Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung von Umkleidezeiten
Leitsatz (amtlich)
Das Ablegen der Privatkleidung vor dem Anlegen der Unternehmensbekleidung und das Anlegen der Privatkleidung nach Ablegen der Unternehmensbekleidung sind untrennbar miteinander verbunden und stellen deshalb insgesamt den Zeitraum des Umkleidens dar.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.02.2015; Aktenzeichen 23 BV 13718/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Februar 2015 - 23 BV 13718/14 - teilweise abgeändert.
1. Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Betriebsrat jederzeit Einsicht in die mit Stempelaufdruck zu den Umkleidezeiten versehenen Arbeitsaufträge zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten für den Wahlbetrieb F.I.7 (Berlin/Stralsund) über den Umgang mit Umkleidezeiten.
Die Betriebsparteien verhandelten bereits länger über die Mitbestimmung im Zusammenhang mit dem An- und Ablegen der Unternehmensbekleidung. Dazu vereinbarten sie eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Umkleidezeiten", die erstmals am 21. Dezember 2011 tagte. Im August 2012 wurde das Einigungsstellenverfahren terminlos gestellt und am 28. April 2014 fortgesetzt.
Zwischenzeitlich hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 12. November 2013 in zwei Verfahren (1 ABR 34/12 und 1 ABR 59/12) Grundsätze für die mitbestimmungsrechtliche Handhabung von Umkleidezeiten auch bezüglich der im Betrieb der hiesigen Arbeitgeberin geltenden Tarifverträge aufgestellt.
In der Sitzung der Einigungsstelle vom 18. Juli 2014 verabredeten die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung, die am 25. Juli 2014 von beiden Betriebsparteien genehmigt und unterzeichnet wurde. Materiell regelt diese in § 2 unter der Überschrift "Vorlage der Einsatzpläne zur Mitbestimmung mit Zeiten über das An- und Ablegen der Unternehmensbekleidung":
Der Arbeitgeber legt dem Betriebsrat Einsatzpläne vor, die für alle Arbeitnehmer in ausreichendem Maße Zeiten für das An- und Ablegen der Unternehmensbekleidung im Betrieb berücksichtigen.
Die Ermittlung des ausreichenden Umfangs der Zeiten für das An- und Ablegen der Unternehmensbekleidung ist allein Sache des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber verpflichtet sich, mit Wirkung ab dem, 7. August 2014 die tatsächlich aufgewandten Zeiten des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung der Arbeitnehmer, die sich im Betrieb umziehen, zu erfassen.
In einer darauf verfassten Mitarbeiterinformation vom 7. August 2014 hat die Arbeitgeberin den Text der Betriebsvereinbarung bekannt gegeben. Dazu hat sie ausgeführt:
"Der Geltungsbereich umfasst den Bereich Zuggastronomie, Zugbegleitdienst und die Bereitstellungslokführer. Allen UBK-pflichtigen Mitarbeitern bleibt es auch weiterhin freigestellt, wo sie ihre Unternehmensbekleidung anziehen. Dies kann im Betrieb oder außerhalb des Betriebes sein. Das bislang bestehende Wahlrecht der Arbeitnehmer bleibt bestehen. Eine frühere Anfahrt oder ein gesondertes Aufsuchen der Betriebsräume nach Schichtende wird durch die Betriebsvereinbarung nicht erforderlich. Eine Anrechnung auf die Arbeitszeit erfolgt nicht.
Für den Fall, dass Sie im Betrieb die Unternehmensbekleidung An- und Ablegen füllen Sie bitte entsprechenden Stempelaufdruck unter Benennung der tatsächlich aufgewandten Zeit auf Ihrem Arbeitsauftrag aus."
Der Stempelaufdruck lautet:
Ankleidezeit ist die Zeit für das Anlegen der Dienstkleidung (OHNE Zeiten z.B. für das Ablegen der privaten Bekleidung, Wegezeiten oder zur Nutzung der sanitären Anlagen und sozialen Einrichtungen). Auskleidezeit ist die Zeit für das Ablegen der Dienstkleidung (OHNE Zeiten z.B. für das Ablegen der privaten Bekleidung, Wegezeiten oder zur Nutzung der sanitären Anlagen und sozialen Einrichtungen).
Weiter heißt es:
"Durch die DB F. AG werden 2 Minuten für das An- und Ablegen der Ubk i.S.d. BV zur Regelung der Mitbestimmung beim An- und Ablegen der Ubk als ausreichend erachtet."
Nach § 45 Abs. 3 des funktionsgruppenspezifischen Tarifvertrages für Tätigkeiten der Funktionsgruppe 5 - Bahnservice und Vertrieb - (FGr 5-TV) umfasst eine Schicht den gesamten Zeitraum einschließlich der Fahrgastfahrten, Bereitschaftszeiten und Tätigkeitsunterbrechungen zwischen zwei Ruhezeiten. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 FGr 5-TV beginnt und endet die Arbeitszeit am vorgeschriebenen Arbeitsplatz.
Nach § 48 FGr 5-TV ist Unternehmensbekleidung so definiert, dass es Kleidungsstücke sind, die zur Sicherstellung eines einheitlichen und gepflegten Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit an Stelle anderer Kleidung während der Arbeit getragen werden müssen.
Nach § 4 des FGr 5-TV ist für jede Stunde der nach § 30 Abs. 2 und 3 BasisTV zu vergütenden Arbeitszeit 1/169,66 des Monatsentgelts, für jede halbe Stunde die Hälfte dieses Betrags zu zahlen. Ergeben sich dabei 169,66/169,66 oder mehr, ist das Monatsentgelt zu zahlen. Nach § 30...