Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit des Vollstreckungstitels. Androhung einer Ordnungsstrafe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Prozessvergleich in einem Beschlussverfahren gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG kann Grundlage für eine Zwangsvollstreckung sein.
2. Eine in einem Prozessvergleich vom Arbeitgeber übernommene Unterlassungsverpflichtung, die als sog. Globaltitel auch Fälle umfasst, in denen kein gesetzliches Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, ist nicht mangels Bestimmheit zur Zwangsvollstreckung ungeeignet.
3. Die isolierte Androhung von Ordnungsgeld steht dessen Verhängung nicht entgegen.
Leitsatz (redaktionell)
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze bei ihm in 7-facher Ausfertigung einzureichen.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3; ArbGG § 85 Abs. 1; ZPO § 890 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 21.01.2002; Aktenzeichen 31 BV 19116/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Januar 2002 – 31 BV 19116/99 – aufgehoben.
2. Dem Vorsitzenden der Kammer 31 des Arbeitsgerichts Berlin wird die beantragte Verhängung von Ordnungsgeld übertragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Die Schuldnerin verpflichtete sich in einem vom Gläubiger auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützten Beschlussverfahren durch Prozessvergleich vom 17. November 1999, die Anordnung oder Duldung von Überstunden oder von Mehrarbeit über die mit den Beschäftigten vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne Zustimmung des Gläubigers oder deren Ersetzung durch den Spruch einer Einigungsstelle zu unterlassen.
Nach Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Prozessvergleichs im Parteibetrieb am 14. Dezember 1999 hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 19. April 2001 eine entsprechende Untersagungsanordnung getroffen und der Schuldnerin zugleich für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung die gerichtliche Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 20.000,00 DM angedroht.
Den Antrag des Gläubigers vom 01. Oktober 2001, gegen die Schuldnerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Ordnungsgeld wegen Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem Beschluss vom 19. April 2001 festzusetzen, hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 21. Januar 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, bei dem Prozessvergleich vom 17. November 1999 handele es sich um einen sog. Globaltitel, der wegen Unbestimmtheit nicht Grundlage der Zwangsvollstreckung sein könne. Außerdem sei der Androhungsbeschluss vom 19. April 2001 mangels Aufführung von Ersatzordnungshaft zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO nicht ausreichend, was jedoch dahinstehen könne.
Gegen diesen ihm am 29. Januar 2002 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. Februar 2002 beim Landesarbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers, welcher der Vorsitzende der Kammer 31 des Arbeitsgerichts Berlin nicht abgeholfen hat.
Die Schuldnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
2. Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO, § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG statthafte, fristgemäß und formgerecht gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 u. 2, Abs. 2 ZPO, § 78 Satz 1 ArbGG beim Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, ist begründet.
2.1 Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) sind erfüllt. Dabei ist Vollstreckungstitel gemäß §§ 794 Abs. 1 Nr. 1, 795 Abs. 1 Satz 1 ZPO weiterhin der Prozessvergleich vom 17. November 1999 und nicht etwa der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 19. April 2001, in dem es neben der Androhung von Ordnungsgeld die Unterlassungsanordnung aus dem Prozessvergleich wiederholt hat. Damit konnte kein zusätzlicher Vollstreckungstitel geschaffen werden, was das Arbeitsgericht trotz des irreführenden Ausspruchs offenbar auch nicht beabsichtigt hat, wie seinem angefochtenen Beschluss zu entnehmen ist, wo es den gerichtlichen Vergleich unter II a.E. der Gründe selbst als den zugrunde liegenden Titel bezeichnet. Dementsprechend ist der Antrag des Gläubigers vom 01. Oktober 2001 auch dahin zu verstehen, auf der Grundlage dieses Titels ein Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin festzusetzen.
2.2 Der Prozessvergleich vom 17. November 1999 stellt einen zur Vollstreckung geeigneten Titel dar.
2.2.1 Der in einem Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG geschlossene Vergleich kann Grundlage für ein Vollstreckungsverfahren sein, wie sich § 85 Abs. 1 Satz 1 u. 3 ArbGG entnehmen lässt, wo rechtskräftige Beschlüsse und gerichtliche Vergleiche als Vollstreckungstitel auch insoweit gleichgesetzt werden (LAG Bremen, Beschluss vom 16.12.1988 – 4 TaBV 30/88 – LAGE BetrVG 1972 § 23 Nr. 17 zu B II 2 b der Gründe; LAG Hamburg, Beschluss vom 27.01.1992 – 5 Ta 25/91 – NZA 1992, 568 zu II 2 a der Gründe). Soweit dies mit der Begründung abgelehnt wird, die Rechtsfrage, ob von einem groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine...