Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzpflicht eines Software-Entwicklers wegen der Vergabe eines Passworts
Leitsatz (amtlich)
Ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB erfordert die konkrete Darlegung einer Pflichtverletzung. In der Vergabe eines Passwortes, die vom Hersteller einer Roboterstation und vom entsprechenden Programm aus Sicherheitsgründen ausdrücklich vorgesehen ist, liegt keine Pflichtverletzung.
Macht ein Arbeitgeber geltend, der Arbeitnehmer habe weisungswidrig nicht das vorgegebene Passwort vergeben, muss dargelegt werden, welches Passwort hätte vergeben werden müssen sowie, wann und wie ggf. festgestellt wurde, dass dieses nicht vergeben wurde.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 619a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.06.2016; Aktenzeichen 1 Ca 12523/15) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.06.2016; Aktenzeichen 1 Ca 14493/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Juni 2016, 1 Ca 12523/15, 1 Ca 14493/15 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben die Klägerin zu 68/100 und der Beklagte zu 32/100 zu tragen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits II. Instanz hat die Klägerin zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch.
Der Beklagte war bis 30. April 2015 Arbeitnehmer der Klägerin und als Softwareentwickler für den Kunden B. im Einsatz, u.a. mit dem Auftrag der Programmierung und Sicherheitsinbetriebnahme einer Roboterstation. Letzter Arbeitstag des Beklagten war der 1. April 2015, anschließend wurde Urlaub und Freizeitausgleich für Überstunden gewährt.
Am 28. Juli 2015 wandte sich der Mitarbeiter S. der Klägerin per SMS an den Beklagten und teilte mit, man brauche das Passwort für den Sicherheitsinbetriebnehmer. Der Beklagte antwortete "ich schaue nach" und bat zu fragen, ob der Chef das angeforderte Zeugnis bis morgen ausstellen könne, er komme dann morgen vorbei und bringe das Passwort mit. Mit Schreiben vom 13. August 2015 teilte der Beklagte mit, er habe das Passwort nicht mehr und führte in diesem Schreiben weiter aus, die Sicherheitseinstellungen an einem K.-Industrieroboter seien mit einem Passwort zu versehen, um versehentliche Änderungen an dem Sicherheitsprogramm auszuschließen. Herrn R. und Herrn S. sei bekannt gewesen, dass er dieses ändere. Auf seine Anfrage sei ihm das Passwort vorgegeben worden, die Vergabe sei im Januar 2015 während der Inbetriebnahme beim Kunden in der Halle erfolgt. Er habe dieses nicht mehr geändert.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Schadensersatz verlangt und zur Begründung ausgeführt: Es habe Probleme mit der Roboterstation gegeben, weshalb Herr S. zusammen mit einem externen Dienstleister mit einem Zeitaufwand von etwa einem Tag den Fehler gesucht habe. Ursprünglich habe man einen Softwarefehler vermutet, bis man festgestellt habe, dass das Passwort geändert worden sei. Die Suche nach dem Fehler habe am 29. Juli 2015 bei Herrn K. von der Firma Ink. vier Stunden und bei Herrn S. zwei Stunden gedauert. Am 30. Juli 2015 sei es zu einem neuen Versuch mit telefonischer Unterstützung gekommen, das Sicherheitsprogramm zu öffnen, der gescheitert sei. Hierfür hätten Herr K. vier Stunden und Herr S. zwei Stunden aufgewandt. Am 30. August 2015 habe man hilfsweise versucht, den Bezugspunkt des Roboters zu versetzen, der Zeitaufwand hierfür habe bei Herrn K. vier Stunden, bei Herrn R. zwei Stunden und bei Herrn S. zwei Stunden gedauert. Trotz dieser zeitaufwendigen Bemühungen habe man feststellen müssen, dass weiterer Aufwand erforderlich sei.
Ohne Kenntnis des Passwortes müsse die Roboterstation auf die Werkseinstellung zurückgesetzt werden. Hierfür müsse ein K.-Mitarbeiter aus Braunschweig anreisen, wofür ein Angebot zu 690,00 Euro zuzüglich 970,00 Euro Reisekosten und Spesen vorliege, d.h. insgesamt 1.660,00 Euro. Hinzu kämen erforderliche Eigenleistungen der Beklagten von 32 Stunden. Hierfür seien 2.270,00 Euro anzusetzen, weil während dieses Einsatzes keine anderweitigen Tätigkeiten möglich seien, mit denen ein Stundensatz von 85,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer zu erwirtschaften sei. Dies auch für die o.g. angefallenen 16 Stunden um herauszufinden, dass das Passwort geändert wurde, die Bemühungen um Information über das Passwort und die Suche nach vorläufigen Ersatzlösungen, d.h. ein weiterer Schaden von 1.360,00 Euro.
Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte zunächst ankündige, das Passwort mitzubringen und dann behaupte, dieses nicht mehr zu haben. Ein Passwort sei zu hinterlegen, eine Änderung sei nicht üblich. Der Beklagte räume ein, dass Passwort geändert zu haben, wofür weder Auftrag noch Anlass bestanden habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.290,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.09.2015 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und einen zuvor angekündigten Widerklageantrag zurüc...