Tenor

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es zu unterlassen, das Telenorma-Gesprächsdaten-Verarbeitungssystem GDV zu benutzen, solange die Zustimmung des Betriebsrats hierzu nicht vorliegt oder eine ersetzende Zustimmung der Einigungsstelle besteht, dies bei Meidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu 20.000,– DM.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (Antragstellers) im Zusammenhang mit der Einführung des Telenorma-Gesprächsdaten-Verarbeitungssystems GDV durch den Antragsgegner.

Der Antragsgegner beschäftigt ca. 250 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist der bei ihm gebildete Betriebsrat.

Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller in einem Gespräch davon in Kenntnis gesetzt hatte, daß der Einsatz einer neuen Telefonanlage geplant sei, bat der Antragsteller mit Schreiben vom 12.10.1988 (Bl. 7 d.A.) um detailliertere Informationen. Der Antragsgegner antwortete mit Schreiben vom 17.10.1988, dem eine Ablichtung der Bedienungsanleitung der Einzelapparate beigefügt war (Bl. 10–35 d.A.). Eine Gesamtbeschreibung des Systems liegt dem Antragsteller nicht vor. Mit Schreiben vom 17.11.1988 (das fälschlicherweise das Datum des 17.9.1988 trägt, Bl. 8 d.A.) bat der Antragsteller um weitere Informationen, woraufhin er die weiteren Schreiben des Antragsgegners vom 17.11.1988 (Bl. 9 d.A.) und 25.11.1988 (Bl. 36 f. d.A.) erhielt. Dem Schreiben vom 25.11.1988 waren Ablichtungen oder Originale von Ausdrucken beigefügt, die das Datum des 23.11.88 bzw. 24.11.88 tragen (Bl. 38 f. d.A.). Eine Zustimmung des Antragstellers zum Betrieb der Anlage ist nicht eingeholt und erklärt, eine Einigungsstelle nicht gebildet und angerufen worden.

Der Antragsteller ist der Auffassung, daß bei der Einführung der Telefonanlage sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verletzt worden sei und fortlaufend verletzt werde, woraus ein Unterlassungsanspruch folge, der zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden müsse.

Der Antragsteller beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, das Telenorma-Gesprächsdaten-Verarbeitungssystem GDV zu benutzen, solange die Zustimmung des Betriebsrats hierzu nicht vorliegt oder eine ersetzende Zustimmung einer Einigungsstelle besteht, bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er sieht Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht verletzt und behauptet, der angeschlossene Drucker sei ausgeschaltet und nicht betriebsbereit, auch sei zwischenzeitlich die Schnittstelle zur Anlage entfernt worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Antragsschrift vom 5.12.1988 und den Schriftsatz des Antragsgegners vom 13.12.1988 sowie die Sitzungsniederschrift vom 15.12.1988 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag ist zulässig und hat Erfolg.

Im Beschlußverfahren kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn der Antragsteller einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund hinreichend darlegt und glaubhaft macht (§ 85 Abs. 2 ArbGG i. V. mit §§ 935 ff. ZPO).

Der Antrag ist auch bestimmt genug i. S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Verhalten, das dem Antragsgegner untersagt werden soll, wird genau genug bezeichnet. Die konkrete betriebliche Fallgestaltung, die zur Beurteilung gestellt wird, ist genannt worden und ergibt sich aus dem im Tatbestand aufgeführten unstreitigen Sachverhalt.

Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch des titulierten Inhalts.

Es handelt sich im vorliegenden Fall sowohl um eine Sicherungsverfügung gemäß § 940 ZPO als auch um eine einstweilige Verfügung in Bezug auf den Streitgegenstand (§ 935 ZPO), da die Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte des Antragstellers durch die andauernde Nutzung, der neuen Telefonanlage jeweils nicht wiederherstellbar vereitelt wird und die Verwirklichung der Mitbestimmungsrechte des Antragstellers ohne einstweilige Verfügung vereitelt würde.

Der Antragsteller kann die Unterlassung des gerügten Verhaltens verlangen. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht im Beschluß vom 22.2.1983 (AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972) einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nur auf die Fälle des § 23 Abs. 3 BetrVG beschränkt. Dieser Entscheidung ist jedoch das Landesarbeitsgericht Frankfurt/M. in der neueren Rechtsprechung (vgl. Beschluß vom 19.4.1988 – 5 Ta BV Ga 52/88 – und Beschluß vom 11.8.1987 – 5 Ta BV Ga 88/87 = LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 12) mit anderen Landesarbeitsgerichten und gewichtigen Stimmen aus der Literatur ausdrücklich entgegengetreten. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Frankfurt/M. an. Der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (1. Senat) ist schon deshalb nicht zu folgen, weil § 23 Abs. 3 BetrVG lediglich einen Auffangtatbestand normiert hat, der Unterlassungsansprüche des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungs...

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