Entscheidungsstichwort (Thema)
Diffamierende persönliche Beleidigungen eines Betriebsratsmitglieds. Störung der Zusammenarbeit im Betriebsrat durch ehrverletzende Äußerungen. "Große Säuberung" als Grund für Ausschluss aus dem Betriebsrat. Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden nach § 25 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zum Ausschluss zweier Betriebsratsmitglieder wegen diffamierender Beleidigungen anderer Betriebsratsmitglieder
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1 S. 2, §§ 34, 87 Abs. 1; BDSG §§ 24, 46; StGB § 303a; ZPO § 286 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 29.04.2020; Aktenzeichen 15 BV 235/19) |
Tenor
Gründe
I.
Der antragstellende Betriebsrat begehrt im vorliegenden Verfahren den Ausschluss der Beteiligten zu 2. und 3. aus dem Betriebsrat.
Die unter 4. beteiligte Arbeitgeberin ist der zentrale IT-Dienstleister der F. Group. Der Beteiligte zu 1. ist der am Standort A. gebildete Betriebsrat, der aus 15 Mitgliedern besteht. Seine Mitglieder hatten bei der Wahl auf vier Listen kandidiert, wobei die Liste 1 mit dem Listenführer und Gesamtbetriebsratsvorsitzenden I. I. acht Mandate errang. Der Betriebsratsvorsitzende gehört der Liste 2 an. Die Beteiligten zu 2. und 3. waren auf der Liste 4 angetreten.
Der Betriebsrat hat eine Geschäftsordnung verabschiedet, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage AG 3 (Bl. 144 d.A.) Bezug genommen wird. Darin befinden sich u.a. Regelungen über den Betriebsratsvorsitzenden und Stellvertretungen (§ 2) sowie die Aufgaben des Betriebsausschusses (§ 4). Gemäß § 4 Ziff. 5 erarbeitet der Betriebsausschuss einen Vorschlag für die Tagesordnung der nächsten Betriebsratssitzung. In § 7 Ziff. 1 S. 2 ist Folgendes geregelt:
"Die Einladung zu den regelmäßigen Betriebsratssitzungen erfolgt unter Mitteilung der Tagesordnung schriftlich/elektronisch. Der Betriebsratsvorsitzende bzw. dessen Stellvertreter in der gewählten Reihenfolge (s. Anlage A) verschickt spätestens zwei Tage vor der nächsten BR-Sitzung die Einladung. Er oder in seinem Auftrag der Betriebsausschuss stellt die bereits vorhandenen Unterlagen dem einzuladenden Personenkreis zur Verfügung."
Vorsitzender des Betriebsrats war S. N.. Seine Stellvertreterin war N. S.. Zu weiteren Vertretern waren gewählt: G. O., V. G. und T. U..
Betriebsratssitzungen fanden grundsätzlich alle zwei Wochen am Dienstag ab 09:00 Uhr statt. Der Betriebsratsvorsitzende versendete üblicherweise am Freitag vor der Sitzung die Einladung nebst einem Link, mit dem die Empfänger auf die Tagesordnung als elektronischem Dokument zugreifen konnten. Die Dokumente selbst waren über eine für den Betriebsrat auf dem Intranet als Share-Point eingerichteten Seite elektronisch gespeichert. Auf diese Seite hatten nur Betriebsratsmitglieder Zugriff.
In der Vergangenheit gab es wiederholt interne Auseinandersetzungen im Betriebsrat. U.a. gab es folgenden Vorfall: Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende und nunmehrige Gesamtbetriebsratsvorsitzende I. erhielt im Mai 2017 per Hauspost ein Schreiben der Personalabteilung an den Beteiligten zu 2., öffnete dieses und schloss es in seinem Schrank ein. Im März 2019 übergab er das Schreiben an den Beteiligten zu 2. mit der Bemerkung: "Das habe ich beim Aufräumen des Schreibtisches gefunden." Der Beteiligte zu 2. reichte beim Betriebsrat eine Beschwerde gemäß § 85 Abs. 1 BetrVG ein. Die Mehrheit im Betriebsrat stimmte am 30.07.2019 gegen einen Beschlussvorschlag, die Beschwerde als berechtigt anzusehen.
In einer aus dem Gruppenpostfach des Wirtschaftsausschusses gesendeten E-Mail vom 09.05.2019 (Bl. 380 d.A.) bezeichnete das der Liste 4 zugehörige Betriebsratsmitglied T. U., die von dem Betriebsrat in den Wirtschaftsausschuss entsandt worden war, den Betriebsratsvorsitzenden als "Prinz Valium". Sie beschwerte sich darüber, dass dieser glaube, der Betriebsausschuss müsse nicht tagen, wenn keine Betriebsratssitzung stattfinde. Das werde sie in der nächsten Sitzung als Punkt für die "Behinderung der Betriebsratsarbeit" einbringen. Der Sprecher des Wirtschaftsausschusses antwortete mit einer E-Mail vom 10.05.2019 (Bl. 381 d.A.), er könne sich keine weitere Zusammenarbeit mit ihr vorstellen. Am 18.06.2019 wählte der Betriebsrat T. U. aus dem Wirtschaftsausschuss heraus. Der Beteiligte zu 2. hatte zuvor aufgrund des urlaubsbedingten Fehlens der Betroffenen einen Vertagungsantrag gestellt, den der Betriebsrat ablehnte. Der Beteiligte zu 2. verließ daraufhin unter Protest die Sitzung.
Der Beteiligte zu 2. fehlte bei einigen Betriebsratssitzungen oder kam verspätet. Verspätungen waren oftmals auf die Unpünktlichkeit der von ihm genutzten öffentlichen Verkehrsmittel zurückzuführen. Zu einer Sondersitzung am 04.04.2019, in der ...