Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellungsgespräch außerhalb der Dienstzeit als Kündigungsgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Der Angestellte des öffentlichen Dienstes hat sich so zu verhalten, daß er nach herkömmlicher Auffassung über Anstand, gute Sitte und Rechtschaffenheit keinen Anlaß zu Beanstandungen gibt. Er hat alles zu vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, dienstliche Angelegenheiten würden mit privaten Wünschen und deren Durchsetzung verquickt. Die Verletzung dieser Pflicht kann im Einzelfall eine Kündigung rechtfertigen.
2. Einstellungsgespräche haben regelmäßig während der Dienstzeit in den Diensträumen stattzufinden.
Normenkette
KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 24.04.1989; Aktenzeichen 20 Ca 23/89) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. April 1989 – 20 Ca 23/89 – wird auf seine Kosten zurückgewies.
Tatbestand
Die Parteien streiten (noch) um die Wirksamkeit einer (hilfsweise) ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des beklagten Landes.
Der am … 1937 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur mit der Fachrichtung Gartengestaltung und Landschaftsplanung. Er ist verheiratet und hat vier unterhaltsberechtigte Kinder. Seine Ehefrau arbeitet als Oberärztin in der K.-B. Nervenklinik, Krankenhausbetrieb von Berlin-R.
Der Kläger stand seit dem 18. Februar 1981 gegen ein monatliches Bruttoentgelt von zuletzt 5.280,83 DM in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land. Auf das Arbeitsverhältnis finden vereinbarungsgemäß die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung.
Der Kläger war zunächst für eine Aufgabe von begrenzter Dauer als Angestellter der Abteilung Volksbildung des Bezirksamts N. von Berlin zur Durchführung von Maßnahmen zur sozialen und beruflichen Eingliederung ausländischer Jugendliche (MBSE) eingestellt. Er war stellvertretender Leiter der MBSE-Maßnahmen und Fachbereichsleiter für Allgemeinkunde. Mit Schreiben vom 11. November 1985 erhielt der Kläger eine Abmahnung wegen sittlicher Belästigung der auszubildenden Schülerin C. H.. Das aufgrund der Anzeige des Rechtsamts des Bezirksamts Neukölln von Berlin wegen Beleidigung eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße durch den Kläger in Höhe von 1.500,– DM eingestellt. Am Schluß des Abmahnungsschreibens (Bl. 111, 112 d.A.), auf das im übrigen Bezug genommen wird, heißt es:
„Wir fordern Sie deshalb auf, sich so zu verhalten daß der Verdacht unkorrekten Verhaltens gegenüber Auszubildenden und Mitarbeiterinnen im Interesse aller nicht mehr vorgetragen werden kann. Sollten Sie gegen diese selbstverständliche Pflicht erneut verstoßen, wird das unwiderruflich den Bestand Ihres Arbeitsvertrages gefährden, das heißt, daß wir das Beschäftigungsverhältnis unverzüglich aufkündigen werden.
Wir hoffen, Ihnen den Ernst der Angelegenheit hinreichend verdeutlicht zu haben und erwarten von Ihnen in Ihrem eigenen Interesse eine Änderung Ihres Verhaltens, so daß es keinen erneuten Grund zur Klage gibt.”
Mit Wirkung vom 1. März 1986 erhielt der Kläger einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit. Vom 1. September 1986 bis zum 14. Dezember 1986 war der Kläger in der Abteilung Personal und Verwaltung des Bezirksamts N. von Berlin tätig. Mit Wirkung vom 15. Dezember 1986 wurde er zur Abteilung Bau- und Wohnungswesen abgeordnet. Seit dem 1. August 1988 ist er in dieser Abteilung als Planungsleiter für die ABM-Maßnahmen „Grün macht Schule” tätig, deren Aufgabe die Schulhofsbegrünung in N. ist. Das Projekt beinhaltet nach seiner Zielsetzung insbesondere die Förderung von arbeitslosen Jugendlichen. Dem Kläger oblag die pädagogische Betreuung, die Gestaltung von Informationsveranstaltungen und Ausstellungen sowie der Kontakt zu den schulischen Arbeitskreisen und deren Dokumentation. Ihm unterstanden zwei Fachhochschul-Ingenieure und drei Gärtner.
Für Planungsvorhaben im Rahmen der vorgenannten Tätigkeiten übermittelte der Senator für Wirtschaft und Arbeit Bewerber (innen) für die sog. Lenkungsaufgaben, und zwar Gartenbauingenieure und Gärtner bzw. Gärtnerinnen an die Abteilung Bau- und Wohnungswesen für eine Vorauswahl. Anfang 1989 erfolgte ein Einstellungsverfahren für Gärtner hinsichtlich sämtlicher Bereiche des Gartenbauamtes N.. An den Vorstellungsgesprächen nahm der Kläger teil, da sein Personalbereich hiervon betroffen war. Die Einstellung geeigneter Bewerber erfolgt anschließend durch den Senator für Wirtschaft und Arbeit im Rahmen des ABM-Programms. Alle Einstellungs- und Bewerbergespräche sind ausschließlich in den Diensträumen der Abteilung, und zwar grundsätzlich nach vorheriger Absprache mit dem Büroleiter oder von diesem selbst durchzuführen. Dies war dem Kläger bekannt.
Am 3. Februar 1989 fanden Bewerbergespräche im Gartenbuamt des Bezirksamts N. für die Besetzung freier Gärtnerstellungen statt, wobei u.a. über die Besetzung freier Stellen im Bereich der ABM-Maßnahme „Schulhof-Begrünung” entschieden wurde. Der Kläger wa...