Entscheidungsstichwort (Thema)
Besetzung der Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Der Prüfungsmaßstab der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle in § 98 ArbGG ist nicht auf die Frage des Mitbestimmungsrechtes beschränkt, sondern bezieht sich auf alle im Zusammenhang mit der Bildung der Einigungsstelle zu prüfenden Fragen.
2. Ist eine Betriebsänderung bereits durchgeführt, so ist eine Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Interessenausgleich offensichtlich unzuständig.
3. Für Verhandlungen über einen Sozialplan ist eine Einigungsstelle, deren Besetzung im Rahmen eines Verfahrens nach § 98 ArbGG durch den Konzernbetriebsrat erstrebt wird, offensichtlich unzustänig, wenn eindeutig eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG nicht gegeben ist.
Normenkette
ArbGG § 98
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 08.10.2002; Aktenzeichen 8 BV 234/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 8.10.2002 – 8 BV 234/02 – abgeändert:
Die Anträge werden abgewiesen.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Verfahrens sind Anträge gemäß § 98 ArbGG.
Zwischen Dezember 2001 und April 2002 sind nahezu alle Organisationseinheiten der S. und der S. von ihren bisherigen im Stadtgebiet M. verstreuten Stadtorten an einen neuen gemeinsamen Standort in der E.-Str. umgezogen. Sämtliche vom Umzug betroffenen Organisationseinheiten der beiden Unternehmen befanden sich in einer Entfernung zwischen 0,8 bis maximal 7,5 km zum neuen Standort. Die so genannten Betriebshöfe der beiden Unternehmen sind an ihren Standorten geblieben.
Im November 2001 verlangte der Gesamtbetriebsrat der S. von der Beteiligten zu 2 in Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleiches und eines Sozialplanes wegen dieses Umzuges einzutreten. Mit Schreiben vom 8.11.2001 hat die Beteiligte zu 2 dem Gesamtbetriebsrat mitgeteilt, dass die Geschäftsführung zu Gesprächen zwar bereit ist, hat aber darauf hingewiesen, dass Nachteile – einschließlich solcher wirtschaftlicher Art – im Sinne der Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes auf Grund des Umzuges nicht ersichtlich seien.
Mit Schreiben vom 9.4.2002 hat die Beteiligte zu 2 an den Gesamtbetriebsrat der S. und den Betriebsrat der S. den Entwurf einer „Betriebsvereinbarung zum Umzug in die S. vorgelegt.
In Ziffer 1 dieses Entwurfes ist unter anderem ausgeführt, dass die Vertragsparteien anerkennen, dass der Umzug für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wesentliche Vorteile bietet und durch die Zusammenlegung die Kommunikation deutlich verbessert wird, dass der nach modernen ökologischen Standards erstellte Gebäudekomplex das Wohlbefinden am Arbeitsplatz unterstützt und die neuen Büroeinrichtungen und die zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel auf optimal ergonomische Bedingungen ausgerichtet sind. In Ziffer 2 ist eine Regelung über das Rauchen enthalten, in Ziffer 3 eine Regelung der Kameraüberwachung und in Ziffer 4 ist ausgeführt, dass die Vertragsparteien übereinstimmen, dass es auf Grund des Umzuges zu keinen wirtschaftlichen Nachteilen der Mitarbeiter gekommen ist bzw. kommt und höhere Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht auftreten.
Dieser Betriebsvereinbarungsentwurf wurde nicht als Betriebsvereinbarung abgeschossen. Der Gesamtbetriebsrat der S. und der Betriebsrat der S. haben aber auch keine Einigungsstelle angerufen.
Am 1.6.2002 bildete der Gesamtbetriebsrat der S. und Betriebsrat der S. einen Konzernbetriebsrat, den Beteiligten zu 1. Dieser versuchte nun mit der Beteiligten zu 2 in Gespräche über einen Interessenausgleich und Sozialplan einzutreten. Die Beteiligte zu 2 blieb jedoch bei ihrer Auffassung, dass aus dem Umzug keine wesentlichen Nachteile entstünden; der Errichtung einer Einigungsstelle zum Abschluss eines Interessenausgleiches und eines Sozialplanes wurde nicht zugestimmt.
Der Beteiligte zu 1 hat daraufhin am 6.8.2002 beim Arbeitsgericht München beantragt:
- Herr V., wird zum Vorsitzenden der Einigungsstelle betreffend die Verhandlungen über die Aufstellung eines Interessenausgleiches sowie etwaige Entscheidung über einen Sozialplan für die Verlagerung der Betriebsstätten in die so genannte Neue S. in der E.-Str., in M. bestimmt.
- Die Anzahl der Beisitzer für jede Seite wird auf fünf festgelegt.
Das Arbeitsgericht München hat durch Beschluss vom 8.10.2002 dem Antrag Ziffer 1 voll stattgegeben und beim Antrag Ziffer 2 die Anzahl der Beisitzer auf nur je drei festgesetzt.
Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 8.10.2002 (Bl. 52 – 61 d. A.) verwiesen.
Die Beteiligte zu 2 hat gegen diesen Beschluss, der ihr am 25.11.2002 zugestellt wurde, am 2.12.2002 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Bezüglich des Vortrages der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beteiligten zu 2 vom 29.11.2002 (Bl. 67-77 d. A.) und des Beteiligten zu 1 vom 11.12.2002...