Leitsatz (redaktionell)
I. 1. Nach einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen - unwirksamen- ordentlichen Kündigung kann das zur Begründung des Annahmeverzuges ausreichende wörtliche Arbeitsangebot schon vor Ablauf der Kündigungsfrist erklärt werden.
2. Ein vom Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung erklärtes Arbeitsangebot ist sinngemäß dahingehend zu verstehen, daß er seine Arbeitskraft generell für die Zukunft, und zwar in dem Umfang anbietet, in dem er zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.
3. Wenn der Arbeitnehmer in einem Zeitraum, auf den sich sein generell erklärtes Arbeitsangebot bezieht, arbeitsunfähig krank ist, beseitigt dies nicht die Wirkung seines bereits erklärten Arbeitsangebots; der Arbeitnehmer ist deshalb nicht gehalten, sein Arbeitsangebot nach Ablauf seiner Arbeitsunfähigkeit zu wiederholen (Abweichung von BAG Urteil vom 26.08.1971 - 2 AZR 301/70 = AP Nr 26 zu § 615 BGB und Abweichung von BAG Urteil vom 27.01.1975 - 5 AZR 404/74 = AP Nr 31 zu § 615 BGB).
4. Hält sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzuges des Arbeitgebers einige Zeit im Ausland auf, so kann allein deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß der Arbeitnehmer für diese Zeit in Wahrheit nicht leistungsbereit war und deshalb keinen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 615 Satz 1 BGB hat.
5. Nachdem der Arbeitnehmer sich arbeitslos gemeldet hat, begründet allein sein zeitweiliger Auslandsaufenthalt nicht die Vermutung, er habe es böswillig unterlassen, eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
6. Eine entsprechende Vermutung wird auch nicht durch die Tatsache begründet, daß der Arbeitnehmer trotz seiner Meldung beim Arbeitsamt kein Arbeitslosengeld erhalten hat.
7. Fehlende eigene Bemühungen um das Auffinden einer neuen Arbeit können nur dann als "böswillig" angesehen werden, wenn eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß derartige Bemühungen erfolgreich gewesen wären.
II. 1. Der Arbeitgeber ist an eine betriebsöffentlich bekanntgemachte Zusage (Gesamtzusage) über die Gewährung einer Gratifikation insoweit gebunden, als er an sämtliche in dieser Zusage benannten anspruchsberechtigten Arbeitnehmer die Gratifikation zu zahlen hat.
2. Diese Bindung des Arbeitgebers hat gewohnheitsrechtlichen Charakter und beruht nicht auf dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
3. Bestimmt der Arbeitgeber in der "Gesamtzusage" den Kreis der leistungsberechtigten Arbeitnehmer abschließend, so kann er nicht einzelne Arbeitnehmer von der Gewährung der Gratifikation mit der Begründung ausnehmen, sie hätten ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.
4. Es bleibt dahingestellt, ob die individuelle Verweigerung generell gezahlter Gratifikationen im Hinblick auf Pflichtverletzungen, die eine Kündigung nicht rechtfertigen, mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist und der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG unterliegt.
Orientierungssatz
Revision eingelegt (2 AZR 106/84).
Normenkette
BGB §§ 242, 293, 295, 611, 615
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 15.06.1983; Aktenzeichen 5 Ca 90/82) |
Fundstellen