Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrecht bei Telefonvermittlungsanlage

 

Orientierungssatz

1. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG, wenn der Arbeitgeber eine Telefonanlage installieren will, die in der Lage ist, Daten über die von den Mitarbeitern geführten Telefongespräche zu erfassen.

2. Diese Daten sind personenbezogene Daten des Arbeitnehmers im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes; sie können, wenn die Zielnummer erfaßt wird, auch personenbezogene Daten des Angerufenen sein.

3. § 23 Abs 3 BetrVG enthält einen eigenständigen Unterlassungsanspruch neben anderen Unterlassungsansprüchen im Betriebsverfassungsrecht, so daß durch § 23 Abs 3 die allgemeinen Vorschriften zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung nicht ausgeschlossen werden.

4. Das Verfahren wurde durch Vergleich beendet.

 

Normenkette

BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 6

 

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung urtersagt bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, der Antragsgegnerin, die programmierte, digitale Telefonvermittlungsanlage … in Betrieb zu nehmen oder weiter zu betreiben, bis zu einer das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers regelnden Betriebsvereinbarung oder eines diese ersetzenden Spruches der Einigungsstelle.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Der Gegenstandswert wird auf 30.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller ist Betriebsrat bei der Antragsgegnerin, einer Großforschungseinrichtung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen in Form einer GmbH.

Bei der Antragsgegnerin ist aufgrund einer mit dem Antragsteller nicht vorher verhandelten Bestellung eine programmierte digitale Vermittlungsanlage … Der Firma … als Telefonvermittlungsanlage installiert.

Etwa Oktober 1987 finden hierzu zwischen den Beteiligten Verhandlungen über den Abschluß einer Betriebsvereinbarung statt, die jedoch nicht zu einem Abschluß gekommen sind.

Die installierte Anlage ist keine Telefonanlage im üblichen Sinne, sondern ist nach dem Vortrag des Antragstellers in der Lage, Daten über das Verhalten der Arbeitnehmer zu erfassen. Die Anlage hat die Möglichkeit der Erfassung der Zielnummer bei Dienstgesprächen und Privatgesprächen.

Die Nummer des Anrufers wird in einem Anzeigenfeld auf dem Telefonapparat des Angerufenen angezeigt, dadurch daß diese Telefonnummer angezeigt wird, ist sie in der Anlage zur Abspeicherung und kontrollierten Auswertung feststellbar.

In der Anlage ist die zur Abhörvorgängen verwendete Standardsoftware vorhanden. Hierdurch wird es ermöglicht, Gespräche von Arbeitnehmern der Antragsgegnerin abzuhören. Um Gespräche zu registrieren, ist im … die spezielle Funktion „Fangen” vorgesehen. Diese Funktion ermöglicht es auf einen bestimmten Zeitpunkt zu sämtliche im Betrieb in diesem Augenblick, geführten Gespräche zwischen Arbeitnehmer untereinander und Dritten festzuhalten.

Mit Schreiben vom 15. März 1988, (Blatt 9 bis 11 d.A.) kündigte die Antragsgegnerin dem Betriebsrat an, daß sie ab Freitag, den 18. März 1988 die Anlage in Betrieb nehmen werde. Die dazu notwendigen Arbeiten würden am. Freitag und Samstag, dem 18. und 19. März 1988 zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr durchgeführt. Zur Inbetriebnahme und zu der damit verbundenen Notwendigkeit der Ableistung von Überstunden durch Mitarbeiter der Antraggegnerin erwarte der Vorstand die Zustimmung bis Donnerstag, den 17.03.1988, 11.00 Uhr. Als betroffene Mitarbeiter wurden die Arbeitnehmer … … und … benannt,(vgl. im einzelnen Blatt 11 d.A.).

Unter dem 16. März 1988,(vgl. Blatt 12 und 13 d.A.) erließ die Antragsgegnerin eine Hausmitteilung über die neue Fernsprechanlage, die am 18. März 1988 ab 8.00 Uhr in Betrieb genommen werde. Dem Betriebsrat seinerseits wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 17. März 1988, 11.00 Uhr abschließend zur Inbetriebnahme des neuen Telefonvermittlungssystems … zu äußern.

Der Antragsteller lehnte mit Schreiben vom 17.03.1988 (Bl. 7 und 8 d.A.) die Zustimmung zur Inbetriebnahme ab. Bedauert in diesem Schreiben auf der Basis der Vorschläge der Antragsgegnerin seine Zustimmung zur Einführung von … nicht geben zu können. Insbesondere bemängelt er unter Ziffer 3, daß die Forderung des Betriebsrats nach Löschung der Software, die andere als die vereinbarten Funktionen aufweise aus systemtechnischen Gründen als nicht realisierbar dargestellt werde.

Der Betriebsrat der Antragsteller seinerseits weist daraufhin, daß er hier nur Vertriebstechnische Gründe der Auftragnehmerin erblickt. Unter Ziffer 4.) bemängelt der Antragsteller, daß die ersatzweise angebotenenen Sicherungsmaßnahmen von ihm in der Sitzung vom 15. März 1988 als nicht ausreichend bewertet wurden. In Ziffer 5.) bemängelt der Betriebsrat, daß die fehlenden Bschreibungen der Firma … nicht geliefert wurde. Er hält sich deshalb für nicht umfassend und vollständig unterrichtet, um seine Mitbesti...

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