Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Ausübung des Direktionsrechts durch Veränderung der Arbeitsaufgaben. Kein Schmerzensgeldanspruch wegen Nichtbeschäftigung durch Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro, weil ihn der Arbeitgeber trotz bestehendem Arbeitsverhältnis nicht beschäftigt und damit sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat.
2. Ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld besteht mangels kausaler Gesundheitsverletzung nicht.
3. Die Entziehung von Arbeitsaufgaben ist durch die Ausübung des Direktionsrechts nach § 315 BGB gedeckt.
4. Den Arbeitnehmer wiederholt auf Fortbildungsveranstaltungen zu schicken stellt keine angemessene Beschäftigung dar.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004, 253, 611, 613, 242; TVöD § 37; ZPO § 256
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 02.09.2020; Aktenzeichen 56 Ca 10470/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. September 2020 - 56 Ca 10470/19 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. September 2019 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 9/10, die Beklagte 1/10. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Schmerzensgeld bzw. Entschädigung sowie auf Schadensersatz.
Die Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21. Mai 2013 (Bl. 102 d.A.) bei der Beklagten seit dem 15. Mai 2013 im Bundesamt für A als Tarifbeschäftigte der Entgeltgruppe 9 TVöD beschäftigt. Im Arbeitsvertrag sind die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD, TVöD besonderer Teil Verwaltung, TVÜ-Bund) in ihrer jeweils geltenden Fassung vereinbart. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin vom 22. Februar 2019 zum 31. August 2019.
Die Klägerin war zunächst als Sachbearbeiterin des Referats 6E3 im Bereich der Internetsachbearbeitung, Erstellung von Berichten und Vermerken auf der Grundlage von Internetrecherchen eingesetzt. Im Oktober 2014 wurde sie dem Referat 6C2 als Sachbearbeiterin im Referat Berichtswesen und Öffentlichkeitsarbeit zugeordnet. Sie erstellte dort Berichts- und Redebeiträge für die Abteilungsleitung sowie für die Behördenleitung und bearbeitete Presseanfragen. Dienstvorgesetzte der Klägerin waren der Referatsleiter, dann der Referatsgruppenleiter und in dritter Stufe der Abteilungsleiter der Abteilung 6.
Im April 2016 entzog die Beklagte der Klägerin die Aufgaben im Bereich Presseanfragen und Öffentlichkeitsarbeit und übertrug ihr ab dem 14. April 2016 zunächst die Erstellung von Wochenberichten der Abteilung 6 für das hausinterne Medium "BfV aktuell". Dazu führten die Parteien am 28. April 2016 sowie am 11. Mai 2016 Personalgespräche, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Die Mitarbeiterkennung der Klägerin wurde von 6C2_7 in 6C_ZBV2 geändert.
Am 26. Mai 2016 wurde die Klägerin gemäß einer schriftlichen Arbeitsanweisung vom 26. Mai 2016, für deren Einzelheiten auf Bl. 271 f. d.A. Bezug genommen wird, mit der Erstellung eines internen Handbuchs für die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten beauftragt. Nach der schriftlichen Arbeitsanweisung sollte die Bearbeitung in drei Abschnitten erfolgen; es war ein Gesamtzeitraum von sieben Wochen für die Bearbeitung veranschlagt.
Vom 8. Juli 2016 bis zum 9. April 2018 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt wegen psychischer Beschwerden und einer depressiven Störung. In der Zeit vom 17. August 2016 bis zum 28. September 2016 nahm sie an einer Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der sie arbeitsunfähig entlassen wurde. Im Entlassungsbericht heißt es, dass im Hinblick auf den unlösbaren Arbeitsplatzkonflikt eine Rückkehr an den jetzigen Arbeitsplatz nicht zu empfehlen sei. Die Klägerin legte diesen Bericht am 17. Oktober 2016 dem ärztlichen Dienst des Bundesministeriums des B vor und bat um ihre Umsetzung.
Am 16. Januar 2017 prüfte der Medizinische Dienst der Krankenkasse für die TKK die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und teilte der Krankenkasse mit, vor dem Hintergrund eines ungelösten Arbeitskonflikts drohe bei Rückkehr an den alten Arbeitsplatz eine Verschlimmerung des Leidens, die Arbeitsunfähigkeit sei medizinisch begründet, eine innerbetriebliche Umsetzung sei zu prüfen (Bl. 26 d.A.).
Am 20. April 2017 führten die Parteien unter Beteiligung des damaligen Rechtsanwalts der Klägerin ein Gespräch über deren Wiedereingliederung. Ergebnis des Gesprächs sollte eine Umsetzung der Klägerin sein. Ob dabei, wie in dem Ergebnisprotokoll vom 10. Juli 2017 (Bl. 21...