Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 10.06.1986; Aktenzeichen 4 Ca 607/85) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 1986 – AZ 4 Ca 607/85 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung des durch die Teilnahme an einer zusätzlichen Betriebsversammlung am 17. Mai 1984 entstandenen Verdienstausfalls in Anspruch.
Die Kläger sind ausnahmslos Mitglieder der Industriegewerkschaft (zukünftig: IG-Metall) und als Arbeiter im Werksteil … des Werkes … der Beklagten beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein … unternehmen, welches Mitglied des Verbandes der Metallindustrie Baden-Württemberg ist. Auf die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit der Beklagten, die im Werksteil … etwa 800 Arbeitnehmer beschäftigt, findet der Manteltarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 28. Juni 1984 (zukünftig: MTV) Anwendung.
Anläßlich des im Jahre 1984 um die Arbeitszeitverkürzung geführten Arbeitskampfes informierte die Beklagte ihre Mitarbeiter mit einem Flugblatt vom 11. Mai 1984 (Bl. 12/13 d.A.) dahingehend, wegen der streikbedingten Produktions- und Zulieferausfälle seien (teilweise) Betriebsstillegungen unvermeidbar. Am 15. und 16. Mai 1984 teilte die Beklagte den Arbeitnehmern des Werksbereichs … schriftlich (Bl. 14 d.A.) mit, eine sinnvolle und wirtschaftliche Weiterbeschäftigung sei nicht möglich. Sie müsse daher bitten, ab dem 17. Mai 1984, 15.45 Uhr bis auf weiteres der Arbeit fernzubleiben. Daraufhin beschloß der Betriebsrat des Werksteils …, in dem Aggregate und Tauschaggregate für das Werk … gefertigt und repariert werden, die Belegschaft für den 17. Mai 1984, 14.00 Uhr zu einer zusätzlichen Betriebsversammlung einzuberufen. Zu dieser Versammlung wurden die Arbeitnehmer mittels eines im Werksteil verteilten Flugblattes eingeladen. Als Tagesordnungspunkte waren angegeben:
1. Unterrichtung der Belegschaft; 2. Aussprache.
Über die bevorstehende Betriebsversammlung waren der Werksleiter des Werksteils … und der kaufmännische Werksleiter des Werkes … informiert. Der kaufmännische Werksleiter untersagte die beabsichtigte Betriebsversammlung. Den Betriebsratsmitgliedern … und … gegenüber erklärten die Vertreter der Beklagten während eines am 16. Mai 1984 auf Bitte des kaufmännischen Werksleiters geführten Gesprächs, die an der geplanten Betriebsversammlung teilnehmenden Arbeitnehmer erhielten kein Entgelt.
Die Versammlung konnte nicht wie geplant in der Kantine durchgeführt werden, da diese verschlossen war. Die Versammlung, an der etwa 400 Arbeitnehmer teilgenommen haben, wurde in eine nahegelegene Gaststätte verlegt und dauerte von 14.00 Uhr bis 15.45 Uhr. Nach Beendigung der Versammlung wurden die Arbeitnehmer mit Ausnahme der Schichtarbeiter nicht in den Betrieb eingelassen. Sie konnten daher nicht ihre Stempelkarten abstempeln. Im gewerblichen Bereich hat die Beklagte über die Abteilungen bzw. über die Meister ermittelt, wer wegen der Teilnahme an der Versammlung nicht bei der Arbeit war.
Die Beklagte kürzte den Teilnehmern an der Versammlung bei der folgenden Abrechnung den Lohn um die versäumte Arbeitszeit von 2 Stunden. In der Folgezeit sind die Ansprüche der Kläger verschiedentlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden. Mit Schreiben vom 18. Juli 1984 (Bl. 22 d.A.) hat die IG-Metall die Vertretung des Betriebsrats des Werksteils … angezeigt und für den Fall, daß dem Betriebsrat die Kosten der Saalmiete nicht erstattet und den an der Versammlung teilnehmenden Arbeitnehmern das Arbeitsentgelt nicht nachbezahlt werde, die Einleitung eines Beschlußverfahrens in Aussicht gestellt, mit dem die verauslagte Saalmiete eingeklagt und die Feststellung begehrt werden sollte, zur Versammlung am 17. Mai 1984 sei rechtmäßig einberufen worden. Am 3. September 1984 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger Ziffer 1 und dem nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten der Kläger auf der einen Seite und dem kaufmännischen Werksleiter und dem Leiter der Rechtsabteilung der Beklagten auf der anderen Seite statt. Die Frage des Leiters der Rechtsabteilung, ob der nunmehrige Prozeßbevollmächtigte und der Betriebsratsvorsitzende bevollmächtigt seien, die Ansprüche für die Arbeitnehmer geltend zu machen, wurde von diesen bejaht. Der nunmehrige Prozeßbevollmächtigte stellte noch die Gegenfrage, ob der Leiter der Rechtsabteilung bevollmächtigt sei, für die Beklagte zu handeln. Auf einer Betriebsversammlung am 13. September 1984 verlangte ein IG-Metall-Sekretär von der Beklagten, allen betriebsangehörigen Teilnehmern an der Versammlung vom 17. Mai 1984 den Lohn nachzuzahlen.
Am 4. Oktober 1984 leitete der Betriebsrat das angekündigte Beschlußverfahren u.a. mit dem Antrag ein, festzustellen, daß die von ihm vertretenen Arbeitnehmer für die Zeit der Teilnahme an der Versammlung einen Anspruch auf Arbeitsentgelt besäßen.
Mit Schreiben vom 14. November 1984 (Bl. 69 d.A.) stellte de...