konkludent aufgehoben. Das Kündigungsschreiben sei so zu verstehen, dass die Beklagte das Dienstverhältnis beenden wolle.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 13.01.2011 zugestellt. Er legte hiergegen am 27.01.2011 die vorliegende sofortige Beschwerde ein.
Das Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht vor (Beschluss vom 28.01.2011).
Der Kläger trägt in der Beschwerde vor, die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelte nicht, da die Rechtsstreitigkeit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien betreffe, sondern eine weitere Rechtsbeziehung. Das Verfahren betreffe ausschließlich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, das durch die Bestellung zum Geschäftsführer nicht berührt worden sei. Zwar könne im Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrags zugleich ein Aufhebungsvertrag liegen. Dieser sei hier aber wegen § 623 BGB formunwirksam. Zudem betreffe die Kündigung nach ihrem Wortlaut ausdrücklich das Arbeitsverhältnis.
Die Beklagte erwidert darauf, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags konkludent aufgehoben hätten. Auch ohne Schriftform des Geschäftsführer-Dienstvertrags sei das Formerfordernis der notariellen Beurkundung gewahrt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, § 78 ArbGG, § 567 Abs. 1 ZPO statthaft. Sie wurde...