Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Betriebsräte für einen Sozialplan in einem Konzern. Abgrenzung der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats, der Gesamtbetriebsräte und der Einzelbetriebsräte
Leitsatz (amtlich)
1. Streiten die Betriebsparteien in einem Konzern über die Zuständigkeit für einen Sozialplan, so sind an dem Verfahren der Konzernbetriebsrat, die Gesamtbetriebsräte und sämtliche Einzelbetriebsräte beteiligt, wenn zumindest ernsthafte Zweifel bestehen können, welches der Gremien zuständig ist (hier bejaht). Soweit örtliche Betriebsräte durch Delegationsbeschlüsse die verfahrensmäßige Geltendmachung möglicher Mitbestimmungsrechte dem Gesamtbetriebsrat übertragen haben, ist insoweit nur der jeweilige Gesamtbetriebsrat am Verfahren beteiligt. Auf Arbeitgeberseite sind das herrschende und die beherrschten Unternehmen beteiligt.
2. Für den Abschluss eines Sozialplans kann der Konzernbetriebsrat zuständig sein. Diese Zuständigkeit folgt nicht alleine aus der Zuständigkeit für den Interessenausgleich. Maßgeblich für die Zuständigkeitsabgrenzung sind die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist dabei nach den gleichen Grundsätzen zu bestimmen wie die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
3. Aufgrund der konkreten Verhältnisse in den betroffenen Unternehmen führte die grundlegende Neustrukturierung des Vertriebs im Konzern nicht zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für den Sozialplan. Zuständig sind die Gesamtbetriebsräte. Wegen der unterschiedlichen Vertriebs- und Vergütungsstrukturen in den einzelnen Unternehmen waren die mit den Besonderheiten der Unternehmen besser vertrauten Gesamtbetriebsräte eher in der Lage, für den Sozialplan sachgerechte und passgenaue Lösungen zu finden als der Konzernbetriebsrat. Dies war den einzelnen Betriebsräten aufgrund der übergreifenden Strukturänderung nicht mehr möglich.
Normenkette
BetrVG § 113 Abs. 3; ArbGG § 83 Abs. 3; ZPO § 256; BetrVG § 58 Abs. 1 S. 1, § 50 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; ArbGG § 9 Abs. 5 S. 4
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 BV 267/12) |
Tenor
- Die Beschwerde der Beteiligten zu 1., 8., 9., 10., 13., 15., 18.-28, 30., 32.-35., 37., 39., 42., 44.-48., 50.-53., 55.-57., 59.-67., 69.-72., 75.-78., 80.-84., 86., 88., 91.-97., 99.-107. wird zurückgewiesen.
- Die Beschwerde der Beteiligten zu 14. und 16. wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit für die Verhandlung und den Abschluss eines Sozialplans.
B..
Die Beteiligte zu 2) ist die Konzernobergesellschaft einer deutschlandweit tätigen Versicherungsgruppe mit Sitz in E.. Der Beteiligte zu 1) ist der in diesem Konzern gebildete Konzernbetriebsrat. Die Beteiligten zu 3) bis 7) sind zu dem Konzern gehörige Unternehmen. Die Beteiligten zu 8) bis 12) sind die bei diesen Unternehmen gebildeten Gesamtbetriebsräte, wobei der Beteiligte zu 12) der gemeinsame Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 6) und 7) ist. Die Beteiligten zu 12) bis 128) sind örtliche Betriebsräte. Diese örtlichen Betriebsräte waren teilweise gesellschaftsübergreifend für tarifvertraglich gebildete Repräsentationseinheiten zuständig. Dies traf z.B. auf die Beteiligten zu 13) bis 17) zu. Der Beteiligte zu 14) war dabei der Betriebsrat der F. Hauptverwaltung in E., der insgesamt mehr als 3.000 Mitarbeiter vertrat. Im Hinblick auf die Struktur des Konzerns hieß es in der Konzernbetriebsvereinbarung vom 15.02.2007 zu Nr. 1, dass "sich die Gesellschaften der F. als ein Unternehmen verstehen und verhalten". In der Konzernspitze waren die Ressorts "E1" bis "E10" gebildet. Die Arbeitszeit war im Konzern einheitlich in einer Konzernbetriebsvereinbarung geregelt.
Die Beteiligte zu 2) plante unter dem Titel "Initiative Zukunft Vertrieb" u.a. eine Umstrukturierung des Vertriebs sowie eine Konzentration der Zentralbereichsfunktionen der Beteiligten zu 3) bis 7). Es existierten bei diesen Beteiligten fünf verschiedene Vertriebskanäle mit jeweils unterschiedlichen Führungsstrukturen, Steuerungs- und Vergütungssystemen sowie Verträgen und Verkaufsansätzen. Des Weiteren verfügte die Beteiligte zu 3) bisher über rund vier Vertriebs- und 43 Regionaldirektionen, die Beteiligte zu 4) über vier Vertriebs- und 17 Regionaldirektionen, die Beteiligte zu 5) über vier Vertriebs- und 46 Regionaldirektionen sowie die Beteiligten zu 6) und 7) über fünf Vertriebs- und 72 Regionaldirektionen. Im Rahmen der sogenannten "Initiative Zukunft Vertrieb" war beabsichtigt, diese Betriebs- bzw. Vertriebs- und Regionaldirektionen auf eine einheitliche Vertriebsgesellschaft zu übertragen. Innerhalb dieser Vertriebsgesellschaft sollten dann die Vertriebskanäle der Beteiligten zu 3) und 4) zur sogenannten "F.-Stammorganisation" und der Beteiligten zu 5) bis 7) zur sogenannten "F.-Ausschließlichkeitsorganisation" zusammengefasst werden. Die Zusammenlegung sollte dabei derart erfolgen, dass zum einen die Betriebs- und Regionaldirektionen de...