Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeit. entgegenstehende betriebliche Gründe. Durchsetzung eines Teilzeitanspruchs im Wege einstweiliger Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG kann auch im Rahmen einstweiligen Rechtschutzes vorläufig durchgesetzt werden.

 

Normenkette

TzBfG § 8; ZPO § 894

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.10.2011; Aktenzeichen 39 Ga 15208/11)

 

Tenor

I. Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.10.2011 - 39 Ga 15208/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:

Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, mit Wirkung ab 22. Oktober 2011 der Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit der Verfügungsklägerin von bislang 40 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden zuzustimmen für einen Zeitraum längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, ob die Verfügungsbeklagte (künftig: die Beklagte) mit Wirkung ab 22. Oktober 2011 der Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit der Verfügungsklägerin (künftig: die Klägerin) auf 32 Wochenstunden zuzustimmen hat.

Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 2006 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 2008 ist sie als Assistent Store Managerin (ASM) tätig. Mit Antrag vom 10. Mai 2011 hat sie die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden beantragt, da sie ab Oktober des gleichen Jahres ein Fernstudium aufnehmen wollte. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 22. August 2011 abgelehnt. Seit dem 5. Oktober 2011 hat die Klägerin die verbindliche Zulassung zum Studium erhalten.

Bei der Beklagten in der Region Berlin sind zwei Store Manager (SM) zwar vollzeitig tätig, wegen ihrer Betriebsratsarbeit jedoch einen Tag pro Woche von der Arbeit freigestellt. In der Filiale am P. Platz ist Frau N. während der Elternzeit nur noch mit 30 Wochenstunden als SM tätig. Frau B. arbeitet dort als weitere SM in Vollzeit. Mitte November 2011 erfolgte für dieses Geschäft eine Stellenausschreibung, wonach die Stelle als ASM mit 32/40 Stunden zu besetzen sei (Kopie Bl. 187 d. A.). Die Klägerin hat sich hierauf beworben. Der für ihre Filiale zuständige Distriktleiter hatte hiervon Kenntnis. Die Klägerin wurde auch in die Urlaubsplanung für das Jahr 2012 bei der Filiale P. Platz berücksichtigt.

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in der I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Unter dem 19. Oktober 2011 hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass die Verfügungsbeklagte mit Wirkung ab 22. Oktober 2011 der Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit der Verfügungsklägerin von bislang 40 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden mit einer flexiblen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb der Geschäftszeiten zuzustimmen hat. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Diese ist der Ansicht, dass dem Teilzeitverlangen der Klägerin erhebliche betriebliche Gründe entgegenstünden. Sie vertrete den grundsätzlichen Ansatz, im Managementbereich nur Vollzeitkräfte zu beschäftigen. Es sei eine größtmögliche Präsenz im jeweiligen Store erforderlich. Die ASM hätten in erster Linie Leitungs- und Führungsaufgaben wahrzunehmen. Als Leader, Coach und Unternehmer seien sie zu 80 % ihrer Zeit aktiv mit ihren Partnern im Coffee House tätig. Der von ihnen inne gehabte Arbeitsplatz sei nicht teilbar. Aufgrund des hohen Teilzeitanteils und der Fluktuation in der Ebene darunter sei durch die SM und ASM eine Konstanze zu schaffen. Dieses Konzept werde in sämtlichen Stores in Berlin umgesetzt. Es müsse auch gewährleistet sein, dass Weisungen aus Essen ohne Verzögerung umgesetzt würden. Wäre die Klägerin jedoch an einem Tag pro Woche nicht vor Ort, käme es zu erheblichen Verzögerungen. Bei einer Reduzierung von fünf auf vier Arbeitstage bliebe der SM an einem kompletten Wochentag ohne Vertreter. An jedem Tag müsse jedoch mindestens eine Schicht durch den SM oder ASM abgedeckt werden. Von den Mitgliedern des Managements werde ein 100prozentiger Einsatz erwartet. Dies schließe die Ableistung gelegentlicher Überstunden ein. Auf den Stellen der ASM müsse es die Möglichkeit zur Beförderung geben. Da auch die Ebene der SM nicht mit Teilzeitkräften ausgefüllt werde, blockiere die Klägerin über Jahre einen Ausbildungsplatz. Für die reduzierten acht Stunden sei eine Teilzeitkraft nicht zu finden. Ein Verfügungsgrund sei ebenfalls nicht gegeben. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht angenommen, ein Fernstudium könne nicht neben einer Vollzeittätigkeit möglich sein. Dies gehe jedenfalls bis zur Hautsacheentscheidung. Im Übrigen hätte die Klägerin schneller eine einstweilige Verfügung einreichen müssen. Von der Stellenausschreibung für den P. Platz habe der für diese Filiale zuständige Distriktsleiter nichts gewusst.

Nachdem die Klägerin zul...

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