Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Werden im Rahmen der Entwicklung und Überprüfung eines EDV-Programmes verhaltens- und leistungsbezogene Echtdaten von Arbeitnehmern programmgemäß verarbeitet und sind die Ergebnisse einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen und im betrieblichen Ablauf abrufbar, so besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. Ziffer 6 BetrVG auch, wenn sich das Programm noch im Versuchsstadium befindet – sogenannte Arbeitsstudie – und nicht feststeht, ob es endgültig eingeführt wird.
Orientierungssatz
Werden im Rahmen der Entwicklung und Überprüfung eines EDV-Programmes verhaltens- und leistungsbezogene Echtdaten von Arbeitnehmern programmgemäß verarbeitet und sind die Ergebnisse einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen und im betrieblichen Ablauf abrufbar, so besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs 1 Ziffer 6 BetrVG auch, wenn sich das Programm noch im Versuchsstadium befindet - sogenannte Arbeitsstudie - und nicht feststeht, ob es endgültig eingeführt wird.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziffer. 6
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 23.07.1986; Aktenzeichen 6 BV Ga 2/86) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Juli 1986 – 6 BVGa 2/86 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragsgegnerin läßt seit dem 1. Juli 1986 in ihren Betrieb ein von ihrem Mitarbeiter, Herrn J., entwickeltes Personalcomputer-Programm „Qualitätssicherung” als Arbeitsstudie laufen und prüfen. Unter den Beteiligten ist unstreitig, daß bislang nicht feststeht, ob dieses EDV-Programm „Qualitätssicherung” sich letztlich als für den beabsichtigten Zweck der Verbesserung der Produkte durch Senkung der Fehlerzahl geeignet erweisen und dann endgültig eingeführt werden wird. Insofern ist diese Arbeitsstudie zunächst bis zum 31. Dezember 1986 begrenzt, wobei etwa aufgrund der Zielsetzung notwendig werdende Programmänderungen auch während dieses Zeitraumes stattfinden können.
In dem Programm werden Vordrucke über bestimmte Prüfergebnisse ausgewertet, welche die Arbeitnehmer der Antragsgegnerin unter Angabe ihres Namens und des Datums der Prüfung handschriftlich auszufüllen haben und die mit der jeweiligen Arbeitskarte mitlaufen. Wegen des Inhaltes der Vordrucke wird auf die Ablichtungen (Bl. 8 und 10 d.A.) verwiesen und wegen der programmgemäßen Auswertung auf die Ausdrucke (Ablichtungen Bl. 14 bis 16 d.A.).
Nach Informationen und Schriftwechsel zwischen den Beteiligten über das beabsichtigte Programm im Januar 1986, bei dem der Antragsteller bereits auf das nach seiner Auffassung bestehende Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG hinwies, teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Sehreiben vom 1. Juli 1986 mit, sie werde von diesem Tage an eine Arbeitsstudie zur Ermittlung eines geeigneten Verfahrens zur Qualitätssicherung durchführen, sehe aber im gegenwärtigen Planstadium weder Veranlassung, auf Wunsch des Antragstellers einen Sachverständigen hinzuzuziehen, noch könnten vor Feststellung des endgültigen Verfahrens Entscheidungen über Mitbestimmungsrechte getroffen werden. Wegen des Inhaltes dieses Schreibens wird auf die Ablichtung (Bl. 17 d.A.) verwiesen.
Mit einem am 10. Juli 1986 beim Arbeitsgericht Berlin [eingereichten Antrag hat der Antragsteller im Wege einstweiliger Verfügung von der Antragsgegnerin die Unterlassung begehrt, die Arbeitsstudie durchzuführen, solange nicht mit ihm] eine Betriebsvereinbarung über das Personalcomputer-Programm – Qualitätssicherung – herbeigeführt worden sei, und Hat zugleich für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Androhung eines Ordnungsgeldes begehrt. Er hat behauptet, mit diesem EDV-Programm „Qualitätssicherung” könne jederzeit festgestellt werden, welche Arbeitnehmer welche Fehler an welchem läge an welchem konkreten Werkstück begangen hätten. Aus dem Ausdruck sei auch ersichtlich, welche einzelnen Arbeitnehmer welchen Fehler wie häufig produziert hätten. Dies sei eine absolute Verhaltens- und Leistungskontrolle der Arbeitnehmer. Angesichts des bereits laufenden Programmes sei nach seiner Auffassung eine einstweilige Verfügung zum Schutz des Mitbestimmungsrechtes auch dringend geboten.
Demgegenüber hat die Antragsgegnerin vorgetragen, die Studie stelle lediglich ein Planungsstadium dar, da sie sich ihr Programm „selbst stricke”. Gerade weil noch nicht abzusehen sei, ob und in welcher Weise das EDV-Programm je eingeführt werde, könnten nach ihrer Auffassung derzeit Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nicht bestehen. Jedenfalls habe sie nicht grob gegen ihre Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen.
Die weitere Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhaltes unterbleibt in entsprechender Anwendung des § 543 Abs. 1 ZPO.
Durch Beschluß vom 23. Juli 1986 hat das Arbeitsgericht der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung die begehrte Unterlassung aufgegeben und ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ei...