Entscheidungsstichwort (Thema)
VBL-Beiträge pfändbares Einkommen. Berechnung pfändbares Einkommen. Arbeitnehmerbeiträge zur VBL
Leitsatz (amtlich)
Arbeitnehmerbeiträge zur VBL, (Versorgungsordnung des Bundes und der Länder) sind mit den Beiträgen an eine Ersatzkasse vergleichbar und deshalb bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen.
Normenkette
Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 16; ZPO §§ 850, 850e, 850i
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 24.07.2007; Aktenzeichen 1 Ca 19/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 24.07.2007, Az.: 1 Ca 19/07 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die vom beklagten Land an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeführten Arbeitnehmerbeiträge der Pfändung unterworfen sind.
Die Klägerin war vom 01.07.2002 bis zum 31.12.2006 aufgrund befristeter Arbeitsverträge als Bauleiterin beim Regierungspräsidium F beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fanden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in der damals geltenden Fassung Anwendung. Nach dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei der öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtung versichert (§ 2 Abs. 1 ATV). Nach §§ 15 Abs. 2, 16 ATV, 64 Abs. 3, 4 der Satzung der VBL gehört der Arbeitnehmeranteil der VBL-Beiträge zum steuerpflichtigen Arbeitsentgelt. Er wird vom Arbeitgeber einbehalten und für den Arbeitnehmer an die VBL abgeführt (§ 16 Abs. 1 ATV). Schuldner der Arbeitnehmeranteile sind die Arbeitnehmer selbst (§ 64 Abs. 3 Satzung VBL), der Arbeitgeber übernimmt das Abführen für den Arbeitnehmer entsprechend den sozialversicherungsrechtlichen Abzugsregeln.
Infolge wirksamer Gehaltsabtretung verblieben der Klägerin für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses lediglich die pfändbaren Beträge ihres Arbeitseinkommens. In den Monaten September 2005 bis Juni 2006 wurden vom Arbeitgeber jeweils 247,05 EUR vom klägerischen Gehalt einbehalten und an den Abtretungsgläubiger abgeführt. Ab Juli 2006 erhöhte sich der Abführungsbetrag auf 357,05 EUR monatlich, ausgehend von einem Bruttoentgelt von 3.120,80 EUR, entsprechend einem Nettoverdienst von 2.070,96 EUR unter Berücksichtigung der Abzüge für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung. Nicht berücksichtigt wurde seitens des Arbeitgebers bei der Bestimmung des pfändbaren Einkommens der von ihm an die VBL abgeführte Arbeitnehmerbeitrag von 44,00 EUR monatlich. Wäre dieser berücksichtigt worden und dadurch ein pfändbares Arbeitseinkommen von 2.026,96 EUR angenommen worden, so hätten 25,00 EUR monatlich weniger an den Pfändungsgläubiger abgeführt werden dürfen.
Die Klägerin hat die Festlegung des pfändbaren Einkommens ohne Berücksichtigung des Arbeitnehmerbeitrags zur VBL für unzutreffend gehalten und für 18 Monate Nachzahlung der ihrer Meinung nach zu wenig an sie zur Auszahlung gebrachten Vergütung eingefordert. Ihren Anspruch hat sie mehrfach telefonisch und anschließend per E-Mail am 12.12.2006 geltend gemacht. Ihre Klage hat sie am 07.02.2007 eingereicht. Sie wurde am 21.02.2007 zugestellt.
Die Klägerin hat beantragt,
Das beklagte Land wird kostenpflichtig verurteilt an die Klägerin 450,00 EUR netto zu bezahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat sich auf die Ausschlussfristen des § 70 BAT berufen und eine formgerechte Geltendmachung erst in der Klageerhebung gesehen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch hat das beklagte Land keine Rechtsgrundlage erkennen können und die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL zählten zum pfändbaren Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin habe allenfalls die Möglichkeit gehabt, eine Änderung des unpfändbaren Betrages gemäß § 850 f ZPO zu beantragen, was jedoch nicht geschehen sei. Der Antrag sei insbesondere nicht zu ersetzen durch eine gesetzlich nicht vorgesehene Ausweitung des § 850 e Nr. 1 ZPO.
Wegen weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, des Weiteren auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin fünf Monatsbeträge á 25,00 EUR zugesprochen, im Übrigen die Klage abgewiesen mit dem Hinweis, weiter zurückliegende Ansprüche seien nach § 70 BAT verfallen. Aus der Zusammenschau der § 850 c und 850 e ZPO hat es gefolgert, dass Arbeitnehmerbeiträge zur VBL nicht zum laufenden Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 1 ZPO zu zählen seien. Auch wenn nach der Wortlautinterpretation des § 850 e ZPO die Beiträge nicht unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften abzuführen seien, handele es sich g...